So sinnlich wie dein Kuss
sie direkt ins Herz traf. Anna schluckte. „Du bist mir aber nicht böse, dass ich das nicht glauben kann!“
Er lachte bitter. „Kann ich dir nicht verübeln. Aber es ist die Wahrheit. In meiner Welt bist du das einzig Gute. Nur du bist ehrlich zu den Menschen, die du liebst. Heute habe ich erkannt, dass das, was ich für die Wahrheit gehalten habe, nichts als eine Lüge war. Eine Lügenwelt, die eine Person aufgebaut hat, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Und die ein Mensch aufrechterhalten hat, der zu stolz war, diese Aufmerksamkeit zu gewähren.“
„Was meinst du damit?“, fragte Anna verwirrt.
Judd sah sie traurig an. „Meine Mutter hat mich fast mein ganzes Leben lang belogen. Dass ich sie heute zwingen musste, die Wahrheit zu sagen, war unglaublich hart für mich.“
„Aber wie bist du darauf gekommen?“
„Charles hat mir im Krankenhaus seine Sicht der Dinge erzählt. Er ist noch sehr schwach und hat sich daher auf die wichtigsten Fakten beschränkt, aber jetzt sehe ich ihn nicht mehr als den Bösewicht, sondern als das, was er wirklich ist. Ein Mann mit Schwächen, aber auch vielen Stärken. Ich wusste, dass er meiner Mutter eine Affäre vorgeworfen hatte. Das hat sie mir erzählt, als ich fünfzehn war. Aber sie hat mir verschwiegen, dass sie selbst ihm das vorgegaukelt hat. Sie hat ihm gesagt, ich wäre nicht sein Sohn.“
Er schüttelte den Kopf. „Und ich habe davon nichts geahnt und wollte ihn vernichten. Unglaublich! Jetzt sind mir endlich die Augen aufgegangen.“
„Deine Absichten waren schäbig. Und dein Verhalten mir gegenüber auch.“
„Ich weiß, und glaub mir, du kannst dir nicht vorstellen, wie leid mir das tut. Anscheinend liegt Unaufrichtigkeit bei mir in der Familie. Jahrelang hat meine Mutter Charles belogen, was seine Vaterschaft zu mir betrifft. Damit wollte sie ihm sein gleichgültiges Verhalten heimzahlen. Sie wusste ja nicht, dass ein handfestes Problem dahintersteckte.“
„Sein Diabetes“, sagte Anna. „Meine Mom hat erzählt, dass er schon lange daran litt, bevor die Krankheit erkannt wurde.“
„Ja, er war zu stolz, um Hilfe zu suchen. Und er hatte Angst, seine schöne junge Frau deshalb zu verlieren. Er hat sich in die Arbeit gestürzt, um ihr wenigstens den Lebensstil bieten zu können, den er ihr versprochen hatte.“
Judd atmete tief ein. Dann fuhr er fort: „Heute habe ich schreckliche Dinge über meine Familie erfahren, Anna. Und über mich selbst. Dinge, für die ich mich aus tiefstem Herzen schäme. Ich möchte alles wiedergutmachen, wenn du mir die Chance dazu gibst. Jeder verdient eine zweite Chance. So ist es doch, oder? Ich will, dass alles so wird, wie es sein soll.“
„Ich weiß nicht, ob ich das fertigbringe, Judd. Seit ich denken kann, habe ich den Leidensweg meiner Mutter vor Augen gehabt, die nie wirklich geliebt wurde. Dabei hatte sie mehr verdient als das, viel mehr. Und ich auch. Von klein auf habe ich mir vorgenommen, mich nur auf einen Mann einzulassen, der mich uneingeschränkt liebt und für den unsere Beziehung das Wichtigste im Leben ist.“
Sie seufzte. „Als ich begriffen habe, dass du mich nur für deine Rache benutzt hast, fühlte ich mich unendlich gedemütigt. Ich weiß nicht, ob ich dir das verzeihen kann. Ich weiß es wirklich nicht …“
Er ging zu ihr, nahm ihre Hand und streichelte sie.
„Ich liebe dich, Anna. Ich habe noch nie einem Menschen so vertraut wie dir. Durch das abschreckende Beispiel meiner Eltern habe ich es nicht gewagt, mich auf wahre Gefühle einzulassen, wollte mich nie verletzlich zeigen. Aber mit dir ist alles anders. Zu dir habe ich Vertrauen, dich kenne ich wirklich. Du bist grundehrlich und hast die Fähigkeit zu lieben – alles Dinge, die ich vorher nicht gekannt habe. Für dich würde ich alles tun. Ich schwöre dir: Von jetzt an bist du das Wichtigste für mich. Bitte lass mich dir beweisen, wie sehr ich dich liebe.“
Anna blickte ihn an und sah den flehentlichen Ausdruck in seinen Augen. Sie wollte Ja sagen, aber sie zögerte noch. In den letzten Wochen hatte sie unendlich gelitten. Auch wenn sie ihre glücklichsten Momente dabei erlebt hatte – sie hatte Tiefschläge einstecken müssen, die sie kein zweites Mal aushalten würde.
Nach einem unregelmäßigen Atemzug sagte sie: „Wenn ich dich bitten würde, mir deine Liebe zu beweisen, indem du jetzt gehst, nie wieder mit mir sprichst und mich nie wiedersiehst … Würdest du das tun?“
Sie sah den Schmerz in seinen Augen,
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