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So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!: Tagebuch einer Krebserkrankung (German Edition)

So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!: Tagebuch einer Krebserkrankung (German Edition)

Titel: So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!: Tagebuch einer Krebserkrankung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Schlingensief
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Grundfesten erschüttert, dass ich keinerlei Möglichkeit sah, dass es wieder besser werden könnte.
    Und trotzdem, nach tagelangem Heulen und Wimmern habe ich am Ende fast so etwas wie einen gütigen Abschluss empfunden. Irgendwann hatte ich das Gefühl, ich löse mich in meinem eigenen Weinen auf, und damit setzte das Wunder der Entspannung ein. Es war fast ein schönes, weiches Gefühl. Allerdings glaube ich nicht, dass es sich um ein Loslassen handelte, um ein »Es geschehe«. Es war eher eine Ölung der Seele, die da stattfand. Ich kann das gar nicht richtig beschreiben.

    Jedenfalls bin ich richtig froh, seit gestern wieder in der Klinik zu sein. Es tut gut, von diesem Wochenende zu erzählen und zuzuhören, was die Leute hier für Erfahrungen haben. Gerade war eine Massagetherapeutin da, die mir sagte: »Es ist nur ein Durchgang, es ist ein Durchgangsweg, den Sie jetzt gehen. Das ist nicht alles, danach kommt wieder etwas anderes.« Und als solches kann man das hier auch nur abstottern, glaube ich. Vielleicht kommt man ja an den Punkt, wo man ganz locker hingeht und fragt: Ja, und? Wo bleibt die nächste Chemo?
    Der Uwe, ein Krankenpfleger, der die Infusionen anhängt und kontrolliert, ob alles gut durchläuft, kennt das auch schon seit Jahren. Er ist sehr, sehr nett und sagte, der menschliche Körper sei schon für vieles ausgerüstet. Aber für dieses Programm: Diagnose, Untersuchungen, Vorbesprechungen, Krise eins, Krise zwei, dann Operation mit Vollnarkose, dann wieder Untersuchungen und Befunde, dann Heilungschancen hier, Heilungsquote da, oben drauf noch die Chemo, Prognose unklar – für dieses Programm sei der Mensch eigentlich nicht gemacht. Das sei definitiv die komplette Überforderung. Da würden der Körper und die Seele einfach nur noch durchgenudelt.
    Das kann ich nur bestätigen. Aber die wirklich wichtige Botschaft dieses Wochenendes ist für mich, dass ich spüren konnte, wie sehr das alles miteinander vernetzt ist, die Zellen, die Organe, einfach alles. Schön wäre natürlich, wenn man das schon vor einer Erkrankung wüsste, was für ein absolutes Wunderwerk dieser Körper ist. Was das für eine großartige Sache ist, dass alles an der richtigen Stelle positioniert und miteinander vernetzt ist. Wenn man da eingreift, muss alles neu justiert werden. Mein Körper muss sich jetzt zum Beispiel durch dieses fehlende Stück Zwerchfell und den fehlenden Lungenflügel umbauen. Alles, was ich in mir spüre, sind Umbaumaßnahmen. Das wird nicht mehr der Körper von früher sein, aber er wird die für sich beste Form daraus bauen, und dafür muss man ihm Zeit lassen. Das kann man nicht beschleunigen.
    Eins ist mir klar geworden: Hier die Seele, da der Körper – das ist ein falsches Denken. Der Körper ist Seele, und die Seele ist Körper. Sie ist das Zentrum des Verbundsystems, das einen von der Geburt bis zum Tod begleitet. Sie ist die Tatsache, dass alles zusammengehört und miteinander verbunden ist. Und wenn man da draufhaut wie mit dieser Chemotherapie, dann können die Dinge so sehr ins Ungleichgewicht geraten, dass dieser Zusammenhalt zertreten wird. Dann gerät man in einen Schleudersitz und kann das eigene Zentrum, die eigene Seele nicht mehr wahrnehmen. Dann wird nur noch geschleudert.
    Das klingt jetzt wahrscheinlich wieder ziemlich esoterisch, aber ich glaube fest daran, dass an diesemWochenende meine Seele geschrien hat, weil sie nur noch ganz schwer mit mir kommunizieren konnte. Sie war kurz davor zu reißen, vielleicht sogar endgültig abzureisen. Und ich glaube auch, dass man wirklich mal anfangen sollte darüber nachzudenken, inwiefern Kunst und Medizin zusammengehören müssten. Bis jetzt ist die Kunst an der Wand, und die Medizin im Schrank. Aber vielleicht kann man das ja auch anders sehen, wenn sowohl die Kunst als auch die Medizin den Menschen als Ganzes begreifen würden.
    Na ja, jetzt schauen wir erst einmal, dass wir diese zwölf Wochen Chemotherapie überstehen, möglichst ohne wieder in den Schleudersitz zu geraten. Ich werde versuchen, mir Inseln zu bauen, meinem Organismus zu zeigen, dass er als Ganzes akzeptiert wird. Und all die Leute hier werden mir dabei helfen.

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    Freitag, 18. April
    Es ist nicht einfach herauszufinden, was im Augenblick eigentlich meine tiefste Angst ist, wo sie hockt und wer mich da gerade treibt. Aino erzählte mir, dass ich gestern im Traum von einem Hund, der mich jagt, gemurmelt hätte. Das habe ich heute meiner Atemtherapeutin

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