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So nah bei dir und doch so fern

So nah bei dir und doch so fern

Titel: So nah bei dir und doch so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Allatt
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übrig, als wieder gesund zu werden.

    Das war’s. Alles war gesagt. Es hatte mich über eine Stunde gekostet, die wenigen Worte zu schreiben, doch es war befreiend. Als Nächstes beschloss ich, meiner alten Freundin Cheryl aus Studienzeiten zu schreiben. Das letzte Mal hatte ich sie im vorigen Sommer gesehen. Jetzt lebte sie mit ihrem Mann und den Kindern in Dubai, aber wir hatten über Facebook Kontakt gehalten, tauschten abscheuliche Frisuren-Fotos aus und schwelgten in Erinnerungen an unsere Unizeit vor fast zwanzig Jahren.
    Ich tippte:

Hallo, Cheryl, hast du mitbekommen, dass ich einen Schlaganfall hatte? Immer noch im Krankenhaus. Hatte Locked-in-Syndrom, werde aber wieder gehen und sprechen können.

    Verdammt! , kam ihre fassungslose Antwort aus 5000 Kilometern Entfernung. Sie hatte keine Ahnung, was mir zugestoßen war. Das Aktualisieren meiner Facebook-Seite hatte auf der Prioritätenliste ziemlich weit unten gestanden, während ich um mein Leben kämpfte. Jetzt aber konnten wir uns unterhalten, und ihre ermutigenden Zusprüche aus der Ferne gaben mir Auftrieb.
    Nach meinem ersten Austausch über Facebook war ich süchtig. Jeden Tag wollte ich in das Schwesternzimmer geschoben werden, um einen virtuellen Schwatz mit all meinen alten Freundinnen zu halten. Manche Schwestern und Pfleger waren entgegenkommender als andere. Die freundlichen freuten sich, mich einloggen und vor dem Bildschirm sitzen lassen zu können, während sie ihrer Arbeit in der Abteilung nachgingen.
    Abends, wenn meine Besucher einzutrudeln begannen, war ich regelmäßig im Schwesternzimmer zu finden. Und wenn meine Therapeuten erschienen und ein leeres Bett vorfanden, wussten sie, wo sie suchen mussten. Es gab aber auch die eine oder andere Schwester, die nicht mitspielte und sich weigerte, mich an ihren Arbeitsplatz zu lassen. Die Kehrseite meiner Sucht waren die Rötungen an meinem Arm, die sich mit der Zeit einstellten, weil ich stundenlang tippte, und die Haut raute auf, da meine einzige funktionierende Gliedmaße ständig an dem darunterliegenden Kissen scheuerte.
    Über das Internet kam ich wieder in Kontakt mit meinem alten Leben, indem ich Leute aufstöberte, mit denen ich seit Jahren nicht mehr gesprochen hatte, und indem ich meine Freundinnen über meine tägliche Routine auf dem Laufenden hielt. Facebook wurde zu meinem Sprachrohr und digitalen Protokoll meiner Fortschritte. Als es auf das Wohltätigkeits-Radrennen vom 23. Mai zuging, schrieb ich:

Euch allen herzlichen Dank für eure Unterstützung! Ich drücke den Daumen, dass es trocken bleibt.

    Als ich beweglicher wurde, schrieb ich ermutigende Kommentare über meine Fortschritte, und wenn es für mich mal nicht schnell genug ging, benutzte ich Facebook mit entsprechenden Berichten als Blitzableiter für meine Frustration. Eines Tages, als meine Logopädin mich aufgefordert hatte, Fingerübungen mit einem Ball aus Knete in meiner Hand zu machen, benutzte ich die Finger später dazu, Folgendes zu schreiben:

Warum ist mit Knete spielen so stumpfsinnig?

    Bei anderer Gelegenheit, als ich frustriert war, weil es meiner Ansicht nach mit der Therapie nicht schnell genug voranging, schrieb ich:

Habe die Schnauze voll vom Leben. Warum kapiert das denn niemand?

    Ich wusste, dass am anderen Ende immer ein befreundeter Mensch saß, der meine Nachricht mit Worten der Anteilnahme und Unterstützung erwiderte, und das richtete mich enorm auf, wenn ich niedergeschlagen war. Auch wenn die Dinge gut liefen, verlieh es mir ein besonderes Gefühl des Triumphs, dass ich sie mit einem größeren Kreis von Lesern teilen konnte und sofort eine Reaktion bekam.
    Als ich später meinen eigenen Computer bekam, erwies er sich als tolles Bindeglied zu manchen Schwestern und Pflegern. Da gab es vor allem eine Schwesternhelferin, die dank meines Laptops immer wieder Ausreden fand, sich um meine Bedürfnisse kümmern zu müssen. Als ich in ein Einzelzimmer verlegt wurde, kam sie häufig hereingeschlichen und benutzte meinen Laptop, um sich in ihren Facebook-Account einzuloggen, was während der Arbeitszeit verboten war. Es blieb unser Geheimnis, und es führte dazu, dass ich als ihre Lieblingspatientin bevorzugte Behandlung genoss.

KAPITEL 25

Frustshopping und grauer Haaransatz
    S olange du aussiehst wie ein Dachs, gehe ich nicht mit dir zum Shopping«, sagte Alison eines Tages, als wir Pläne für einen Großeinkauf vor meinem vierzigsten Geburtstag machten. Das Meadowhall Shopping Centre lag

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