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So hell wie der Mond

So hell wie der Mond

Titel: So hell wie der Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Versandformular und legte es ihm hin. Nur mit Mühe unterdrückte sie die Frage, was ihm an dem Haus gefallen und was es gekostet hatte. Zum Teufel mit ihrem plötzlichen Bedürfnis nach Konversation.
    »Wenn Sie den Namen und die Adresse Ihrer Mutter eintragen, schicken wir die Spieluhr gleich morgen früh per FedEx ab. Auf diese Weise kommt sie innerhalb von vierundzwanzig Stunden an, und Ihnen bleibt das Gejammer am Telefon erspart.«
    Er hob den Kopf. »Meine Mutter jammert nie.«
    »Bei der Bemerkung hatte ich auch eher an Sie gedacht.« Ihr selbstzufriedenes Grinsen verflog, als sie zwei weitere Kundinnen den Laden betreten sah.
    »Ist das nicht praktisch?« Byron schrieb eilig den Namen und die Adresse seiner Mutter auf. »Wir sind gerade rechtzeitig fertig geworden, damit Sie sich den nächsten Interessenten widmen können.«
    »Hören Sie zu, De Witt. Byron …«
    »Nein, nein, verkriechen Sie sich nicht hinter mir. Ab jetzt sind Sie wieder auf sich selbst gestellt.« Er steckte seinen Stift und seine Quittung ein und riß sich eilig seine Kopie des Formulars für den Lieferservice ab. »Bis die Tage, meine Süße!«
    Lässig schlenderte er zur Tür, und den Satz »Fräulein, könnten Sie uns wohl diese Ohrringe zeigen?« empfand er wie reinste Musik.

6
    Byron mischte sich nicht gern in die Arbeit seiner Abteilungsleiter und -leiterinnen ein, aber er wusste – und sie sollten es auch wissen –, dass bei Templeton der obersten Unternehmensführung kein Problem verborgen blieb. Ein Ferienjob im Doubletree in Atlanta hatte sein Interesse an der Hotelarbeit und an ihren eng miteinander verwobenen inneren Abläufen geweckt. Während der drei Monate als Page hatte er mehr gelernt, als sorgsam mit dem Gepäck der Gäste umzugehen, und zugleich hatte er genug verdient, um sich seinen ersten Oldtimer leisten zu können.
    Er hatte mitgekriegt, dass sich täglich irgendwelche Dramen und Tragödien abspielten, nicht nur hinter den verschlossenen Türen von Zimmern und Suiten, sondern auch hinter dem Empfangstresen, beim Verkauf und Marketing, bei der Reinigung und Instandhaltung, ja überall in dem bienenstockähnlichen Gebilde eines renommierten Hotels.
    Vor lauter Begeisterung arbeitete er auch in anderen Funktionen, am Empfang oder als Nachtwächter. Seine Neugier in bezug auf Menschen, darauf, wer sie waren, was sie erwarteten, wovon sie träumten, hatte im seine Karriere beschert.
    Weder hatte er, wie insgeheim seine Eltern hofften, als Arzt sein Glück versucht, noch mochte er, wie es ihm aufgrund seiner Herkunft möglich gewesen wäre, einfach von seinem Erbe leben. Er hatte einen Beruf, der ihm gefiel, und genoß die Abwechslung, die ihm der Alltag in einem großen Hotel ständig bot.
    Schon immer hatte er gern Probleme aller Art gelöst und dabei die einzelnen Aspekte einer Angelegenheit ebenso wie das Gesamtbild im Auge gehabt. Und er paßte hervorragend ins Templeton-Imperium. Er hatte Jahre in den verschiedensten Hotels verbracht – in opulenten, luxuriösen Etablissements ebenso wie in kleinen, sauberen Gasthöfen, hatte bei Hotelketten gejobbt, in denen alles auf nüchterne Effizienz ausgerichtet war, in alten europäischen Häusern von ruhigem Charme und in den riesigen Kästen von Las Vegas, wo es stets prunkvoll und zugleich übermütig zugegangen war.
    Templeton hatte ihn gereizt, weil es ein Familienunternehmen war, traditionell, ohne deshalb verstaubt zu sein, effizient geführt, doch zugleich liebenswürdig und vor allem in sympathischer Atmosphäre.
    Byron brauchte sich nicht besonders anzustrengen, um die Namen der Menschen zu behalten, die mit und unter ihm arbeiteten. Er interessierte sich wirklich für sie und merkte sich alles, was ihm über sie zu Ohren kam. Als er jetzt lächelnd an der Frau vorüberging, die gerade einen neuen Gast aufnahm, und fröhlich »Guten Morgen, Linda« rief, war ihm nicht bewusst, dass sich ihr Puls beschleunigte und dass ihre Finger auf den Tasten des Computers ins Stocken gerieten, während sie ihm auf seinem Weg zu den Büros verstohlen nachblickte.
    Wie bereits erwähnt, ging es in den Funktionsräumen zu wie in einem Bienenstock. Telefone klingelten, Faxgeräte klickten, Kopierer summten, Keyboards klackerten. Er ging an Stapeln von Kisten und überfüllten Schreibtischen vorbei, tauschte mit den Angestellten ein paar freundliche Worte und sorgte unbewusst dafür, dass die Männer die Schultern strafften und dass sich die Damen wünschten, sie hätten

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