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So soll er sterben

Titel: So soll er sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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schneller an die Dunkelheit gewöhnten, und setzte sich in Bewegung, die Hände seitlich ausgestreckt, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Nach einer Weile öffnete er die Augen wieder und blinzelte mehrmals. Er konnte den feuchten Erdboden ausmachen, die gekrümmten Wände und die gewölbte Decke. Höchstwahrscheinlich von Menschenhand gemacht und jahrhundertealt. Old Town beherbergte ein Labyrinth aus Tunneln und Katakomben, die größtenteils nicht erforscht waren. Sie hatten den Einwohnern Schutz vor Eindringlingen geboten und heimliche Rendezvous und Verschwörungen ermöglicht. Vermutlich waren sie auch von Schmugglern benutzt worden. In jüngerer Zeit hatten die Leute alles Mögliche, von Pilzen bis zu Cannabis, darin anzubauen versucht. Einige Tunnel waren als Touristenattraktion geöffnet worden, die meisten jedoch sahen aus wie dieser: feucht und voll stickiger Luft.
    Der Tunnel machte eine Biegung nach links. Rebus holte sein Handy hervor, doch er hatte keinen Empfang, konnte den anderen nicht Bescheid geben. Von vorn hörte er Geräusche, ohne etwas zu sehen.
    »Stuart?«, rief er. Seine Stimme hallte von den Wänden wider. »Das ist doch hirnrissig, Stuart!«
    Er ging weiter, sah ein schwaches Leuchten in der Ferne, eine Person, die darin verschwand. Dann war es wieder dunkel. Eine Tür, diesmal in der Seitenwand, hatte sich hinter Bullen geschlossen. Rebus legte beide Hände an die rechte Wand, um die Tür nicht zu verpassen. Seine Finger berührten etwas Hartes. Ein Türknauf, ausgerechnet. Er drehte daran und zog, aber die Tür ging in die andere Richtung auf. Er versuchte es mit Drücken, doch jemand hatte etwas Schweres vor die Tür gestellt. Rebus rief um Hilfe, stemmte sich mit der Schulter gegen die Tür. Ein Geräusch auf der anderen Seite; jemand versuchte, einen Karton beiseite zu schieben.
    Dann öffnete sich die Tür. Sie war weniger als einen Meter hoch. Rebus bückte sich unter dem Rahmen hindurch. Die Tür befand sich auf ebener Erde. Als er sich aufrichtete, sah er, dass sie mit einem Karton voller Bücher blockiert worden war. Ein älterer Herr starrte ihn an.
    »Er ist zur Tür raus«, sagte er. Rebus nickte und humpelte in die angezeigte Richtung. Sobald er auf der Straße stand, wusste er, wo er sich befand: auf der West Port, vor einem Antiquariat keine hundert Meter vom Nook entfernt. Er hielt sein Mobiltelefon noch in der Hand. Es hatte wieder Empfang. Er blickte zur Ampel an der Lady Lawson Street, dann nach rechts zum Grassmarket – und sah, was er zu sehen gehofft hatte.
    Stuart Bullen, der, den Arm von Storey auf den Rücken gedreht, mitten auf der Fahrbahn in seine Richtung bugsiert wurde. Seine Kleider waren zerrissen und dreckig. Rebus blickte an sich hinunter. Er sah nicht viel besser aus, zog das Hosenbein hoch und stellte erleichtert fest, dass er nicht blutete und nur die Haut aufgeschürft war. Shug Davidson kam aus der Lady Lawson Street gerannt, das Gesicht vom Laufen gerötet. Rebus beugte sich vor, die Hände auf den Knien. Verspürte den Wunsch nach einer Zigarette, wusste aber, dass er nicht genug Atemluft hatte, sie zu rauchen. Richtete sich wieder auf und stand Auge in Auge mit Stuart Bullen.
    »Ich war am gewinnen«, verkündete er dem jungen Mann. »Echt.«
    Sie brachten Bullen zurück ins Nook. Die Nachricht von der Razzia hatte die Runde gemacht, und alle Kunden waren verschwunden. Siobhan befragte die Tänzerinnen, die wie aufgereiht an der Theke saßen. Barney Grant schenkte ihnen Nichtalkoholisches ein.
    Ein letzter Kunde kam hinter dem VIP-Vorhang hervor. Das plötzliche Verstummen jeglicher Geräusche hatte ihn misstrauisch gemacht. Er schien die Situation zu erfassen, zog sich die Krawatte zurecht und marschierte Richtung Ausgang. Rebus’ Hinken war daran schuld, dass er den Mann mit der Schulter streifte.
    »Verzeihung«, murmelte dieser.
    »Meine Schuld, Herr Stadtrat«, sagte Rebus und blickte ihm nach. Dann ging er zu Siobhan, grüßte Les Young mit einem Nicken. »Also, worum geht’s?«
    Es war Young, der ihm antwortete. »Wir haben ein paar Fragen an Stuart Bullen.«
    »Worüber?« Rebus’ Blick ruhte noch immer auf Siobhan.
    »Es geht um den Mord an Donny Cruikshank.«
    Jetzt richtete Rebus seine Aufmerksamkeit auf Young. »Na, so spannend das auch sein mag, Sie werden sich wohl hinten anstellen müssen. Sie sehen doch sicherlich ein, dass wir als Erste dran sind.«
    »Wer ist wir?«
    Rebus deutete auf Felix Storey, der Stuart Bullen

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