So stirbt kein Held
Marine gewesen sein, denn die
Uniformknöpfe bereiteten ihm überhaupt keine Schwierigkeiten, und bis ich die
Willenskraft aufgebracht hatte, ihm Einhalt zu gebieten, da war das schon
überflüssig: Mein hübsches neues Kleid lag ordentlich auf der Stuhllehne, und
ich lag sehr unordentlich quer über der Koje. Ich mußte schleunigst eine
wichtige Entscheidung treffen, aber aus Jasons glühenden Blicken schloß ich,
daß er diese Entscheidung gar nicht mir überlassen wollte.
Dann krachte etwas, die
Wohnwagentür flog auf, und es ertönte eine hohe Frauenstimme, die Jason
aufforderte, sich zu erheben, damit man ihn totschießen könne. Es ging einem
richtig auf die Nerven. Ich rappelte mich eilends in sitzende Stellung hoch, um
nachzusehen, wer das war, denn ich fürchte schon immer, daß ich eines Tages in
Unterwäsche erschossen werde. Nach Jasons Gesichtsausdruck zu urteilen, dachte
er genauso wie ich.
Peggy Banning stand in der Tür und bedrohte uns mit einem immensen Revolver; aus meiner Sicht
wirkte die Mündung groß genug für ein Schlachtgeschütz.
»Du hast ihn umgebracht«,
sprach Peggy mit leiser zornbebender Stimme, die einem noch mehr Furcht
einjagen konnte als ihr erster hysterischer Aufschrei. »Du hast ihn kaltblütig
ermordet, weil du eifersüchtig warst. Du konntest den Vergleich zwischen Lees
Erfolgen und deinem Mißerfolg nicht länger ertragen .«
»Du irrst dich, Peggy«, sagte
Jason und beobachtete sie gebannt.
Ihre Unterlippe wölbte sich
verächtlich. »Du lügst! Lee stand als Schauspieler ganz oben an der Spitze, war
der Star von Dead Shot , und mit dir geht es
derart bergab, daß du schon bald ganz unten bist. Er ging sogar mit deiner
früheren Frau, und du konntest nichts dagegen tun als dabeistehen und zuschauen .«
»Du siehst alles ganz falsch«,
sagte Jason ruhig. »Ich habe Lee nicht wissentlich erschossen. Der wahre Mörder
hat in meinem Revolver eine richtige Kugel gegen eine Platzpatrone ausgetauscht .«
»So ist es recht«, schnaubte
Peggy. »Kriechen sollst du! Kriech auf dem Bauch herum und bettle, Kemp! Aber
es wird dir nichts nützen. Ich werde dich erschießen, so wie du Lee erschossen
hast — nur mit einem Unterschied: Du weißt vorher, was dir blüht .«
Ich bekam langsam einen Krampf,
weil ich so unbeweglich hockte, deshalb bewegte ich vorsichtig die Beine ein
bißchen und schob mir gleichzeitig den Unterrock hinunter. Es war ein Jammer,
daß Peggy nur eine Frau war, sonst hätte ich sie mit meinen Beinen ablenken
können. Aber so wackelte ihr Revolver kein bißchen. Je mehr ich über die Lage
nachdachte — in punkto Taktik bin ich nämlich Expertin, das habe ich mal von
einem Marinesergeanten zusammen mit der Kunst waffenloser Selbstverteidigung
erlernt —, desto mehr gelangte ich zur Ansicht, es sei nun an mir, etwas zu
unternehmen. Denn wenn Jason auch nur mit der Wimper zuckte, jagte ihm Peggy
wahrscheinlich eine .45er-Kugel dorthin, wo es am fatalsten ist.
»Meine liebe Peggy«, sprach ich
sanft und schenkte ihr ein Lächeln der Marke »Wir-Frauen-unter-uns«. »Sie
werden doch da nichts überstürzen? Nehmen wir mal an, Jason hat recht . Ich meine, dann könnten Sie es sich doch nie im Leben
verzeihen, daß Sie ihn erschossen haben, nicht? Und das Gericht auch nicht...«
»Halten Sie den Mund, Sie
weiblicher Muskelprotz !« herrschte sie mich an.
»Muskelprotz ?« schrie ich zurück. »Wagen Sie es ja nicht, mich so zu nennen! Meine Kurven
mögen ein bißchen großzügig geraten sein — und wenn wir ehrlich sind, meine
Liebe, dann wären Sie über ein bißchen davon ganz froh, nicht? —, aber das sind
keine Muskeln, das ist eben nur so, wie’s sich gehört !«
»Ich froh über ein bißchen
davon ?« zischte Peggy. »Oh, du dicke Schlampe...«
»Schlampe !« kreischte ich. »Du siehst dafür aus wie eine Bohnenstange! Du brauchst dir die
Haare nur noch als Bürste schneiden lassen, dann rufen die Boys dich >Hallo,
Mac< !«
Sie hatte mich so erzürnt, daß
ich den Revolver ganz vergaß und mich zum Kampf erhob.
»Mac?« Peggy bebte vor
unbeherrschtem Zorn. »Du hast’s herausgefordert, Mavis ,
und du sollst es haben — sofort !«
Ich war zwei Schritte auf sie
losgegangen, während sie noch redete, aber dann fror ich auf der Stelle fest,
weil sie nämlich den Revolver in meine Richtung schwenkte und ich haargenau in
die Schiffskanonenmündung blickte.
»Die können mich nur einmal in
die Gaskammer sperren !« Peggy spie mir die Worte
Weitere Kostenlose Bücher