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So muss die Welt enden

So muss die Welt enden

Titel: So muss die Welt enden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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zusammengeschmolzen. Overwhites Bart sah aus, als hätte er die Räude. Sparrens breites Lächeln war geschrumpft. Sie alle müßten sich mal an Missis Covington wenden, sinnierte George. Sie sollten sich über ihre Zukunft informieren.
    Am anderen Ende der Festtafel unterhielt Kapitän Sverre sich mit einem Zivilisten, einem mickrigen, ordinären Kerl, dem es gelang, gleichzeitig einen jugendlichen und großkotzigen Eindruck zu erwecken. Zwischen ihren einzelnen Äußerungen spachtelten sie gefräßig wie Scheunendrescher, als fände hier ein Wettessen der Prasser statt, Sverre bevorzugte Schinken, der junge Mann schlemmte Roastbeef. Vor Sverre stand als treuer Freund die Gin-Flasche. Der junge Mann hatte auf dem dunklen Anzug schon etliche Soßenspritzer.
    »Ich persönlich bin der Ansicht, daß diese fixe Idee vom Untergang der Menschheit eine wüste Übertreibung ist«, sagte Henker. »Psychotherapeuten haben eine Marotte fürs Melodramatische.«
    Wengernook nickte. »Die Erde ist viel widerstandsfähiger, als es uns diese Ausblicke durchs Periskop vortäuschen.«
    Das Bedienungspersonal hatte allen guten Willen, aber offensichtlich keine Hotelfachschule besucht, es schwang und knallte die Speisen auf die Tafel, als schaufelte es Kohle in den Kessel eines Dampfers. Man überschüttete die Gäste nachgerade mit Fontänen aufgeschäumten Champagners. George trank genug, um in der Luft Musik und im Kopf ein angenehmes Ohrensausen zu hören.
    Er mußte es sich eingestehen: Morning hatte den Gedanken an Aubrey Paxton nicht unbedingt mit Begeisterung aufgenommen. Du mußt beachten, sagte sich George, für eine Frau ist es ein großer Schritt, sich auf ein Kind und die Wiederbegründung der Menschheit einzustellen. Sie muß sich erst damit vertraut machen.
    »Auf diesem U-Boot werden keine allzu guten Filme vorgeführt«, beklagte sich Pastor Sparren. »Krieg und Frieden ist doch wirklich langweiliger Schrott.«
    »Was soll man denn zeigen, Ihre alten Fernsehsendungen?« höhnte Overwhite.
    »Haben Sie schon einmal König der Könige gesehen?« fragte Sparren. »Es ist einfach wundervoll, wie Orson Welles das ›T‹ in ›Apostel‹ ausspricht.« Warm klammerte seine Hand sich an Georges Schulter. »Ich bete noch für Sie.«
    »Nett von Ihnen«, sagte George.
    Sobald man das Dessert servierte – die Evakuierten hatten die Wahl zwischen deutschem Marmorkuchen und Zitronenbaiser –, zog Sverre ein Fleischmesser aus einem Schinken und schlug es gegen sein Wasserglas. Alle Blicke fielen auf ihn. Eilig verließen die Bedienungen das Kasino.
    »Sicher geht’s um die Antarktis«, flüsterte Randstable. »Bestimmt erzählt er uns was über die Antarktis.«
    »Das heutige Festbankett ist nicht ohne Anlaß veranstaltet worden«, leitete der Kapitän seine Tischrede ein. »Dr. Valcourt hat mir zur Kenntnis gegeben, daß sechs geistig und körperlich gesunde Überlebende von Bord gehen, wenn wir bei der Station McMurdo anlegen. Wir sind hier zusammengekommen, um Ihre Genesung zu feiern. Sie haben der Ausrottung in die Fratze geblickt und doch überlebt. Operation Erebus wird Erfolg haben.«
    Er legte das Fleischmesser auf eine Leinenserviette, goß Gin in einen goldenen Kelch, trank einen Zug.
    »Ausrottung. Ein häßliches Wort, das uns abstößt und anödet. Aber was bedeutet es überhaupt? Wenn man eine Rasse ausrottet, liebe Gäste, ermordet man nicht nur ihre gegenwärtigen Mitglieder, sondern tötet auch die Generation, die in ihrem Erbgut schlummert, und folglich auch die Generation, die aus dem Erbgut dieser hypothetischen Nachfahren hervorgegangen wäre, und genauso die nächste und übernächste Generation. Ausrottung ist ein Verbrechen ohne Ende, man schlachtet lautlos alles Leben ab, das hätte werden können. Der einzige Weg ins menschliche Dasein ist der menschliche Geburtskanal, meine Herren. Es gibt keinen anderen Einlaß.«
    »Was ist der Mann eigentlich«, tuschelte Wengernook, »etwa einer von den intellektuellen Militärakademie-Klugscheißern?«
    »Der Lawrence von Arabien der Marine«, raunte Henker.
    Sverre streifte seinen Frack ab, warf ihn auf den Fußboden und krempelte den Hemdsärmel hoch.
    »Von einem bestimmten Zeitpunkt des umfangreichen atomaren Wettrüstens an ist allgemein bekannt geworden, daß bei einem Atomkrieg die Gefahr einer Ausrottung der Menschheit bestand. Diese Nachricht hat das Universum erbeben lassen. Ihre Spezies hat sehr wohl gezählt, meine Herren, viel mehr, als Ihnen bewußt

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