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So weit der Wind uns trägt

So weit der Wind uns trägt

Titel: So weit der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Laura, dafür war sie viel zu hässlich.
    Die Begrüßungszeremonie auf dem Flughafen verlief äußerst angespannt, und diese merkwürdige Stimmung legte sich auch nicht im weiteren Verlauf des Tages. Sie standen alle unter Schock. Laura tat es, weil Jack in den »freien« USA offensichtlich nicht all das gefunden hatte, was er dort zu finden gehofft hatte – er hatte sich, wie sich einige Tage später herausstellte, von der McCarthy-Hatz auf Kommunisten und Leute, die sich vermeintlich »unamerikanischen Umtrieben« verschrieben hatten, nie wieder erholt, wenngleich sein beruflicher Erfolg nach dieser schlimmen Ära wieder einsetzte. Elsa war schockiert, weil Laura eine so attraktive Frau war – sie hatte Fotos von ihr als junger Frau gesehen, aber dass sie auch im reiferen Alter noch eine solche Schönheit war, verstörte sie regelrecht. Und Jack traf es wie ein elektrischer Schlag, als sie mit dem Taxi durch die Stadt fuhren und er sah, dass sich Lissabon, zumindest in der Innenstadt, kaum verändert hatte. Die Erinnerungen brachen mit einer derartigen Wucht über ihn herein, dass seine Augen feucht wurden.
    Mit dem Gespräch unter vier Augen wurde es nichts. Elsa war immer dabei. Und es machte Laura auch nicht viel aus – den Jakob, mit dem sie vielleicht in alten Zeiten hätte schwelgen können, gab es ohnehin nicht mehr. Es war Laura vor João Carlos ein bisschen peinlich, dass dieser Fremde einmal ihr Geliebter gewesen war.
    Doch João Carlos fand die Gesellschaft anscheinend vergnüglich. Beim Essen, zu dem sie die Eheleute Waizman eingeladen hatten, fiel er mit Fragen über sie her, die dank ihrer vorgeblichen Naivität die angespannte Situation entschärften. Laura wusste, dass João Carlos sich dümmer stellte, als er war, und sie wusste auch, dass er es ihr zuliebe tat: Er wollte keine bedrückende Stille aufkommen lassen, und er war der einzige Anwesende, den die Vergangenheit so wenig belastete, dass er Fragen stellen konnte, die bei jedem anderen als ungehörig empfunden worden wären. In welcher Sprache sie sich zu Hause unterhielten, begehrte João Carlos etwa von den Gästen zu wissen. Eine berechtigte Frage – Jacks Portugiesisch hatte einen amerikanischen und sein Englisch einen deutschen Akzent. Und das Deutsche, seine Muttersprache, hatte er wahrscheinlich komplett vergessen. »Ein Mischmasch aus Englisch und Deutsch«, antwortete Jack, woraufhin João Carlos weiterbohrte, wie es denn sei, nicht einmal mehr in der Sprache eine echte Heimat zu haben.
    »Wir haben in uns eine Heimat«, sagte Elsa.
    Laura hätte sie für ihren salbungsvollen Ton erschießen können. Sie stand auf, um in der Küche nach dem Essen zu sehen, obwohl es da nicht viel zu überprüfen gab. Als sie sich gesammelt hatte und sich wieder an den Tisch setzte, drehte sich das Gespräch um die Reiseroute der Waizmans.
    »Am Mittwoch wollen wir dann zu Jacks Sohn fahren«, hörte sie Elsa gerade sagen. Lauras Mordlust wuchs. Wollte diese vertrocknete, unfruchtbare Person sie, die Mutter von
Jacks Sohn
, zu einer Legehenne herabwürdigen?
    »Welchen seiner Söhne meinen Sie denn?«, fragte sie und fand eine ungeheure Befriedigung darin, dass Elsa für einen Augenblick blass wurde.
    »Rick hat uns von seiner Flugschule erzählt«, mischte sich nun Jack ein, und Laura fand es abscheulich, dass er Ricardo »Rick« nannte. Das war ja noch schlimmer als »Jack«. »Scheint ja ganz gut zu laufen«, fuhr er fort. »Sind Sie«, fragte er João Carlos, »schon einmal mit ihm geflogen? Er ist ein echtes Ass.«
    »Nein, das Vergnügen hatte ich leider noch nicht.«
    »Und du, Laura? Bist du mal mit ihm geflogen? Hat er auch diesen schrecklichen
stall
mit dir durchgeführt? Also, ich sage dir, ich bin tausend Tode gestorben! Rick hat mich hinterher dafür ausgelacht, und ich war so froh, dass ich es überlebt hatte, dass ich ebenfalls laut gelacht habe.«
    »
Ricardo
«, sagte Laura mit überdeutlicher Betonung, »würde sich mit seiner Mutter solche makabren Späße nicht erlauben.« Das entsprach zwar der Wahrheit, doch es sagte nichts darüber aus,
warum
er es nicht tat. Laura war insgeheim beleidigt, dass Ricardo mit Jack geflogen war, sie aber nie dazu eingeladen hatte. Nun ja, vermutlich wäre sie eh nicht in so eine klapprige Maschine eingestiegen – sie hatte auch in größeren Flugzeugen Angst vor dem Fliegen.
    »Ich finde es jedenfalls großartig«, sagte Jack in seinem aufgesetzt munteren Ton, »dass du ihm damals die

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