So wahr uns Gott helfe
die ich zwei Wochen zuvor eingereicht hatte.
»Was soll das, Haller?«
»Was soll was? Er steht auf der Liste.«
»Das ist doch kompletter Blödsinn.«
»Nein, keineswegs. Er steht da seit zwei Wochen drauf.«
Ich erhob mich und ging an die Schranke. Ich reichte dem Mann die Hand.
»Deputy Stallworth, ich bin Michael Haller.«
Stallworth weigerte sich, mir die Hand zu schütteln. Vor sämtlichen Zuschauern blamiert, fuhr ich fort:
»Ich bin derjenige, der Sie vorgeladen hat. Wenn Sie bitte draußen auf dem Flur warten würden. Ich werde versuchen, Sie so schnell wie möglich dranzunehmen, wenn die Verhandlung beginnt. Im Augenblick können wir wegen des Richters noch nicht anfangen. Aber warten Sie einfach draußen, dann komme ich zu Ihnen.«
»Nein, hier handelt es sich um ein Versehen. Ich hatte nichts mit diesem Fall zu tun. Ich komme gerade vom Dienst und fahre jetzt nach Hause.«
»Deputy Stallworth, hier handelt es sich nicht um ein Versehen. Und selbst wenn es so wäre, können Sie nicht einfach nach Hause gehen, wenn Sie eine Vorladung erhalten haben. Nur der Richter kann Sie auf mein Ersuchen hin befreien. Er sähe es sicher nicht gern, wenn Sie jetzt einfach nach Hause gingen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie ihn gegen sich aufbringen möchten.«
Der Deputy schnaubte, als würden seine Nerven aufs Äußerste strapaziert. Er blickte hilfesuchend zu Golantz, doch der Ankläger hielt ein Handy an sein Ohr und flüsterte hinein. Ich hatte das Gefühl, es war ein Notruf.
»Hören Sie«, sagte ich zu Stallworth, »gehen Sie doch einfach nach draußen auf den Flur, dann komme ich …«
In diesem Moment wurden von der Tür des Richterzimmers aus mein Name und der des Anklägers gerufen. Ich drehte mich um und sah, wie uns die Protokollführerin zuwinkte. Endlich kam Bewegung in die Sache. Golantz beendete sein Telefonat und erhob sich. Ich wandte mich von Stallworth ab und folgte Golantz ins Richterzimmer.
Der Richter saß in seiner schwarzen Robe an seinem Schreibtisch. Er schien auf dem Sprung in den Gerichtssaal, aber irgendetwas hielt ihn zurück.
»Meine Herren, setzen Sie sich«, forderte er uns auf.
»Euer Ehren, möchten Sie auch den Angeklagten dabeihaben?«, fragte ich.
»Nein, das ist wohl nicht nötig. Nehmen Sie einfach Platz, dann sage ich Ihnen, worum es geht.«
Golantz und ich setzten uns nebeneinander vor den Richter. Mir entging nicht, dass Golantz wegen der Stallworth-Vorladung und ihrer möglichen Bedeutung innerlich kochte. Stanton beugte sich vor und verschränkte die Hände auf einem gefalteten Blatt Papier vor ihm auf dem Schreibtisch.
»Im Moment liegt eine eher ungewöhnliche Situation vor«, begann er. »Es geht um das Fehlverhalten eines Geschworenen, und die Angelegenheit befindet sich noch im Stadium der Aufklärung. Deshalb muss ich Sie um Entschuldigung bitten, dass ich Sie da draußen so lange im Dunkeln gelassen habe.«
An dieser Stelle machte der Richter eine Pause, und sowohl Golantz als auch ich sahen ihn fragend an. Sollten wir jetzt aufstehen und in den Gerichtssaal zurückkehren, oder konnten wir Fragen stellen? Doch Stanton sprach bereits weiter.
»In meinem Büro ist am Donnerstag ein an mich persönlich adressierter Brief eingegangen. Bedauerlicherweise bin ich erst am Freitag nach Verhandlungsschluss dazu gekommen, ihn zu öffnen. Gewissermaßen im Zuge meiner üblichen Wochenendaufarbeitung, nachdem ich alle nach Hause geschickt hatte. In dem Brief stand … Aber sehen Sie selbst, hier ist er. Ich habe ihn bereits angefasst, aber nehmen Sie ihn bitte nicht mehr in die Hände.«
Er entfaltete das Blatt Papier, drückte es mit seinen Händen flach auf die Tischplatte und ließ es uns lesen. Ich richtete mich auf, um mich über den Schreibtisch beugen zu können. Golantz war selbst im Sitzen groß genug und hatte das nicht nötig.
Richter Stanton, Sie sollten wissen, dass Geschworener Nummer sieben nicht der ist, für den Sie ihn halten, und auch nicht die Person, als die er sich ausgibt. Erkundigen Sie sich bei Lockheed, und lassen Sie seine Fingerabdrücke überprüfen. Er ist vorbestraft.
Das Schreiben sah aus, als stammte es aus einem Laserdrucker. Mit Ausnahme der zwei Knicke, mit denen das Blatt gefaltet worden war, befanden sich keinerlei weitere Spuren auf dem Papier.
Ich setzte mich wieder.
»Haben Sie das Kuvert noch, in dem es gekommen ist?«, fragte ich.
»Ja«, sagte Stanton. »Kein Absender, Poststempel aus
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