So hell wie der Mond
Strand in die Sonne legen und dir einen Sportwagen zulegen oder würdest du es in Immobilien und festverzinslichen Wertpapieren anlegen?«
»Richtig investiert vermehrt sich Geld von ganz allein.«
Ann schob einen schlanken Rosenstiel in die Vase und rückte ihn sorgsam zurecht. »Und wozu? Damit man es ordentlich in irgendeiner Schatzkammer übereinander stapeln kann? Ist Geldverdienen das Mittel zum Zweck oder bereits der Zweck allein? Nicht, dass du mich in all den Jahren bezüglich meiner Finanzen nicht fabelhaft beraten hättest, mein Schatz – aber ich denke, dass man auch Träume haben muss. Und hin und wieder sollten diese Träume schon etwas verwegen sein.«
»Ich habe Pläne.«
»Nein, ich meine nicht Pläne, sondern Träume.« Seltsam, dachte Ann. Mit dem Träumen hatte keins der Mädchen Glück gehabt. Ihre eigene Tochter verstieg sich immer in allzu kühne Vorstellungen. Miss Laura hatte sich eher bescheidene Wünsche gestattet, aufgrund derer ihr das Herz gebrochen worden war. Und die kleine Miss Kate hatte ganz einfach nie genug geträumt. »Worauf wartest du, mein Schatz? Willst du erst so alt werden wie ich, ehe du endlich mal ans Vergnügen denkst?«
»Du bist nicht alt, Annie«, verwies Kate sie milde. »Und du wirst auch niemals alt.«
»Sag das mal den Falten, von denen es in meinem Gesicht täglich mehr zu sehen gibt.« Trotzdem lächelte sie. »Worauf wartest du, Katie?«
»Ich weiß es nicht. Zumindest nicht genau.« Ihr Blick wanderte zu der glitzernden Kristallvase und der üppigen, sonnengelben Blütenpracht. Sie konnte an einer Hand abzählen, wie oft sie bisher von einem Mann Rosen bekommen hatte. »Bisher habe ich nie richtig darüber nachgedacht.«
»Dann wird es höchste Zeit, dass du es endlich einmal tust. Stell dir eine Liste der Dinge auf, die dich glücklich machen, Kate. Schließlich hast du zum Erstellen von Listen, weiß Gott, Talent«, sagte Ann, ehe sie entschieden auf den Kleiderschrank zumarschierte und nach dem Morgenmantel griff, der für Kate immer hier hing. »Und jetzt kannst du dich ein wenig auf der Terrasse in die Sonne setzen, wenn du willst. Am besten machst du es dir so richtig schön bequem und träumst ein bisschen vor dich hin.«
9
Eine Woche des Verhätschelt-Werdens war die beste Medizin. Obgleich Kate befürchtete, dass sie allmählich eine Überdosis liebevoller Zuwendung bekam, ließen die anderen einfach nicht zu, dass sie zurück in ihre Wohnung oder in den Laden fuhr.
Also sagte sie sich, dass sie, selbst wenn es sie umbringen würde, vernünftigerweise ein neues Kapitel ihres Lebens aufschlüge, und bemühte sich aus ganzer Kraft, sich treiben zu lassen und alles zu nehmen, wie es kam.
Wobei sie sich fragte, ob wohl irgend jemandem auf der Welt auf Dauer eine solche Faulenzerei möglich war.
Sie hielt sich vor Augen, dass es ein wunderbarer Abend war. Dass sie im Garten saß, ein Kind in ihren Schloss geschmiegt, ein zweites zu ihren Füßen, und dass sich ihr Magengeschwür – wenn es denn überhaupt eins war – seit Tagen kaum noch meldete.
Obendrein hatte sie hier, in ihrem Heim aus Kindertagen, einen Frieden gefunden, der ihr seit Jahren fremd war.
»Ich wünschte, du könntest immer hier bei uns wohnen, Tante Kate.« Kayla hob ihr Engelsgesicht und sah sie aus sanften, grauen Augen an. »Wir würden dafür sorgen, dass du niemals krank wirst und dir nie zu viele Gedanken machen musst.«
»Tante Margo sagt, du wärst eine professionelle Krümelpickerin.« Ali kicherte über den Ausdruck, ehe sie weiter pinkfarbenen Nagellack auf Kates Zehennägel strich. »Kannst du mir sagen, was das ist?«
»Tante Margo.« War es nicht bereits schlimm genug, fragte sich Kate, dass sie mit grell rosafarbenen Zehennägeln herumzulaufen gezwungen würde? Musste man sie obendrein auch noch beleidigen? »Ihr Glück, dass ich Krümel genauso gern wie ganze Stücke Kuchen mag.«
»Wenn du nicht wieder in dein Apartment ziehen würdest, könnten wir jeden Tag mit dir spielen.« Kayla war der Ansicht, dass dieses Versprechen ihre Tante sicherlich bestach. »Und du und Mama, ihr könntet wieder Teeparties veranstalten, wie ihr sie hattet, als ihr noch kleine Mädchen wart.«
»Wir könnten all zusammen Teeparties veranstalten, wenn ich zu Besuch komme«, antwortete Kate. »Auf diese Weise bleiben sie etwas Besonderes.«
»Aber wenn du hier leben würdest, bräuchtest du keine Miete zu bezahlen.« Ali drehte die Nagellackflasche sorgfältig zu und
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