So schön kann Küssen sein
nachgedacht? Jetzt bist du frei.” Er tat heiter, doch es klang nicht ganz echt.
“Ich habe beschlossen, nicht fortzugehen. Ich bleibe auf der Ranch, wohin ich gehöre.” Als Manny sie erstaunt ansah, fügte Randi rasch hinzu: “Ich habe mich für ein Fernstudium angemeldet und mache Kurse in Ranch Management. Lewis Lee meint, dass er mir gern bei den Hausaufgaben hilft, wenn wir dafür gemeinsam auf der Ranch arbeiten.”
Manny überlegte. “Aber was ist mit Geld? Du wirst welches brauchen, damit die Ranch wieder Gewinn abwirft.”
“Mein Vater hat mir ziemlich viel Geld in einem Treuhandfonds hinterlassen”, erklärte sie freudig. “Frank hatte ihn mir verschwiegen. Dein Boss hat mir geholfen, den Fonds aufzuspüren, und er hat mir auch einen Anwalt vermittelt, mit dessen Hilfe ich die Kontrolle über das Geld bekomme.”
Diesmal erreichte das Lächeln auch seine Augen. “Das freut mich für dich, Randi, und es beruhigt mich auch.”
Er streckte die Arme aus. Es war Zeit, ihm das Kind zu übergeben.
“Ich bin stolz auf dich, Schatz”, erklärte er, während er Ricky an sich nahm. “Du bist nicht mehr das schüchterne kleine Mädchen, das einen Fremden und sein Baby aus dem Fluss gerettet hat.”
Nein, das war sie bestimmt nicht mehr. Sie war zu einer entschlossenen, erwachsenen Frau geworden, die für sich selbst und die Menschen, die sie brauchten, sorgen konnte. Sie hatte so viel von dem Mann gelernt, der sie gleich verlassen würde. Es schmerzte, sich daran zu erinnern, wie aufmerksam und sanft er sie angeleitet hatte, und gleichzeitig zu wissen, dass es so nie wieder sein würde.
“Musst du schon los?”, fragte sie. “Ich könnte dir noch etwas zu essen machen. Vielleicht wäre es auch besser für dich, wenn du über Nacht bleibst und morgen zeitig aufbrichst.”
“Randi.” Er drückte sie kurz an seine Schulter. “Es ist schon schwer genug für mich … für uns. Bitte, lass es. Du weißt, dass ich nicht gut genug für dich bin. Ich bin für niemanden gut genug”.
Das wusste sie absolut nicht. Sie wollte ihm ins Gesicht schreien, dass er der beste Mensch war, den sie jemals getroffen hatte. Doch er würde nicht auf sie hören. Sein Leben lang hatte er sich eingeredet, dass er sich von anständigen Menschen fernhalten sollte und dass er alles verdarb und zerstörte, anstatt konstruktiv anderen zu helfen.
Randi wandte sich ab, weil sie es nicht sehen konnte, wie die zwei Menschen, die sie am meisten liebte, von ihr gingen.
“Begleitest du uns nicht zum Wagen?”, fragte Manny leise.
“Ich kann nicht.” Sie rang um Haltung. “Bitte, geh.”
Randi war froh, dass er ihr Gesicht nicht sah und dass sie nicht vor seinen Augen zusammenbrach.
“Kommst du zurecht?”, fragte er heiser.
“Ja, es wird alles gut.”
Seine Schritte entfernten sich. Der Motor seines Wagens sprang an. Die Reifen knirschten auf dem Schotter. Dann war es still.
In diesem Moment wusste Randi, dass nichts jemals wieder gut sein würde.
Lewis Lee fauchte Randi an, als sie ihm den Hammer auf den Fuß fallen ließ. Schon seit Wochen benahm sie sich wie ein verzogenes Kind, und sie wusste es auch.
Es war zwar keine Kleinigkeit, die Koppeln für die Kälber aufzustellen, die noch diese Woche eintreffen sollten. Es war aber auch nicht die schlimmste Arbeit, die sie jemals erledigt hatte. Trotzdem verlor sie bei jedem schief eingeschlagenen Nagel und jedem nicht ganz genau zurechtgesägten Stück Holz die Beherrschung.
Die Tage schleppten sich öde dahin. Ein Morgen war wie der andere. Jeden Abend lernte sie nach dem Essen für das Fernstudium, bis sie vor Müdigkeit nichts mehr sah. Danach wanderte sie durchs Haus und lauschte auf das Echo von Rickys Lachen und Weinen. Und sie hörte den Sirenengesang der Liebe, der ihr den Schlaf raubte.
Sie liebte die Einsamkeit – und verabscheute sie gleichzeitig.
“Hast du was von Manny gehört?”, fragte Lewis Lee und hob den Hammer auf, um das Werkzeug wegzuräumen.
“Von ihm? Nein, kein Wort, seit er fort ist.” Es gefiel ihr gar nicht, wie rau und verletzt ihre Stimme klang, wenn sie von Manny sprach. “Marian hat aber gehört, dass er vom FBI eine Auszeichnung erhalten hat, weil er Ricky das Leben gerettet hat. Und vor einiger Zeit habe ich mit Reid gesprochen. Er hat mir erzählt, dass Manny sogar befördert wurde.” Sie griff nach ihrem Werkzeugkasten und machte sich mit Lewis Lee auf den Rückweg. “Er kommt wohl gut zurecht.”
“Wenn du mich heute
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