So stirbt kein Held
hat mir die Stimmung vermasselt,
deshalb bringe ich sie heim und ziehe mich dann ebenfalls in meine Kemenate
zurück .«
Ich griff nach meinem Kleid,
aber Jason kam mir zuvor. Und ich muß gestehen, daß er Peggy die Wahrheit
gesagt hatte, als er von dem Gentleman in sich sprach. Die zarte Sorgfalt, mit
der er mir beim Ankleiden half, ließ mich an den berühmten Kavalier aus der
Geschichte denken, an Sir Walter Rallye, der seinen besten Mantel in den Dreck
warf, damit Queen Elizabeth nicht feucht wurde und sich vielleicht erkältete,
während sie sich in diesem miesen englischen Klima unterhielten.
Nur eins mußte ich berichtigen:
Jason war wohl doch nicht bei der Army gewesen, denn
beim Zuknöpfen hatte er seine liebe Not mit den Uniformknöpfen; er fummelte an
jedem lange herum, und dann probierte er immer noch mal an dem
vorhergegangenen, ob er auch wirklich zu war. Schließlich sagte ich, das könne
ich gar nicht verstehen, weil er sie doch so spielend leicht aufbekommen habe,
aber er war derart mit Fummeln beschäftigt, daß er mich gar nicht hörte.
Peggy war noch immer
ohnmächtig, als er endlich fertig wurde. Ich schulterte sie, und Jason öffnete
mir die Tür.
»Überleg dir’s noch mal und komm
zurück, Liebste, bitte«, bat er, als ich an ihm vorüberschritt. »Selbst wenn
wir nur noch ein bißchen plaudern und ein Gläschen trinken...«
»Ich denk’ drüber nach«,
versprach ich. »Aber offen gestanden glaube ich nicht, daß es klappt, denn ich
muß mich noch um Haar und Hüften kümmern .«
Jason starrte mich groß an.
»Worum kümmern ?«
»Zweihundert Bürstenstriche
fürs Haar und Gymnastik für die Hüften«, erläuterte ich. »Ein Mädchen muß in
Form bleiben, mein Lieber, sonst ist sie mir nichts, dir nichts mit irgendeinem
trüben Kerl verheiratet, dessen ganzer Spaß darin besteht, daß er bei der
Elternversammlung dumme Fragen stellt .«
Ich verließ den Wohnwagen und
schleppte Peggy zu ihrer Behausung, die wegen der Starrolle ihres verblichenen
Gatten eine der komfortabelsten im Camp war. Sie besaß sogar zwei richtige
Betten an Stelle der üblichen Kojen.
Unmittelbar nachdem ich sie
aufs erste beste der beiden hatte gleiten lassen, schlug sie die Augen auf und
sah mich teilnahmslos an.
»Immer mit der Ruhe, Liebste«,
sagte ich. »Alles ist okay. Sie brauchen jetzt eine ruhige Nacht mit viel
Schlaf .«
»Ich muß den Verstand verloren
haben«, flüsterte sie. »Nachdem es passiert war, bin ich geradeswegs
hierhergegangen und habe auf dem Bett gesessen und gegrübelt. Ich muß mich dabei
so aufgeregt haben, weil ich Lee verloren habe, daß ich nicht mehr klar denken
konnte. Es tut mir so leid, Mavis .«
»Denken Sie nicht mehr dran«,
meinte ich heiter. »Mir tut es auch leid, daß ich Sie so fest gehauen habe .«
»Ich hatte es verdient«, sagte
sie. »Und richten Sie bitte auch Jason Kemp aus, daß es mir leid tut, ja?«
»Gern.« Ich nickte. »Wollen Sie
sich jetzt nicht lieber ausziehen und schlafen legen ?«
»Das Komische daran«, sagte sie
tonlos, »ich habe Lee geliebt. Ich war verrückt nach ihm. Dabei war er nicht
mal ein netter Kerl, sondern war ein Schuft, Mavis ,
ein ganz gemeiner Schuft !«
»Sie sollten nicht mehr dran
denken«, sagte ich mitfühlend. »Wollen Sie’s nicht mal mit Einschlafen
versuchen ?«
»Er wurde nie richtig
erwachsen«, sagte sie, ohne auf meine gutgemeinten Ratschläge zu hören. »Er war
ein großer Junge, aber ein böser, hochnäsiger Junge. Lucian Bliss hat ihn vom
reinen Nichts zum Star gemacht, und Lee hat seine Dankbarkeit gezeigt, indem er
einen neuen Vertrag forderte. Keine Frau unter 70 war in seiner Nähe sicher —
er war der räuberischste Mensch, den ich kannte. Jedes neue Frauenzimmer weckte
seine Besitzgier...«
Ein plötzlicher überirdischer
Ton von irgendwo draußen unterbrach Peggy mitten im Satz. Sie erbleichte. »Was
war das ?« flüsterte sie.
»Ich weiß auch nicht«, sagte
ich nervös. »Es hörte sich wie ein Schrei an oder so .«
Da war es wieder — und diesmal
bestand kein Zweifel mehr: Das war ein Schrei! Ein schrecklicher,
grauenerregender Ton, als leide jemand mörderische Schmerzen.
» Mavis !«
Peggy griff nach meiner Hand und drückte sie.
Ich schluckte und versuchte zu
lächeln. »Es wird schon nichts Schlimmes sein«, sagte ich und hatte Mühe, meine
Zähne vorm Klappern zu bewahren. »Ich sehe mal nach. Bin gleich wieder da .«
Ich stolperte ins Freie und
blickte ängstlich an der Reihe
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