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So kam der Mensch auf den Hund

Titel: So kam der Mensch auf den Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Lorenz
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zu erklären, daß sie den allgemeinen
     Respekt, den sie diesem Irrtum verdankte, ihrer eigenen Furchtbarkeit zuschrieb und sich demgemäß überschätzte. Es erlaubt
     interessante Rückschlüsse auf den geringen Farbsinn des Haushundes, daß die Verwechslung zustande kam, obwohl Wolf rotgelb,
     Susi aber bläulich zimmetfarben ist. Der |43| junge Rüde also flieht, wird jedoch von Susi rasch eingeholt und gestellt. Als er mit gesenkten Ohren und breit auseinandergezogener
     Stirne ergeben vor ihr steht, beginnt die knapp acht Monate alte Hündin freundlich herablassend zu wedeln. Sie versucht, ihn
     hinten zu beriechen, er jedoch nimmt schüchtern den Schwanz zwischen die Beine und wendet sich schnell um, dergestalt, daß
     er ihr nicht nur die Flanke, sondern Kopf und Brust zukehrt. Erst jetzt scheint er zu merken, daß er es nicht mit dem gefürchteten
     rauhen Mann, sondern mit einem netten jungen Mädchen zu tun hat. Er richtet den Nacken steil auf, hebt den Schwanz und rückt
     mit einem tanzenden Trippeln der Vorderpfoten ein wenig gegen sie vor. Trotz der angedeuteten Imponierhaltung zeigt die Mimik
     von Gesicht und Ohren immer noch die Gebärde sozialer Ergebenheit. Die schwindet aber allmählich und macht einem Ausdruck
     Platz, den ich als das
Höflichkeitsgesicht
bezeichnen möchte. Dieses unterscheidet sich von dem der Ergebenheit nur in einer geringen Abänderung in der Stellung der
     Ohren und der Mundwinkel: Jene liegen immer noch flach nach hinten, sind aber nun manchmal so weit zusammengezogen, daß die
     Spitzen einander berühren; diese werden wie beim Ergebenheitsgesicht ebenfalls weit nach hinten gezogen, aber nicht mehr weinerlich
     nach unten, sondern deutlich nach oben gerückt, wodurch für den menschlichen Betrachter ein dem Lächeln ähnlicher Ausdruck
     zustande kommt. Entwickelt sich aus dieser Ausdrucksbewegung, wie es bei ihrer stärkeren Ausprägung regelmäßig der Fall ist,
     ein Antrag zum
Spielen,
so wird das Maul leicht geöffnet, man sieht die Zunge, und die stark aufwärts gebogenen Winkel der fast bis zu den Ohren auseinandergezogenen
     Mundspalte nehmen sich noch deutlicher wie ein Lachen aus. Am häufigsten sieht man dieses »Lachen« bei Hunden, die mit einem
     geliebten Herrn spielen und dabei so in Eifer und Hitze geraten, daß sie hecheln müssen. Vielleicht ist die beschriebene Mimik
     des Hundes überhaupt als eine Vorwegnahme des Hechelns aufzufassen, die bei Aufkommen von Spielstimmung eintritt. Für diese
     Vermutung spricht auch die |44| Tatsache, daß das »Lachen« vornehmlich bei leicht erotisch gefärbten Spielen zu beobachten ist, bei denen die Hunde erfahrungsgemäß
     schon nach geringer Körperbewegung so in Hitze geraten, daß sie stark hecheln.
    Der meiner kleinen Susi gegenüberstehende Rüde lächelt immer stärker, immer stärker auch trippelt er mit den Vorderpfoten,
     plötzlich prellt er kurz gegen die Hündin, stößt sie mit den Vorderpfoten gegen die Brust, wirft sich herum und prescht in
     höchst eigenartiger Haltung davon: Der Rücken ist noch immer ergeben zusammengekrümmt und in den hinteren Partien nach unten
     gezogen, der Schwanz zwischen die Beine geklemmt. Aber in dieser ängstlichen Stellung vollführt der Rüde Quersprünge des freundlichen
     Spieles, und der Schwanz wedelt, soweit er dazu zwischen den Beinen Platz hat. Die Flucht endet auch schon nach wenigen Metern,
     der junge Mann wirft sich nochmals herum und steht nun mit breit lachendem Gesicht vor der Hündin, auch seinen Schwanz hat
     er so viel gehoben, um durch die Fersen nicht mehr am weitausholenden Wedeln behindert zu sein. Dieses beschränkt sich nun
     nicht auf den Schwanz allein, sondern reißt den halben Rücken des Hundes hin und her. Wieder prellt der Rüde gegen die Hündin
     vor. Und diesmal haben seine Spielanträge bereits unzweifelhaft ein wenig den Charakter eines erotischen Antrages, der allerdings
     im Augenblick, da die Hündin ja nicht läufig ist, im Symbolischen beschränkt bleibt.
     
    Auf Schloß Altenberg, wo ein riesiger nachtschwarzer Neufundländer namens Lord die Stelle des Haushundes innehatte, bekam
     die Tochter zu ihrem Geburtstag einen reizenden, kaum zwei Monate alten Stallpinsch. Ich war nun Zeuge der ersten Begegnung
     beider Tiere. Obwohl Quick, der Stallpinsch, ein außerordentlich freches und vorwitziges Kind war, erschrak er tödlich, als
     er den Berg aus schwarzem Pelz auf sich zukommen sah. Wie alle Hundekinder in solchen

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