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So kam der Mensch auf den Hund

Titel: So kam der Mensch auf den Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Lorenz
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sehr tierverständigen und unbedingt glaubwürdigen Freundin meiner Familie gehörte. Die jagdfreudige Hündin
     reagierte eindeutig verschieden auf die Worte: Katzi, Spatzi, Nazi und Eichkatzi. Die Besitzerin hatte also, ohne von den
     Experimenten Sarris’ zu wissen, eine weitgehend analoge Versuchsordnung getroffen. Auf »Katzi« sträubte Affi die Rückenmähne
     und suchte
auf dem Boden
in einer spezifischen Erregung, die eindeutig der Erwartung eines
wehrhaften
Wildes entsprach. Spatzen jagte sie nur in ihrer Jugend, in späterem Alter, als sie die Unerreichbarkeit dieser Tiere begriffen
     hatte, sah sie nur gelangweilt nach ihnen hin, suchte aber offensichtlich den Spatzen, sofern einer vorhanden war, mit ihren
     Blicken, bis sie ihn gefunden hatte. Das Wort »Nazi« hatte damals noch keine politische Bedeutung, vielmehr hieß so traditionell
     der jeweilige Igel jener Dame, dem Affi stets feindlich gegenüberstand, den sie aber persönlich nicht kannte. Auf »Nazi« lief
     sie sofort zu einem Laubhaufen im Garten, in welchem ein freilebender Igel wohnte, und begann dort zu stöbern und in |113| jener spezifischen, wütenden Weise zu kläffen, in welcher alle Hunde das gehaßte und schmerzende Stacheltier verbellen. Dieses
     unverwechselbare, hohe Kläffen setzte regelmäßig auch dann ein, wenn gar kein Igel vorhanden war! Auf den Ruf »Eichkatzi«
     blickte Affi aufgeregt nach
oben
und lief, wenn sie keines erspähte, von Baum zu Baum. (Wie viele Hunde, die eine schlechte Nase haben, war Affi vornehmlich
     optisch orientiert und sah besser und weiter als die meisten anderen Hunde.) Sie verstand auch die Richtungsgeste der menschlichen
     Hand, was bei einem Hunde selten der Fall ist. Affi kannte die Namen von mindestens neun Personen und konnte verläßlich durch
     die Nennung eines Namens zu dem Betreffenden geschickt werden; sie hat sich nie geirrt.
     
    Wenn diese Versuche den Laboratoriums-Tierpsychologen geradezu unglaubhaft dünken, so ist dagegen anzuführen, daß das Versuchstier
     im Zimmer nicht so viele qualitativ voneinander unterscheidbare Erlebnisse hat wie der seinen Herrn frei begleitende Hund.
     Die künstliche Assoziation einer bestimmten, dem Tiere im Grunde höchst gleichgültigen Dressurleistung mit einem bestimmten
     Worte fällt dem Tiere selbstverständlich schwerer als diejenige eines primär aufregenden und bedeutungsgeladenen Jagdwildes
     von so verschiedener Qualität wie Katze, Vogel, Igel und Eichhorn. Gerade beim Hund wird im Laboratorium die Möglichkeit zu
     höchsten Leistungen des Wortverständnisses kaum in Bruchteilen ausgeschöpft, weil einfach die nötigen Interessen, die »Valenzen«
     im Sinne der Tierpsychologie, nicht in genügender Zahl vorhanden sind.
    Jeder Hundebesitzer kennt folgenden Vorgang, dessen Komplikation unter Laboratoriumsbedingungen nicht nachzuahmen ist. Der
     Herr sagt ohne Betonung, ohne den Namen des Tieres zu nennen, ja er vermeidet dabei sogar das Wort »Hund«: »Ich weiß nicht,
     soll ich ihn mitnehmen?« Schon ist der Hund aufgeregt, da er weiß, daß jetzt ein größerer und vielleicht unterhaltender Gang
     bevorsteht. Hätte der Herr etwa gesagt: »Jetzt muß ich ihn hinunterführen«, |114| wäre das Tier gelangweilt und ohne Freudenbezeugung aufgestanden. Sagt der Herr nun: »Ach was, ich nehm’ ihn doch nicht mit«,
     sinken die erwartungsvoll gespitzten Ohren traurig hinab, aber die Augen bleiben immer noch flehend auf den Herrn gerichtet.
     Sagt dieser endgültig und entschlossen: »Ich lasse ihn zu Hause«, wendet sich der Hund beleidigt ab und geht auf seinen Platz.
     Man mache sich bewußt, welche komplizierte Versuchsanordnung und welche mühsamen Vordressuren nötig sind, um ein analoges
     Verhalten künstlich zu reproduzieren, so einfach und alltäglich es im natürlichen Zusammenleben von Herrn und Hund auch sein
     mag.
    Ich war leider nie mit einem der großen Menschenaffen wirklich eng befreundet; meines Wissens ist auch noch nie ein berufsmäßiger
     Erforscher dieser Tiergruppe mit einem Individuum in ein so enges persönliches und freundschaftliches Verhältnis getreten,
     wie es zwischen Herrn und Hund alltäglich ist. Grundsätzlich wäre dies vielleicht nicht unmöglich, wenigstens während der
     ersten Lebensjahre des Tieres, das ja leider, geschlechtsreif geworden, zu gefährlich wird, als daß man es frei halten könnte.
     Gerade ein solcher engster Kontakt, vornehmlich zwischen einem kritischen, wissenschaftlich

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