So wahr uns Gott helfe
Ruhe einkehrte. »Lang nichts mehr von dir gehört.«
»Schraub lieber mal wieder die Schalldämpfer in deinen Auspuff, Mann. Sonst wirst du noch taub, bevor du vierzig bist, und hörst von niemandem mehr was.«
»Ich bin längst über vierzig, und ich höre dich sehr gut. Was liegt an?«
Wojciechowski war ein selbstständiger Anwaltsermittler, den ich bei ein paar Fällen hinzugezogen hatte. Bei einer dieser Gelegenheiten war er, als er sein Honorar abholte, Lorna begegnet. Davor hatten wir uns allerdings schon mehr als zehn Jahre gekannt, wegen seiner Zugehörigkeit zum Road Saints Motorcycle Club, für den ich einige Jahre de facto als Hausanwalt fungiert hatte. Dennis trat zwar nie im RSMC-Outfit auf, wurde aber als außerordentliches Mitglied geführt. Sogar einen Spitznamen hatte ihm die Gruppe verpasst, weil es bereits einen Dennis auf der Mitgliederliste gab – der natürlich unter Dennis the Menace firmierte – und weil sein Nachname Wojciechowski unsäglich schwer auszusprechen war. Wegen seiner langen dunklen Haare und seines Schnurrbarts tauften sie ihn Cisco Kid. Daran änderte auch nichts, dass er hundert Prozent polnischer Abstammung und in der Southside von Milwaukee aufgewachsen war.
Cisco war ein großer, kräftig gebauter Mann, der sich bei seinen Ausflügen mit den Saints nie etwas hatte zuschulden kommen lassen. Er war nie festgenommen worden, und das zahlte sich aus, als er später seine Privatermittlerlizenz beantragte. Inzwischen war er in die Jahre gekommen, die Matte war ab und der mächtige Schnauzbart gestutzt und ergraut. Aber der Name Cisco und seine Vorliebe für alte, in seiner Heimatstadt gebaute Harleys waren ihm geblieben.
Cisco war ein gründlicher und umsichtiger Ermittler. Und noch ein weiteres großes Plus hatte er. Er war ein Hüne, und entsprechend einschüchternd konnte sein Auftreten wirken. Eine Eigenschaft, die sich besonders bei Ermittlungen im Halbweltmilieu als außerordentlich hilfreich erwies.
»Zuallererst, wo bist du gerade?«, fragte ich.
»In Burbank.«
»Geschäftlich?«
»Nein, nur eine kleine Spritztour. Warum, hast du was für mich? Hast du endlich wieder einen Fall übernommen?«
»Einen ganzen Haufen Fälle sogar. Und ich werde einen Ermittler brauchen.«
Ich gab ihm die Adresse von Vincents Kanzlei und bat ihn, so schnell wie möglich hinzukommen. Vincent hatte entweder eine ganze Schar von Ermittlern beschäftigt oder einen speziellen, und es konnte eine Weile dauern, bis Cisco sich in die Fälle eingearbeitet hatte. Doch damit konnte ich leben. Ich wollte unbedingt einen Ermittler, mit dem ich bereits zusammengearbeitet hatte und dem ich vertraute. Außerdem sollte Cisco die Aufenthaltsorte meiner neuen Mandanten ausfindig machen. Aus Erfahrung wusste ich, dass in Strafrechtsprozesse verwickelte Klienten nicht immer unter der Adresse anzutreffen waren, die sie im Mandantenpersonalbogen angaben.
Als ich das Gespräch mit Cisco beendete, stellte ich fest, dass ich bereits an Vincents Kanzlei vorbeigefahren war. Sie lag am Broadway auf Höhe der Third Street, und es herrschte zu viel Verkehr, um einfach zu wenden. Ich vergeudete zehn Minuten damit, mich wieder zurückzukämpfen, weil jede Ampel rot war. Als ich schließlich ankam, war ich so frustriert, dass ich beschloss, so bald wie möglich wieder einen Fahrer einzustellen, um mich weniger auf den Verkehr und mehr auf meine Arbeit konzentrieren zu können.
Vincents Kanzlei befand sich in einem sechsstöckigen Gebäude, das sich schlicht Legal Center nannte. Da es in der Nähe der wichtigsten Downtown-Gerichtshöfe für Straf- und Zivilrecht lag, hatten dort vorwiegend Prozessanwälte ihre Kanzleien. Es handelte sich also genau um die Sorte von Gebäude, dem die meisten Polizisten und Ärzte – beide Berufsgruppen ausgewiesene Anwaltshasser – bei jedem Erdbeben den Einsturz wünschten. Ich entdeckte die Einfahrt zum Parkhaus und rollte hinein.
Als ich den Parkschein zog, marschierte ein uniformierter Polizist auf mein Auto zu. Er trug ein Klemmbrett bei sich.
»Sir? Haben Sie in diesem Haus geschäftlich zu tun?«
»Deshalb will ich hier parken.«
»Sir, könnten Sie mir den Grund Ihres Aufenthalts nennen?«
»Warum wollen Sie das wissen, Officer?«
»Sir, wir führen in diesem Parkhaus polizeiliche Ermittlungen durch, und ich muss den Grund Ihres Aufenthalts erfahren, um Sie hier reinlassen zu dürfen.«
»Meine Kanzlei befindet sich hier im Haus«, erklärte ich. »Genügt Ihnen
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