So sinnlich wie dein Kuss
dem kleinen Finger zu winken, damit sie bekamen, was sie wollten?
Nach dem Trip hatte sie angenommen, sie würden in Auckland zur Tagesordnung übergehen, als ob nichts geschehen wäre. Aber gerade eben … Sie hatte ihm schlichtweg nicht widerstehen können!
Ihre Haut prickelte, und es war ihr, als würde sie ihn noch spüren. Sie konnte nicht glauben, dass sie ihm erlaubt hatte, sie auf seinem Schreibtisch zu verführen. Die Erkenntnis, dass sie so einfach ihre Selbstbeherrschung verloren hatte, entsetzte sie. Morgen würde sie ein paar blaue Flecken haben, das stand fest. Ihre eigene Rolle bei diesem … Zwischenspiel war alles andere als passiv gewesen.
Dabei hatte sie noch nie Probleme damit gehabt, Männern einen Korb zu geben. Ihre bisherigen Partner hatte sie sehr sorgfältig ausgesucht, und sie legte Wert auf zivilisierte Umgangsformen. Aber an der Beziehung zu Judd war nichts Zivilisiertes. Er weckte pure Sinnlichkeit und animalische Lust in ihr!
Selbst jetzt wollte sie ihn. Dass sie Nein gesagt hatte, lag ausschließlich an ihrem Respekt vor Charles.
Sie lächelte gequält. Ausgerechnet auf den Mann, der ihre Mutter so wenig respektiert hatte, nahm sie Rücksicht. Was wohl ein Psychologe dazu sagen würde?
Aber so fühlte sie nun mal. Charles hatte viel mehr für sie getan, als er hätte tun müssen, und das würde sie ihm nie vergessen. Für sie war er ein Fels in der Brandung gewesen. Und jetzt musste sie ein Fels sein und eisern ihren Gefühlen widerstehen. Das Mindeste, was sie tun konnte, war, unter seinem Dach nicht mit seinem Sohn zu schlafen.
Aber wie – oder durch wen – war Judd nur auf den absurden Gedanken gekommen, dass Charles und sie ein Verhältnis hatten?
Da lief irgendetwas falsch, ohne dass sie genauer hätte sagen können, was es war. Aber sie hatte so viel zu tun, dass sie den Gedanken wieder verdrängte.
An den folgenden Tagen arbeitete sie die Exklusivverträge für die Weingüter aus, die sich besucht hatten. Sie sorgte dafür, dass alles bis auf das I-Tüpfelchen stimmte, und war dabei ganz in ihrem Element. Deshalb traf es sie hart, dass vier der sechs Weingüter mitteilten, inzwischen einen anderen Vertriebspartner gefunden zu haben. Jackson Importers hatte ihnen das Geschäft vor der Nase weggeschnappt!
Charles war außer sich. „Wie kann sie es wagen! Meine eigene Tochter!“
„Tut mir leid, das sagen zu müssen“, meinte Judd. „Aber es war von Anfang an ihre Idee. So wie es aussieht, hat man ihr mehr vertraut als uns. Das hätte ich voraussehen sollen. Mein Fehler.“
„Dein Fehler? Unsinn! Sie will mich nur ärgern.“
„Kann sein“, räumte Judd ein. „Aber vielleicht hat sie einfach nur ihre Idee mit ihrem neuen Boss durchgezogen. Hast du sie eigentlich je für ihren Einfall gelobt?“
Anna lehnte sich überrascht in ihrem Stuhl zurück. Was war das? Judd setzte sich für Nicole ein?
Bisher hatte sie angenommen, dass er auf Nicole nicht besser zu sprechen war als Charles. Und jetzt verteidigte er sie sogar.
Damit hatte sie nicht gerechnet.
„Nein, wozu? Es war ihr Job, und sie hat ihn gut gemacht.“
„Mehr als gut, finde ich“, sagte Judd.
Anna wusste, dass Charles oft ungerecht zu seiner Tochter gewesen war. Einerseits hatte er sie beschützt und in dieser Hinsicht seine väterlichen Pflichten ernst genommen. Aber andererseits hatte er als alleinstehender Vater den Fehler gemacht, ihr zu enge Grenzen zu setzen, vermutlich aus Angst, die Dinge könnten ihm entgleiten.
Zudem war neben seiner Arbeit in der Firma nicht viel Zeit gewesen, um sich um Nicole zu kümmern. Seine Tochter hatte sich auch deshalb so sehr im Betrieb engagiert, um ihrem Vater nahe zu sein und Anerkennung zu bekommen. Aber unglücklicherweise hatten sich die Spannungen zwischen den beiden dadurch noch verstärkt. Charles konnte den schwierigen Spagat zwischen den Rollen als Vater und als Chef nie wirklich hinbekommen. Seine altmodischen Ansichten über Frauen und Karriere taten ihr Übriges …
Im Endeffekt hatte Nicole sich so eingeengt gefühlt, dass sie dachte, ihre Ansichten und Bedürfnisse seien ihrem Vater völlig egal.
Charles liebte Nicole, konnte es aber nicht so richtig zeigen. Und wenn er etwas sagte, dann war es leider oft das Falsche.
Ein bisschen glaubte Anna daher, dass er froh darüber war, dass sie selbst oft zwischen ihm und Nicole eine gewisse Vermittlerrolle gespielt hatte.
„Aber du wirst es besser machen als sie, mein Junge“, sagte
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