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So nah bei dir und doch so fern

So nah bei dir und doch so fern

Titel: So nah bei dir und doch so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Allatt
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teurer Uhren zu ergötzen. Die Schwiegereltern hatten sich generös gezeigt, und das Budget von 500 Pfund erlaubte eine große Auswahl. Eine Ice-Watch mit großem weißem Zifferblatt stach mir ins Auge, und sie gefiel allen. Als Alison auf das Preisschild von 60 Pfund schaute, meldete ich mich über meine Kommunikationstafel: NEIN . KANN MEHR AUSGEBEN . Also ging unsere Suche weiter, bis ich eine Gucci-Uhr zum Preis von 650 Pfund fand, die ich wirklich mochte.
    »Die ist zu teuer«, mahnte meine Mutter, doch Alison sah den hungrigen Ausdruck in meinem Blick und meinte, Mark würde sich vielleicht glücklich schätzen, den Restbetrag beisteuern zu dürfen, wenn er darum gebeten werde.
    Während sie das Geschäft verließ, um ihn anzurufen, warteten wir am Ladentisch. Ich konnte mir Marks Reaktion am anderen Ende der Leitung ausmalen. Wenn ich einkaufen gegangen war, hatte ihn immer die schiere Verzweiflung gepackt. Er meinte, ich dürfe 50 Pfund für ein neues Kleid ausgeben, prompt kam ich mit einem für 100 Pfund zurück. War er der Ansicht, wir könnten mal wieder ein neues Paar Schuhe brauchen, erschien ich mit zweien. Ich schmunzelte gerade in mich hinein, als sich meine Stimmung plötzlich dramatisch änderte.
    Eine Frau, die ich aus dem Fitnessstudio kannte, betrat das Geschäft und sagte, ohne zu überlegen: »Mein Gott, was hast du denn gemacht?«
    Bis zu diesem Zeitpunkt war ich immer von nahen Verwandten umgeben gewesen, die mich vor der Tatsache abschirmten, wie furchtbar ich aussah, diese Frau aber sagte genau das, was jeder von ihnen irgendwann einmal gedacht hatte. Ihre Frage versetzte mir einen Stich, tödlich jedoch war der Ausdruck in ihrem Gesicht, eine Mischung aus Entsetzen und Mitleid.
    Ihre Reaktion war nicht schlimmer als meine eigene, als ich im Krankenhaus zum ersten Mal mein Spiegelbild in der Glastür gesehen hatte. Doch sie kam von einer Person, die mich nur als die Frau kannte, die stundenlang das Laufband malträtiert hatte, und machte damit nur umso deutlicher, wie lahmgelegt ich war.
    Unfähig, die Tränen zurückzuhalten, begann ich hemmungslos zu weinen. Die Frau merkte, wie unsensibel sie sich ausgedrückt hatte, und versuchte sich zu entschuldigen, es habe ihr einen Schock versetzt, mich so verändert zu sehen. Wir müssen ein schönes Bild abgegeben haben, sie stammelnd und zitternd, ich heulend wie ein Nebelhorn, und Anita, die sich bemühte, alle zu beruhigen.
    In diesem Moment kam Alison zurück in den Laden, warf einen kurzen Blick auf mich und meine Tränen und setzte ihren Fluchtplan in die Tat um. Mit einer Bewegung, die Lewis Hamilton alle Ehre gemacht hätte, schnappte sie sich den Rollstuhl und zischte mit mir aus dem Geschäft. Ich schwöre, der Gestank von brennendem Gummi war zu riechen, als die Reifen des Rollstuhls herumgerissen wurden.
    Draußen schaute sie mich an und sagte mit einem bösen Funkeln in den Augen: »Was flennst du denn hier herum wie ein Schlosshund? Ich habe das nötige Geld.« Mit ihren Überredungskünsten hatte sie Mark die fehlende Summe aus den Rippen geleiert, und ihr überschäumendes Temperament befreite mich von meinem Selbstmitleid. Anitas Aufgabe war es, die Fitnessstudio-Frau zu trösten, während Alison mit mir in den Juwelierladen zurückfuhr. Dort kaufte ich die Uhr, auf die ich so versessen war.
    Ich war einem neuen Hindernis begegnet und hatte mich damit herumgeschlagen. Ich hege keinen Zweifel daran, dass sich die arme Frau genauso abscheulich gefühlt hat wie ich, doch mir gab es die Kraft, anderen Bekannten ins Gesicht zu schauen, obwohl ich mich nie daran gewöhnen konnte, in meine »Invalidenkarre« gesteckt zu werden, und so schwor ich mir, dass ich, sobald ich wieder stehen konnte, auch gehen würde.

KAPITEL 26

Vierzig und kein bisschen munter
    K eine Frau gibt gerne zu, älter zu werden, doch für mich war der Meilenstein »vierzigster Geburtstag« traumatischer, als ich es mir vorgestellt hatte. Zum Jahresbeginn hatte ich noch große Pläne gehabt, meinen Einstieg in die fünfte Dekade zu einem unvergesslichen Ereignis zu machen. Das war er jetzt ganz gewiss, jedoch in einem völlig anderen Sinn als gedacht. Ich konnte noch nicht einmal ohne die Hilfe von zwei Schwestern oder Pflegern und einer Winde aus meinem Bett klettern, daher stand die Besteigung des Kilimandscharo außer Frage.
    Als der große Tag, Donnerstag, 3. Juni, näher rückte, wurde auch klar, dass alle Menschen, die ich liebte, 500 Kilometer entfernt in

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