So hell wie der Mond
mich gebracht, euch in diese Geschichte mit hineinzuziehen. Aus Scham habe ich es verheimlicht, und ich hatte Angst, ihr könntet vielleicht denken – wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde –, ich hätte es getan. Denn schließlich hat er es ebenfalls getan. Das ging über meine Kräfte.«
»Ich kann nicht schon wieder verstimmt sein, auch wenn du dich wirklich wie eine Närrin benommen hast. Du hast eine schlimme Zeit durchgemacht.« Susan nahm sie erneut in den Arm.
»Es wird herauskommen«, murmelte Kate. »Ich weiß, es wird herauskommen, und die Leute werden darüber reden. Ein paar von ihnen werden überzeugt sein, ich hätte das Geld genommen, genau wie mein Vater. Ich dachte, das hielte ich nicht aus. Aber jetzt ertrage ich es.« Sie lehnte sich zurück und trocknete sich die tränennassen Augen. »Ich kann es aushalten, aber es tut mir leid. Es tut mir so furchtbar leid, dass ihr in die Sache mit verwickelt werdet.«
»Ich habe meine Kinder dazu erzogen, auf eigenen Beinen zu stehen und trotzdem zu wissen, dass die Familie immer zusammenhält. Zweifellos hast du den zweiten Teil dieses Satzes für kurze Zeit vergessen.«
»Vielleicht. Tante Susie …« Sie musste es zu Ende bringen, musste alles sagen, was sie bedrückte. »Ihr habt mir nie das Gefühl gegeben, eine Außenseiterin zu sein, seit dem Augenblick, in dem ihr mich bei euch aufnahmt, niemals. Nie habt ihr auch nur angedeutet, ihr hättet mich aus Verantwortungsoder Pflichtbewusstsein zu euch geholt. Aber ich habe Schuldgefühle, eine Verpflichtung euch gegenüber gespürt, und deshalb wollte ich immer in allen Dingen die Beste sein. Ich wollte nicht, dass ihr euch jemals fragt, ob es richtig war, mich aufzunehmen und zu lieben wie ein eigenes Kind.«
Mit wehem Herzen kreuzte Susan die Arme vor der Brust. »Meinst du, wir messen unsere Liebe zu einem Menschen an den Leistungen, die er erbringt?«
»Nein. Aber ich habe es getan – und tue es vielleicht immer noch. Es ist mein Fehler, Tante Susie, nicht deiner. Am Anfang bin ich jeden Abend mit dem Gedanken ins Bett gegangen, ob ihr es euch vielleicht über Nacht noch einmal anders überlegt und mich wieder fortschickt aus eurem Haus.«
»Oh, Kate!«
»Aber dann wusste ich, das tätet ihr niemals. Niemals«, wiederholte sie. »Ihr habt mich zu einem Teil eurer Familie gemacht. Und es tut mir leid, wenn es dich kränkt oder verletzt; aber dafür schulde ich euch was! Ich schulde dir und Onkel Tommy etwas dafür, dass ihr so liebenswerte Menschen seid. Ohne euch wäre ich verloren gewesen.«
»Hast du je bedacht, dass du eine Bereicherung für unser aller Leben gewesen bist?«
»Lange habe ich mir den Kopf zerbrochen, was ich tun könnte, damit ihr stolz auf mich seid. Ich konnte weder so schön wie Margo noch so liebenswürdig wie Laura sein – aber dafür war ich schlau. Ich konnte hart arbeiten, Dinge planen, vernünftig und erfolgreich sein. Das wollte ich für mich ebenso wie für euch. Und … es gibt da noch etwas, das du wissen solltest.«
Susan stellte die Herdplatte unter dem pfeifenden Kessel ab, ohne dass sie das Wasser in die bereitgestellte Teekanne schüttete. »Was, Kate?«
»Ich war so glücklich in Templeton House, und ich dachte oft, dass ich nicht dort bei euch und all den anderen leben würde – wenn an jenem Abend die Straße nicht glatt gewesen wäre, wir nicht losgefahren wären und der Wagen nicht ins Schleudern geraten und gegen einen Baum gekracht wäre …«
Sie hob den Kopf und sah die Tante an. »Ja, und ich wollte dort bei euch sein, und nach einiger Zeit habe ich euch so geliebt, wie ich meine Eltern in meiner Erinnerung nie geliebt hatte. Aber meine Freude, dass ich nicht mehr bei ihnen lebte, sondern bei euch, kam mir einfach schrecklich vor.«
»Und diesen quälenden Gedanken hast du alle die Jahre lang gehegt.« Susan schüttelte den Kopf. Sie fragte sich, ob es zwischen Eltern und Kindern je so etwas wie echtes Verständnis gab. »Du warst ein Kind, gerade mal acht Jahre alt. Du hattest monatelang Alpträume und hast mehr getrauert, als gut für dich gewesen ist. Weshalb solltest du dein Leben lang für etwas bezahlen, das nicht deine Schuld war? Kate.« Zärtlich strich Susan ihr über den Kopf. »Warum hättest du nicht glücklich sein sollen? Wem wäre damit gedient gewesen, wenn du dich für alle Zeit hinter deinem Schmerz, deiner Trauer und deinem Elend verschanzt hättest?«
»Niemandem.«
»Und trotzdem hast du all die Jahre
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