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So weit der Wind uns trägt

So weit der Wind uns trägt

Titel: So weit der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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sehr gut zur Geltung brachte, nahm mit einem einzigen kurzen Blick seine erotische Ausstrahlung wahr – und dann war sie auch schon weggelaufen.
    Die Überraschung war Mariana immerhin gelungen, wenn auch nicht so, wie diese sich das vorgestellt hatte. Fernando hatte sich ganz offensichtlich gefreut, sie wiederzusehen – und wie hatte sie ihm sein Kommen gedankt? Indem sie ihm das Gefühl gab, ihr würde von seinem Anblick schlecht. Dass ihr Magen ohnehin schon rebelliert hatte, weil sie zu viel gegessen und getrunken hatte, weil die Luft im Salon zum Zerschneiden dick war und weil sie im Geiste noch bei dem unerfreulichen Erlebnis auf der Rückbank des Automobils weilte, das konnte er ja nicht ahnen. Der Schock des Wiedersehens hatte ihr den Rest gegeben.
    Draußen hatte sie sich übergeben müssen. Rui war hinter ihr hergelaufen und hatte sich um sie gekümmert, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, ganz so, als sei es für ihn die alltäglichste Sache der Welt. Kurz darauf war auch Mariana in dem Garten vor der Veranda erschienen. Jujú hatte sich aufgerichtet, ihre Schwester angebrüllt – »Was fällt dir ein? Bring ihn hier weg!« – und ihr ins Gesicht geschlagen. Aber es war schon zu spät gewesen. Fernando stand an der Treppe, die von der Veranda in den Garten führte, und hatte alles beobachtet. Oh Gott, was für eine Blamage!
    Als Jujú den Eindruck hatte, sie könne nun aufstehen, ohne dass ihr Kopf zersprang, schwang sie die Beine aus dem Bett und blieb auf der Kante sitzen. Ihr war schwindelig – ob von der plötzlichen Bewegung oder von den vielen Fragen, die in ihrem Kopf herumschwirrten, hätte sie nicht zu sagen vermocht. Was war geschehen, nachdem sie auf ihr Zimmer geflüchtet war? Hatten Rui und Fernando sich kennengelernt? War Mariana vielleicht ebenfalls in Tränen ausgebrochen? Oder hatten die drei Zeugen ihrer Schmach womöglich noch einträchtig beieinander gesessen und das merkwürdige Schauspiel kommentiert? Hatten sie dabei gelacht? Oder vielmehr verwundert und besorgt die Köpfe geschüttelt? Ganz gleich, wie unangenehm es Jujú war, jetzt hinunter in die Wohnräume zu gehen und sich den Fragen ihrer Familie zu stellen: Sie musste sich einfach Klarheit verschaffen, und zwar sofort. Hastig warf sie sich einen Morgenrock über, schlüpfte in ihre Hausschuhe, spritzte sich ein wenig Wasser ins Gesicht und betrachtete sich während des Abtrocknens kurz im Spiegel. Gar so schlimm, wie sie befürchtet hatte, sah sie nicht aus. So würde sie sich blicken lassen können.
     
    Im Speisezimmer stand noch immer die lange Tafel. Es saßen nur Isabel und ihr Mann daran. Da auch die angereisten Familienmitglieder sowie Octavios Angehörige im Haus übernachtet hatten, waren sie – Jujú überschlug kurz die Zahl – genau siebzehn Personen. Dreizehn Erwachsene, vier Kinder. An einigen Plätzen lagen Brötchenkrümel und benutzte Servietten. Wahrscheinlich waren Joana und ihre Familie die Ersten gewesen, die gefrühstückt hatten. Einige Plätze waren dagegen noch frisch eingedeckt. Jujú war froh, nicht die Letzte zu sein.
    »Guten Morgen«, begrüßte sie ihre Schwester und ihren Schwager.
    »Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?« Mit maliziösem Lächeln bestrich Isabel ein
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mit Marmelade.
    Oje – das fing ja gut an. Oder sollte sie Isabels Mimik gar nicht auf sich beziehen? Ihre Schwester konnte, glaubte Jujú, gar kein anderes als dieses gemeine kleine Lächeln aufsetzen.
    »Danke, sehr gut. Und ihr?«
    »Grauenhaft«, entfuhr es Raimundo. »Unser Zimmer liegt genau über dem Salon, wie du weißt, und da ging es anscheinend noch bis tief in die Nacht hoch her.«
    »Wir hatten uns extra früh zurückgezogen, weil wir heute zeitig losfahren wollten«, ergänzte Isabel. »Aber da wir erst um drei Uhr morgens überhaupt eingeschlafen sind, sind wir jetzt ein bisschen spät dran.« Sie blickte zur Wanduhr. »Ach du liebe Güte, Raimundo, es ist schon nach elf!«
    Jujú fiel ein Stein vom Herzen. Die beiden hatten also schon einmal nichts von ihrem Aussetzer mitbekommen.
    »Schlafen die anderen noch?«, fragte sie.
    »Joana, Gustavo und die Kinder sind schon unterwegs zum Stausee. Sie wollen dort angeln.« Angewidert verzog Isabel das Gesicht. »Mariana habe ich auch schon gesehen, aber gefrühstückt hat sie, glaube ich, noch nicht. Obwohl das ja eigentlich nicht sein kann.« Sie gackerte über ihre vermeintlich witzige Beobachtung. »Papá und Mamã müssten gleich kommen.

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