So wahr uns Gott helfe
verstanden. Ihre Leute sind da. Was wollen Sie, Bosch?«
Bosch erhob sich und kam auf mich zu.
»Das Gleiche wollte ich Sie fragen. Weswegen ist Walter Elliot heute beim Abendessen so hochgegangen? Und wen haben Sie in der Buchhandlung angerufen?«
»Hören Sie, Elliot ist mein Mandant, und deshalb werde ich Ihnen nicht erzählen, worüber wir gesprochen haben. Das können Sie nicht von mir verlangen. Und was den Anruf im Buchladen betrifft, ich habe mir eine Pizza bestellt, weil ich, wie Sie und Ihre Kollegen vielleicht festgestellt haben, beim Abendessen keinen Bissen zu mir genommen habe. Sie können gern bleiben und auch ein Stück davon abhaben.«
Bosch musterte mich mit seinem üblichen Halblächeln und einem wissenden Blick seiner kalten Augen.
»So wollen Sie die Sache also halten, Herr Anwalt?«
»Vorerst.«
Darauf schwiegen wir beide eine Weile. Wir standen einfach nur da und warteten irgendwie auf den nächsten schlauen Spruch. Er kam nicht, und ich war wirklich müde und hungrig.
»Gute Nacht, Detective Bosch.«
Damit ging ich ins Haus, schloss die Tür hinter mir und ließ Bosch auf der Terrasse stehen.
VIERUNDVIERZIG
A m Dienstag erhielt ich erst spät am Nachmittag Gelegenheit, mir Detective Kinder vorzunehmen. Zuvor hatte der Staatsanwalt im Zuge der direkten Befragung seinen Zeugen noch einmal mehrere Stunden lang Details der Ermittlungen erläutern lassen. Das kam mir zugute. Ich hatte das Gefühl – und Julie Favreau bestätigte mir diesen Eindruck per SMS –, dass sich die Geschworenen angesichts der Spitzfindigkeiten der Zeugenbefragung zu langweilen begannen und sich lieber einem neuen Thema zugewandt hätten.
Die Befragung drehte sich in erster Linie um die ermittlungstechnischen Maßnahmen nach Walter Elliots Festnahme. Kinder schilderte dabei in aller Ausführlichkeit, wie er sich mit der Ehe des Angeklagten befasst und von dem kurz zuvor in Kraft getretenen Ehevertrag erfahren hatte. In diesem Zusammenhang hatte er unter anderem auch aufgedeckt, dass Elliot in den Wochen vor den Morden zu eruieren versucht hatte, wie viel Geld und Anteile an Archway ihn eine Scheidung kosten könnte. Mithilfe einer Zeittabelle, die er anhand von Elliots Angaben und diverser Unterlagen erstellt hatte, konnte er nachweisen, dass der Angeklagte für den mutmaßlichen Zeitpunkt der Tat kein glaubhaftes Alibi besaß.
Außerdem befragte Golantz den Detective zu sämtlichen Sackgassen und Nebengleisen der Ermittlungen. Kinder berichtete von den zahlreichen bei der Polizei eingegangenen Hinweise, die trotz pflichtschuldiger Überprüfung zu nichts geführt hatten, von den Nachforschungen zur Vergangenheit von Johann Rilz, bei denen festgestellt werden sollte, ob er unter Umständen das Hauptziel des Mörders gewesen war, und von einem Vergleich des Doppelmords mit ähnlichen ungelösten Fällen.
Alles in allem schienen Golantz und Kinder gründliche Arbeit geleistet zu haben, um meinem Mandanten die Morde in Malibu anzulasten. Und gegen drei Uhr nachmittags war der junge Staatsanwalt so zufrieden, dass er sagte: »Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.«
Jetzt war endlich ich an der Reihe. Ich hatte beschlossen, mich bei Kinders Kreuzverhör lediglich auf drei Punkte seiner Aussage zu beschränken und ihn dann mit einem unerwarteten Magenschwinger zu überrumpeln. Ich trat ans Pult, um mit der Befragung zu beginnen.
»Detective Kinder, ich weiß zwar, dass wir im späteren Verlauf des Prozesses noch zu hören bekommen werden, was der medizinische Gutachter zu der Sache zu sagen hat. Sie haben jedoch bereits zu verstehen gegeben, dass Ihnen nach der Autopsie mitgeteilt wurde, der Tod von Mrs. Elliot und Mr. Rilz sei am Tag der Morde schätzungsweise zwischen elf und zwölf Uhr mittags eingetreten.«
»Richtig.«
»Eher elf oder eher zwölf?«
»Das lässt sich nicht so genau feststellen. Bei dieser Angabe handelt es sich lediglich um den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen die Morde passiert sind.«
»Aha, und sobald Sie diesen zeitlichen Rahmen hatten, wollten Sie möglichst rasch den Nachweis erbringen, dass der von Ihnen bereits verhaftete Mann für diesen Zeitraum kein Alibi besaß, richtig?«
»So würde ich es nicht sagen, nein.«
»Wie würden Sie es dann sagen?«
»Es war meine Pflicht, weitere Ermittlungen zu dem Fall anzustellen und alles für den Prozess vorzubereiten. Im Zuge dieser Maßnahmen musste ich auch die Möglichkeit berücksichtigen, dass der Verdächtige ein Alibi für die
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