So schoen Tot
beeindruckt und machte keinerlei Anstalten, sich zu fügen. Ich hatte das Gefühl, meine Drohungen gingen ins Leere: Der Finanzhai servierte mich eiskalt ab. Mit »gutem Zureden« war diesem Fiesling also nicht beizukommen. Ich musste mir Überzeugenderes überlegen, schließlich hatte ich einen Ruf zu wahren und den dreien mein Wort gegeben. Andererseits konnte ich hier keinen Mord, keine Entführung begehen, ohne größeres Aufsehen zu erregen.
Also rief ich nach meiner Rückkehr Luigi auf Sardinien an. Seinem Clan hatte ich in einer ähnlich vertrackten Situation aus der Patsche geholfen.
Luigi nahm das Gespräch nach fünfmaligem Klingeln an: »Si?«
»Moin! Ich bin’s!«
»Ah, bona sera, Ole. Was kann iche für dich tun?« Ich erklärte ihm die Situation. Luigi unterbrach meine Schilderung mehrmals mit einem einfachen »Si«. Am Schluss erklärte er mit größtem Bedauern, dass er leider nicht selber kommen könne: »Iche macke Besprekung mit Familia. Wir haben Cousin in Ulme.« Ich verstand erst mal kein Wort. Wieso wohnte der Cousin in einem Baum? Dann kapierte ich.
»Ach, Ulm! Dein Cousin lebt in Ulm?«
»Sage iche doch: Ulme«, erwiderte Luigi leicht beleidigt.
Sie würden also eine Vertretung in Alemania organisieren. Wäre auch günstiger wegen der Fahrtkosten. Mir war es recht. Sollten sie doch einen eingewanderten Spaghetti-Killer aus Süddeutschland schicken, Hauptsache, der Auftrag würde endlich angepackt. Aber meine Erfahrungen mit Luigis Familie auf Sardinien machten mich auch hier skeptisch. Seine Gorillas dort waren nämlich nicht die Allerhellsten gewesen – warum sollte einer seiner Cousins inDeutschland pfiffiger sein? In der folgenden Nacht schlief ich schlecht. Ich machte mir Sorgen.
Das Treffen mit Luigis Cousin sollte im Restaurant des neuen Bensersieler Fährhauses stattfinden. In der hintersten Ecke, direkt in Höhe des Anlegers, fand ich einen Platz mit herrlichstem Ausblick auf den Hafen. Einige Kutter, die Frachtschiffe
Onkel Otto
und
Pionier,
lagen vertäut am Kai. Am Ufer gegenüber war das Zirkuszelt für Veranstaltungen aufgebaut, auf der Skaterbahn rollten einige Jugendliche mit ihren Brettern hin und her.
»Bist du Ole?« Ein dunkelhaariger, braungebrannter Typ setzte sich zu mir.
»Psst, keine Namen!« Hatte denn die ganze Mafiabande keinen Verstand?
»Aber wie soll ich dich denn nennen?«
»Ole ist schon okay!«, antwortete ich resigniert.
»Aber das habe ich doch gesagt!«
»Ja, aber doch nicht in der Öffentlichkeit. Es soll doch keiner mitbekommen, dass wir uns kennen«, raunzte ich.
»Aber wir kennen uns doch gar nicht!« Der Italo sah mich erstaunt an.
»Ach, vergiss es. Du bist der Cousin von Luigi?«, fragte ich.
»Psst …«, sagte er darauf und legte seinen Zeigefinger über den Mund.
»Was ist?«, fragte ich und blickte mich nervös um.
»Keine Namen …«, platzte der Itaker heraus und lachte schallend. Ich hatte das Gefühl, der wollte mich auf den Arm nehmen. Verärgert kramte ich die beiden Prepaid-Handys hervor, das eine schob ich über den Tisch, das andere behielt ich bei mir.
»Sollen wir jetzt miteinander telefonieren?«, fragte er spöttisch.
»Damit bleiben wir in Kontakt! Und die Anrufe sindnicht personenbezogen!« Ich kochte innerlich. »Das bleibt unser einziger, direkter Kontakt, capito?«
»Wie, einziger Kontakt?«
»Es soll möglichst keiner mitbekommen können, dass du in meinem Auftrag handelst. Und nach dem Job schmeißt du das Handy weg; von mir aus in den Bensersieler Hafen oder sonst wohin!«
»Aber das ist Elektroschrott und muss gesondert entsorgt werden«, belehrte mich der Mafioso. »Da macht man sich strafbar und außerdem …«.
»Außerdem?«, rief ich ungehalten und wohl etwas zu laut, denn einige Gäste drehten sich zu uns um. Sofort fragte ich leiser nach: »Was außerdem?«
»Das klappt so nicht mit dem einzigen Kontakt. Wo soll ich wohnen in dieser Zeit?«
Mir blieb also nichts anderes übrig, als den Mafia-Cousin bei mir wohnen zu lassen.
Die Tage zogen sich hin. Wir observierten Adelmund Friedle und erstellten ein Bewegungsprofil. Es wurde alles notiert, was er tat und was uns wichtig erschien. Auf unseren Beschattungstouren spielte ich nebenbei ein bisschen den Fremdenführer und erklärte Sergio, so hieß mein deutsch-italienischer Mafioso, die Besonderheiten der Landschaft.
An einem Tag musste Friedle wohl ein Treffen mit dem Deichschäfer haben, auf dessen Hof er abbog. Bis hierher
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