So schoen kann die Liebe sein
sie wissen, kaum dass er die Tür hinter ihnen geschlossen hatte.
Sam rieb sich das Kinn. „Auf dem Nachhauseweg wurde er immer blasser. Ich habe ihm Saft angeboten, so wie du es mir gesagt hast, aber er wollte nichts trinken. Dann fing er an zu schwitzen und wurde ganz unruhig. Wir näherten uns Lexington, und da habe ich Rashid angewiesen, auf schnellstem Wege ins Krankenhaus zu fahren. Ich wusste nicht, was ich sonst hätte tun sollen.”
„Du hast das Richtige getan, Sam.”
Er schaute zur Seite, doch Andrea erhaschte noch einen Blick auf seine sorgenvolle Miene.
„Ich habe in meinem Leben selten vor etwas Angst gehabt, Andrea. Aber das hier hat mich zu Tode erschreckt.” Er sah sie wieder an. „Mir wird jetzt erst klar, was du mit dieser Krankheit durchgemacht haben musst.”
„Was Joe durchgemacht haben muss”, korrigierte sie ihn. „Als Mutter lernt man es, damit umzugehen. Meine Liebe zu ihm hat mir dabei geholfen.”
„Ich fange erst langsam an, das zu begreifen.”
Andrea schluckte, weil sie kurz davor war, wieder in Tränen auszubrechen, weil Sam so betroffen wirkte. Doch wenigstens sie sollte jetzt stark sein und die Ruhe bewahren. „Hat ihn ein Arzt schon richtig untersucht?”
„Ja, vor ein paar Minuten. Er meinte, dass sein Zustand jetzt stabil ist, aber er möchte, dass er ein paar Stunden hier bleibt, um sicherzugehen.”
Erleichtert atmete sie tief durch, ehe sie nickte. „Das ist Routine.”
„Dann hat er diese Anfälle öfter?”
„Ja, anfangs einige Male. In letzter Zeit seltener.”
„Der Arzt meinte, dass Joes Erschöpfung diese Unterzuckerung ausgelöst haben könnte.”
Im Stillen verwünschte Andrea sich, dass sie auf andere gehört hatte. „Ich wusste gleich, dass die nicht richtig aufpassen werden. Ich hätte ihn niemals in dieses Camp fahren lassen dürfen.”
Sam nahm ihren Arm. „Mach dir keine Vorwürfe, Andrea. Joe hat mir erzählt, wie viel Spaß es ihm gemacht hat. Du hattest keinen Grund zu der Annahme, dass so etwas passieren könnte.”
Sie schüttelte ihn ab, öffnete die Tür und warf einen Blick auf ihren schlafenden Sohn. „Ich hätte es wissen müssen”, begann sie von neuem.
„Pst!” Sam strich ihr die wirren Haare aus dem Gesicht, das von den vielen Tränen, die sie auf der Hinfahrt geweint hatte, ganz fleckig war. „Der Arzt meinte auch, dass du für Joe eine Insulinpumpe besorgen solltest, die die Spritzen ersetzt”, sagte er leise.
„Das würde ich gern tun”, erwiderte sie ebenso leise. „Aber die sind sehr teuer. Ich habe schon versucht, genügend Geld zu sparen, um den Anteil aufzubringen, den die Versicherung nicht zahlt.”
„Ich werde mich darum kümmern. Du brauchst dir darüber keine Sorgen mehr zu machen.”
Sie machte sich im Moment über vieles Sorgen, und ein neuer bedrückender Gedanke kam ihr. „Hast du hier jemandem erzählt, dass du Joes Vater bist?”
„Ich habe es dem Arzt gesagt, aber Joe hat mich nicht gehört. Sei also beruhigt.”
Sie kam sich unglaublich egoistisch vor, ihn in solch einem Augenblick danach zu fragen.
„Es ist nur, weil ich es furchtbar fände, wenn Joe etwas so Wichtiges unter solchen Umständen erführe.”
„Ich habe ihm nichts gesagt, obwohl er während der Fahrt viele Fragen gestellt hat.”
„Was für Fragen?”
„Er wollte wissen, ob ich seinen Vater kenne. Ich sagte, ja, aber nicht sehr gut. Und das ist die Wahrheit, Andrea.” Er streichelte ihre Wange. „Ich habe festgestellt, dass ich mich selbst nicht kenne.”
Sie legte ihm eine Hand auf den Arm. „Aber ich, Sam. Du bist ein guter Mensch.
Zumindest ein guter Vater.”
Er betrachtete sie kummervoll. „Bin ich das, Andrea? Ich verlasse meinen Sohn. Daran ist nichts Gutes.”
„Du kannst die nächsten Tage ganz allein mit ihm verbringen”, bot sie ihm großzügig an.
„Unternimm etwas mit ihm, damit er dich als seinen Vater kennen lernt.”
„Vielleicht wäre es am besten, er erfährt es erst gar nicht.”
Am besten für wen? hätte Andrea ihn am liebsten angeschrien. Am besten zweifellos für Sam. Dann gäbe es keine Bindungen, abgesehen davon, dass er pünktlich das Geld überwies.
Keine Verpflichtungen ihrem Sohn oder ihr gegenüber. „Lass uns nicht mehr darüber sprechen. Ich möchte zu ihm.”
„Ich wollte ja damit auch nur sagen, dass mir das Wohlergehen unseres Sohnes wichtiger ist, selbst wenn das bedeutete, ihn dafür aufgeben zu müssen.”
Eine tiefe Traurigkeit überkam sie. „Gut,
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