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So nah am Leben

So nah am Leben

Titel: So nah am Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inaqiawa
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Vorstellungen der Realität des Universums unterordnen.
    Hier bricht Samantha ihre Gedankenkette ab und macht sich wieder auf den Weg. Die lange Pause hat ihr gutgetan, und sie kann die weitere Strecke mit relativ leichtem Schritt wieder aufnehmen. Die nächsten Kilometer verbringt sie damit, die Natur um sich herum in sich aufzunehmen und sich gedankenleer zu machen. Sie möchte nicht denken, sie möchte nur sein. Ein berauschendes Gefühl.

    Inzwischen ist es Mittag, und die Sonne hat ihren höchsten Stand erreicht. Sie kommt in Estrella an und sieht am Ortseingang einen Campingbus mit der Aufschrift: MASSAGE. Die richtige Zeit für eine Siesta, denkt sie, schließlich ist sie in Spanien. Sie meldet sich für eine Ganzkörpermassage an.
    Eine kleine Gruppe von jungen Menschen aus verschiedenen Nationen massiert hier in dem kleinen Park auf dem Rasen. Sie hält das für eine wunderbare Idee und macht es sich auf dem weichen Tuch, das hierfür vorbereitet wurde, bequem. Sie liegt entspannt auf dem Bauch, und für eine Stunde erreicht sie die Außenwelt nicht mehr.
    Konzentriert auf ihren Körper und ihre Empfindungen liegt Saman-tha da und genießt die Behandlung. Der junge Mann aus Amerika, der sie massiert, zeigt ein gutes Verständnis für ihre augenblickliche Verfassung und findet sich ohne Fragen zurecht. Es fällt ihr leicht, sich seinen Händen hinzugeben. Seine energetische Kraft hüllt sie ein und trägt sie fort.

    Als sie wieder in die Wirklichkeit eintaucht, wird ihr bewußt, wie groß das Spektrum ihrer heutigen Gefühlswelt ist. Angefangen mit dem Genervtsein über die Belästigung durch fremde Menschen und deren Geräusche am sehr frühen Morgen, über altbekanntes Selbstmitleid, dann ein Sichverlieren in der Natur und die Freude an sich, bis hin zu einem Verständnis von Demut, und jetzt diese Hingabe in die Fähigkeit zweier Hände.
    Wie reich ihr Leben doch ist! Mit diesem Bewußtsein macht Samantha sich auf und wandert die letzten Kilometer dieser Etappe.

    Gegen Abend erreicht sie Villamayor de Monjardín. Das winzige Dorf liegt auf der Bergkuppe. Mit einem einzigen Blick kann sie die wenigen Häuser überschauen und ihr wird sehr schnell klar, daß es hier nur zwei Herbergen gibt — kein Hostal! Sie kann zwischen einer holländischen und einer deutschen Herberge wählen. Was für eine Auswahl!
    Um jetzt noch einmal loszugehen und sich einen anderen Ort auszuwählen, ist es zum einen viel zu spät, zum anderen sind ihre Füße nahezu dreißig Kilometer gelaufen — die wollen keinen Kilometer mehr weiterlaufen.

    Samantha steckt ihren Kopf in die Tür der deutschen Herberge. Ihre Augen treffen auf einen großen wackligen Küchentisch in der Mitte des Eingangsraumes mit ein paar Stühlen ringsherum. An einem kleinen Schreibtisch in der Ecke sitzt ein Mann in den besten Jahren, braungebrannt und offensichtlich in bester Stimmung. Er stellt sich mit Bodo vor und winkt sie mit einer Kopfbewegung zu sich herüber. Er sieht ihr die Verwirrung an, und sie erklärt ihm, daß sie eigentlich nicht auf eine Herberge eingerichtet sei. Ihr fehle alles Notwendige. Während er ihr sehr freundlich versichert, daß es in diesem winzigen Dorf gar nichts anderes gibt und welche Gründe ihn dazu veranlaßt haben, hier für vier Wochen den Herbergsvater zu spielen, wandert ihr Blick durch den Raum.

    Es sieht alles sehr provisorisch aus. Es gibt eine Art Küche, wenn man durch diese Bezeichnung nicht alle anderen Küchen beleidigt. Ein paar Teller stehen in einem nicht sehr vertrauenerweckenden Regal, und einige Becher stehen über Kopf auf einer Nirosta-Spüle, die ganz offensichtlich ihre beste Zeit bereits hinter sich hat.

    Ihre Augen tasten sich weiter, während sie Bodo sagen hört, daß dieses Gebäude von einem Bauern der Gegend gestiftet worden sei. Es wurde umgebaut und zur Herberge ausgestattet. Strom und Wasser würde der Bauer sogar noch übernehmen. Während dieser Worte ist ihr Blick zu einer Art Verschlag im angrenzenden Raum weitergewandert. Die eingezogenen Wände haben ungefähr zwei Meter Höhe, aber keine Decke. Noch während ihre Augen an diesen Verschlägen hängen, beobachtet Bodo sie und kommentiert ihre Entdeckung damit, daß dies die Toiletten und Duschen seien.
    Er verspricht ihr einen Schlafsack, und noch ehe sie sich entscheiden kann, hat sie sich in das Herbergsbuch eingetragen, den versprochenen Schlafsack unterm Arm (den jemand zurückgelassen hat, weil er ausgedient hat), und ist auf

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