So schoen kann die Liebe sein
hatte, war er sich da nicht mehr so sicher.
Doch dieses Problem schob er erst einmal von sich, denn viel wichtiger war im Moment sein Kind. Er wollte so viel Zeit wie möglich mit Joe verbringen, um Erinnerungen zu sammeln, auf die er später zurückgreifen konnte. Und deshalb musste er alles daran setzen, um Andreas Vertrauen wieder zu gewinnen.
Andrea traute Sam und seinen Absichten keineswegs. Noch schlimmer, sie traute sich ja selbst nicht mehr, sobald sie in seiner Nähe war. Vorhin, beim Abschied von ihrem Sohn, hatte sie mehr als ein paar Tränen vergossen, und jetzt war sie sich nicht sicher, ob sie noch genügend Kraft besaß, um sich mit seinem Vater auseinander zu setzen. Aber es ließ sich anscheinend nicht vermeiden. Joes Wohlergehen lag ihr am Herzen, und sie musste unbedingt wissen, was Sam beabsichtigte.
Sie parkte ihren Pick-up hinter der Limousine, stieg aus und sprach sich Mut zu. Der Leibwächter saß draußen auf der Veranda. Als Andrea näher kam, stand er auf.
Sie streckte ihm die Hand entgegen und sagte höflich: „Ich habe vorhin Ihren Namen nicht verstanden.”
Er schaute auf ihre Hand, ehe er sie zögernd nahm, um sie kurz zu schütteln. „Mr. Rashid.”
„Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mr. Rashid. Sie sind natürlich auch im Haus herzlich willkommen.”
„Es ist besser, wenn ich draußen warte, damit Sie und der Scheich sich ungestört unterhalten können.”
Andrea zuckte mit den Schultern. „Na gut. Es wird sicherlich nicht lange dauern.”
Rashid verbeugte sich leicht. „Wenn Sie meinen, Miss Hamilton.”
Andrea holte tief Luft und öffnete die Haustür. Mochte kommen, was da wollte, sie war auf alles vorbereitet. Doch als sie dann Sam in weißer Leinenhose und weißem Poloshirt auf dem Sofa sitzen sah, den dunklen Kopf über Joes Fotoalbum gebeugt, war sie dennoch überrascht. Er schien so vertieft in das Album, dass er sie nicht bemerkte und sie ihn eine Weile ungestört beobachten konnte.
Plötzlich lehnte er sich zurück und lächelte versonnen. Dann schwand das Lächeln genauso plötzlich und wurde von einem Ausdruck tiefer Melancholie ersetzt. Andrea schloss die Augen und versuchte, ein aufkommendes Gefühl des Bedauerns zu unterdrücken.
Erst als sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte, ging sie zu ihm. „Joe war so ein süßes Baby.”
Sam zuckte leicht zusammen, ehe er aufsah. „Ja, das war er.”
Andrea setzte sich neben ihn aufs Sofa. Wie oft hatte sie davon geträumt. Wie oft hatte sie gehofft, dass er eines Tages zurückkehren würde. Und jetzt, wo der Moment gekommen war, wusste sie nicht mehr, was sie sagen, was sie tun sollte.
Sam blätterte die Seite um und betrachtete ein Bild von Joe auf einem Pony. „Wie ich sehe, hat er von seiner Mutter die Begeisterung für Pferde geerbt.”
„Ja. Das ist Scamp. Ein braves Pony und ungefähr zwanzig Jahre alt… ein hohes Alter für ein Pferd. Was Joe machen wird, wenn wir es verlieren, weiß ich nicht.”
„Ich kaufe ihm ein neues.”
„Einige Dinge sind nicht so leicht zu ersetzen.”
Er nickte. „Das hat mich meine Erfahrung auch gelehrt.”
Es schien ein guter Moment, um ihm ihren Standpunkt klar zu machen. „Ich werde es nicht zulassen, dass du mir Joe wegnimmst, Sam”, sagte sie geradeheraus.
Er schloss das Album und schob es von sich. „Glaubst du, dass ich deshalb hierher gekommen bin?” fragte er sie, wobei er es vermied, sie anzusehen.
„Etwa nicht?”
„Nein, Andrea. Er gehört hierher. Zu dir.”
Obwohl er aufrichtig klang, hegte sie noch immer Zweifel. „Heißt das, dass du jetzt, nachdem du ihn gesehen hast, ihm den Rücken zukehren und abreisen wirst?”
Jetzt schaute er sie an, beinahe wütend. „Ich habe nicht die Absicht, ihm den Rücken zuzukehren. Ich werde ein Konto auf deinen Namen einrichten und für ihn aufkommen. Die Medikamente, die er täglich braucht, seien sehr teuer, hat Tess mir erzählt.”
Die verflixte Tess! stöhnte sie innerlich. „Immerhin kann ich sie noch bezahlen, wenn auch ratenweise. Es ist also wirklich nicht notwendig, dass du uns Geld gibst.”
Sams Miene entspannte sich. „Bitte, lass es mich für ihn … und für dich tun.”
„Ich werde darüber nachdenken”, sagte Andrea einlenkend. Und das würde sie auch, aber nicht aus Eigennutz. Schließlich trug auch Sam eine gewisse Verantwortung für ihren gemeinsamen Sohn, und sie konnten das zusätzliche Geld gut gebrauchen. Ganz davon abgesehen, dass er als Scheich wahrscheinlich
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