So soll er sterben
Ihnen folgen, aber dennoch…«
»Sie haben Besseres zu tun mit Ihrer Zeit?«
Vorsichtig nahm Storey einen Schluck aus der Tasse und wischte sich mit dem Handrücken den Schaum von der Oberlippe. »Ich bin nicht einmal sicher, ob wir solche Daten überhaupt vorliegen haben, nicht in einer Ihnen nützlichen Form.«
»Im Moment würde ich mich mit allem zufrieden geben.«
»Glauben Sie, dass die Freundin etwas mit dem Mord zu tun hat?«
»Ich vermute, dass sie Angst hat.«
»Weil sie etwas weiß?«
»Das kann ich erst sagen, wenn ich sie gefragt habe.«
Der Mann von der Einwanderungsbehörde schwieg. Rebus wartete und betrachtete derweil die Welt draußen vor dem Fenster. Die Leute gingen Richtung Princes Street, wahrscheinlich wollten sie einkaufen. An der Theke hatte sich eine Schlange gebildet. Die Leute hielten Ausschau nach einem freien Platz an einem der Tische. Zwischen Rebus und Storey stand ein freier Stuhl, und Rebus hoffte, dass niemand sich dort würde hinsetzen wollen; ein Nein konnte leicht als Beleidigung aufgefasst werden…
»Ich könnte einen ersten Suchlauf durch die Datenbank autorisieren«, sagte Storey schließlich.
»Das wäre phantastisch.«
»Ich mache Ihnen keinerlei Versprechungen.«
Rebus nickte.
»Haben Sie sich schon mal unter den Studenten umgeschaut?«, fragte Storey.
»Was für Studenten?«
»Ausländische Studenten. Gut möglich, dass sich ein paar aus dem Senegal in der Stadt befinden.«
»Gute Idee«, meinte Rebus.
»Freut mich, wenn ich Ihnen behilflich sein kann.« Schweigend tranken die beiden Männer ihren Kaffee. Danach verkündete Rebus, er wolle Storey zurück zum Lieferwagen begleiten. Er fragte, wie Stuart Bullen zum ersten Mal auf dem Radarschirm der Einwanderungsbehörde aufgetaucht war.
»Ich dachte, dass hätte ich Ihnen schon erzählt.«
»Mein Gedächtnis ist auch nicht mehr das, was es mal war«, entschuldigte sich Rebus.
»Es kam ein anonymer Hinweis. Das ist oft so: Die Leute wollen anonym bleiben, bis wir ein Ergebnis haben. Dann verlangen sie Geld.«
»Und wie lautete der Hinweis?«
»Nur, dass Bullen nicht sauber ist. Menschenschmuggel.«
»Und Sie haben diesen ganzen Apparat aufgrund eines einzigen Telefonanrufs in Bewegung gesetzt?«
»Der gleiche Anrufer hatte uns schon mal einen Tipp gegeben, und der war gut: ein Lkw, der mit einer Ladung Illegaler in Dover landete.«
»Und ich dachte, heutzutage hättet ihr in den Häfen jede Menge High-tech-Zeugs im Einsatz.«
Storey nickte. »Stimmt. Sensoren, die Körperwärme aufspüren… elektronische Spürhunde…«
»Dann hätten Sie diese Illegalen vielleicht auch so gekriegt?«
»Vielleicht, vielleicht aber auch nicht.« Storey hielt inne und sah Rebus an. »Was genau wollen Sie damit andeuten, Inspector?«
»Gar nichts. Was glauben Sie, will ich damit andeuten?«
»Gar nichts«, wiederholte Storey. Doch sein Blick strafte seine Worte Lügen.
An jenem Abend saß Rebus mit dem Telefon in der Hand am Fenster und redete sich ein, dass Caro vielleicht doch noch anrufen würde. Er hatte seine Plattensammlung durchgesehen und Alben herausgekramt, die seit Jahren ungespielt im Schrank lagen: Montrose, Blue Oyster Cult, Rush, Alex Harvey… Keines hatte länger als ein paar Songs auf dem Plattenteller gelegen, bis er zu
Goat’s Head Soup
gekommen war. Eine wahre Soundsuppe, jede Menge Ideen in einen Topf gerührt, doch nur die Hälfte der Zutaten trug zu einer Geschmacksverbesserung bei. Trotzdem besser – melancholischer –, als er es in Erinnerung hatte. Auf einigen Liedern war Ian Stewart zu hören. Der arme Stu, er war unweit von Rebus in Fife aufgewachsen und später ein vollwertiges Mitglied der Stones gewesen, bis der Manager beschieden hatte, dass er nicht das richtige Image besaß. Die Band hatte ihn noch für Studioaufnahmen und Tourneen engagiert.
Stu, der nicht aufgegeben hatte, obwohl sein Gesicht nicht erwünscht gewesen war.
Rebus konnte gut nachempfinden, wie sich das anfühlte.
Achter Tag
Montag
22
Montagmorgen, Stadtbücherei Banehall. Instantkaffee in Pappbechern, Doughnuts mit Zuckerguss aus einer Bäckerei. Les Young war im grauen Anzug erschienen, weißes Hemd, dunkelblaue Krawatte. Ein vager Hauch von Schuhcreme lag in der Luft. Sein Team saß an und auf den Tischen, manche rieben sich das verschlafene Gesicht, andere schlürften den bitteren Kaffee wie einen Zaubertrank. An den Wänden hingen Werbeposter für Kinderbuchautoren: Michael Morpurgo, Francesca
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