So sinnlich wie dein Kuss
dich arbeite, jetzt wo wir …“
„Wo wir was, Anna?“
„Ach nichts.“
„Ist das jetzt eine Kündigung?“
„Ich warte damit, bis es Charles besser geht. Mehr kann ich dir im Moment nicht versprechen.“
Der Gedanke, ihre Stelle, die erste und einzige ihres Lebens, aufzugeben, entsetzte sie. Aber es ging nicht, Judd jeden Tag zu sehen – und ihn mehr als alles andere zu begehren, ohne ihn je haben zu können.
11. KAPITEL
Auf keinen Fall würde er zulassen, dass Anna ihn verließ. Und wenn sie schon kündigte, dann wollte er sie in jedem Fall zu Hause haben, wo sie ebenso sehr hingehörte.
Aber im Augenblick war etwas anderes noch wichtiger. Etwas, was ihn schon seit frühester Jugend beschäftigte. Natürlich wusste er, dass jedes Ding zwei Seiten hatte. Aber dass die Sichtweise seines Vaters so sehr von dem abwich, was er selbst bisher geglaubt hatte, erstaunte ihn zutiefst. Er hatte widersprechen wollen – aber warum sollte ein kranker Mann lügen?
Eine innere Stimme gebot ihm, Charles Gerechtigkeit zuteilwerden zu lassen.
Jedenfalls gelang es ihm an diesem Tag nicht, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. „Ich mache heute früher Schluss“, sagte er zu Anna. „Ruf mich zu Hause an, wenn du mich brauchst.“
„Das mache ich ganz bestimmt nicht“, sagte sie freiheraus.
Statt einer Antwort lächelte er nur. Viel lieber hätte er sich über den Schreibtisch gebeugt und sie geküsst, bis sie nicht mehr wusste, welcher Wochentag war. Aber das würde er sich für ein andermal aufheben. Im Augenblick hatte er Wichtigeres zu tun.
Eine Viertelstunde später hielt er in der Einfahrt an und betrachtete das eindrucksvolle Haupthaus, das das Grundstück dominierte. Er schüttelte den Kopf. Es war nur ein Haus, aber so begehrt!
Er stieg aus. Vor der Tür stand ein Firmenfahrzeug. Wieder schüttelte er den Kopf. Dekorateure!
Er betrat das Haus durch den Haupteingang und hörte Cynthia und eine sanftere weibliche Stimme im Salon. Als er hineinging, sahen beide Frauen überrascht auf.
Sofort wandte seine Mutter sich ihm übertrieben freundlich zu. „Judd, du kommst aber früh nach Hause! Du kannst mir gleich bei der Auswahl helfen.“ Vor ihr lagen viele Stoffmuster, von denen sie ihm das oberste hinhielt. „Das hier ist am schönsten, findest du nicht auch?“
„Nein. Finde ich nicht.“ Zu der Dekorateurin sagte er: „Tut mir leid, dass Sie hier Ihre Zeit verschwendet haben. Wir brauchen Sie im Moment nicht.“
Die junge Frau erschrak, packte aber sofort diskret ihre Stoffe ein.
Mit gerunzelter Stirn saß Cynthia da und schwieg. Vor einer Fremden würde sie sich nie zu irgendwelchen Temperamentsausbrüchen hinreißen lassen, aber Judd wusste, dass sie insgeheim vor Wut kochte. Sie hasste es, wenn man ihre Pläne durchkreuzte.
Aber er kümmerte sich nicht darum. Jetzt ging es um seine eigenen Gefühle. Als er die Dekorateurin hinausbegleitet hatte und in den Salon zurückging, spürte er, wie verspannt er war.
Cynthia sprang auf. „Wie kommst du dazu, mir so etwas anzutun?“
„Du bist zu weit gegangen“, antwortete er. Seltsam, gerade ihr wütender Gesichtsausdruck ließ ihn völlig ruhig werden. „Das Haus gehört immer noch mir.“
„Komm mir jetzt nicht damit, dass du nach alldem deine Meinung geändert hast. Von Rechts wegen ist es mein Haus, schon immer. Ich wette, dahinter steckt dieses Flittchen Anna Garrick. Wahrscheinlich hat sie den ganzen Morgen auf dich eingeredet. Frauen wie sie versuchen immer, Männer zu betören, und dann gängeln sie sie den Rest ihres Lebens.“
„Hast du es so mit Charles gemacht?“, fragte Judd scharf.
Sie holte aus und gab ihm eine Ohrfeige. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte seine Mutter ihn geschlagen. Er rieb sich die schmerzende Wange.
„Da das jetzt erledigt ist, würdest du mir bitte antworten?“, sagte er.
„Was fällt dir ein! Wie kannst du es wagen!“
„Nein, Mutter, die Frage muss lauten: Wie konntest du es wagen, mich jahrelang anzulügen? Welche Mutter sorgt absichtlich dafür, dass Vater und Sohn sich entfremden?“
„Ich hab das alles nur für dich getan, Judd. Ich liebe dich doch! “
„Ich bezweifle, dass du je jemanden oder etwas anderes geliebt hast als dich selbst und dieses Haus.“
„Du verstehst das nicht.“
„Oh doch, ich glaube schon. Du warst jung und unerfahren, als du Charles kennengelernt hast. In ihm hast du die Chance deines Lebens gesehen. Ist ja auch verständlich.“ Nachdenklich sah er sie
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