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So still die Toten

So still die Toten

Titel: So still die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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Unlogisch.
    Ihre Therapeutin hatte sie sogar ermutigt, ein »Gespräch« mit den bedrohlichen Orten zu führen und sie zu fragen, warum sie sie so ängstigten.
    »Nun«, murmelte sie, »weil sich vor drei Jahren ein Verrückter in mein Büro geschlichen und mir in den Bauch geschossen hat.«
    Sie hätte über die Absurdität ihres Gedankengangs lächeln müssen, wenn das alles nicht so erbärmlich gewesen wäre. Eine Einkaufstüte voller Kekse und Obst am Arm, hob sie die Hand zu dem Tastenfeld an der Haustür. Sie war tatsächlich in den Laden gegangen und hatte für den heutigen Termin ein paar Erfrischungen gekauft.
    Es war nett und höflich, Gästen Erfrischungen anzubieten. Sie hätte so etwas nie von sich aus getan – Teilen ging ihr gegen den Strich. Aber irgendwann hatte sie begriffen, dass kultivierte Frauen Tee und Gebäck anboten.
    Sie stieß die Tür auf, und der akustische Countdown des Alarms wurde ausgelöst, während sie durch den Eingangsbereich zum nächsten Tastenfeld ging und den Code eingab:
Mariah
.
    Mit der Tüte in der Hand drehte sie sich um, um die Eingangstür wieder abzuschließen. Zu ihrer Verblüffung stand Micah Cross in der Tür. Er trug einen halblangen Kamelhaarmantel, einen dunklen Anzug und einen weißen Rollkragenpullover. In seinen blitzblank geputzten Schuhen spiegelte sich das Licht der Außenlampe.
    Charlotte schrie auf, machte einen Satz und ließ die Tüte fallen. Das Geräusch von splitterndem Glas verriet ihr, dass das eben gekaufte Honigglas zerbrochen war. »Micah!«
    Er hob entschuldigend die gepflegten Hände. »Ich wollte Sie nicht erschrecken. Ich dachte, Sie hätten gehört, wie ich von der anderen Straßenseite Ihren Namen gerufen habe.«
    Charlottes Herz schlug so heftig, dass sie fürchtete, es könnte ihren Brustkorb sprengen. »Das habe ich nicht gehört.«
    Atme. Atme. Verdammt!
    »Ich habe Ihnen Angst eingejagt.«
    »Nein. Ich bin nur erschrocken.« Sie hatte ihre Ängste gut im Griff. Aber jetzt gerade liefen sie Amok und legten ihren gesunden Menschenverstand lahm.
    Er hielt Abstand zu ihr, als spürte er ihre Furcht. »Wir haben einen Termin.«
    »Ja. Ja. Ich weiß.« Sie schaute kurz zu der Tüte am Boden hinunter, schaffte es aber nicht, den Blick gänzlich von Micah abzuwenden. Das hier sah ihr überhaupt nicht ähnlich. Sie verlor oft die Fassung, funktionierte aber stets weiter. Jetzt fühlte sie sich wie ein Reh, das man in die Enge getrieben hatte.
    »Der Termin war für halb sieben angesetzt.«
    »In meinem Kalender steht sieben Uhr.« Sie seufzte. Er war einfach nur zu früh gekommen.
    »Gott, kein Wunder, dass ich Ihnen Angst eingejagt habe.«
    »Sie haben mir keine Angst eingejagt.« Wie zum Beweis biss sie die Zähne zusammen und sammelte die Erdbeeren ein, die auf den Teppich gerollt waren. »Ich bin nur erschrocken. Aber es ist alles in Ordnung.« Wäre es möglich gewesen, hätte sie mit ihrer Angst gesprochen und zu ihr gesagt:
Was soll das? Hör auf, mir derart zuzusetzen!
    Sie erhob sich und umklammerte den Griff ihrer Handtasche so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. »Es war einfach nur ein Missverständnis. So etwas passiert.«
    Micah deutete mit dem Daumen in Richtung Haustür. »Ich kann gehen und später wiederkommen. Wir können um sieben anfangen.«
    »Nein, nein. Das ist albern. Ich habe sämtliche Verträge aufgesetzt und zum Unterzeichnen fertiggemacht.« Sie lächelte schwach. »Ich wollte Ihnen Erdbeeren anbieten, aber ich fürchte, die sind jetzt Matsch.«
    »Ich weiß die Geste zu schätzen.« Er faltete die Hände. »Wollen wir hineingehen und die Verträge unterschreiben? Das würde mir ausgezeichnet passen. Ich habe um acht einen Termin mit meiner Marketingabteilung.«
    »Natürlich. Natürlich. Gehen wir.« Sie blickte in den dunklen Gang, der in den hinteren Teil der Kanzlei führte. Sie hasste die Dunkelheit. Aber Schwäche zu zeigen, würde ihren Ruf zerstören. Toughe Frauen fürchteten sich nicht vor der Dunkelheit.
    Sie hielt die Schultern gerade, betrat die Kanzlei und knipste das Licht an. Sie hatte geglaubt, sie würde sich beruhigen, wenn die Lampen erst einmal an waren, aber ihre Nerven flatterten immer noch.
    Sie lächelte Micah an. »Nehmen Sie bitte im Konferenzraum Platz. Ich hole die Verträge.«
    »Prima.«
    Charlotte eilte in ihr Büro, warf ihre Handtasche auf einen Stuhl und legte ihre zitternden Handflächen an ihr brennendes Gesicht. »Gott, was für ein Wahnsinn.« Ihre Ärztin

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