So weit die Hoffnung trägt - Roman
Frau frage?«
»Nein.«
»Ich verstehe es, wenn Sie nicht über sie reden wollen.«
»Es ist schon okay.«
»Wie haben Sie sie verloren?«
»Wir haben in einem Vorort mit einer Pferdekoppel gelebt. Eines Tages ist sie reiten gegangen, und ihr Pferd hat gescheut und sie abgeworfen. Sie hat sich die Wirbelsäule gebrochen.«
Ihre Miene verriet Bestürzung. »Das tut mir so leid. War sie sofort tot?«
»Nein. Sie bekam eine Infektion. Sie starb einen Monat später.«
»Das tut mir so leid«, sagte sie noch einmal. Sie senkte für einen Moment den Blick. »Ich habe mich gefragt, ob es besser ist, einen geliebten Menschen im Laufe der Zeit sterben zu sehen – oder ihn ganz plötzlich zu verlieren, ohne zu sagen, was man gern noch gesagt hätte.«
»Sie sterben zu sehen war nicht leicht. Aber wir haben uns alles gesagt, was wir sagen mussten. Ich nehme an, wenn ich es noch einmal durchmachen müsste, dann würde ich mich dafür entscheiden, diese zusätzliche Zeit mit ihr zu haben. Aber sie war diejenige, die Schmerzen litt, daher nehme ich an, das ist egoistisch von mir.«
»Ich finde nicht, dass es egoistisch ist. Ich finde, es ist wunderschön.« Sie sah auf ihren Teller. »Ich glaube, ich würde mich auch für die Zeit entscheiden.«
Die Unterhaltung brach ab, geschluckt von einer Wolke Traurigkeit. Einen Augenblick später sagte Analise: »Ich glaube, das hat die Stimmung irgendwie ruiniert. Tut mir leid, dass ich es zur Sprache gebracht habe.«
»Nein, es tut gut, manchmal darüber zu reden. Ich schleppe viele Gefühle mit mir herum, und ich habe nie die Gelegenheit, ihnen freien Lauf zu lassen. Manchmal glaube ich, gleich zu explodieren.«
»Wie lange nach ihrem Tod haben Sie beschlossen, sich auf den Weg zu machen?«
»Zwei Tage nach ihrer Beerdigung. Während ich mich um sie kümmerte, verlor ich meine Firma, und unser Haus wurde unter Zwangsvollstreckung gestellt. Am Tag nach der Beerdigung teilte mir die Bank mit, dass sie mir mein Zuhause wegnehmen würde.«
»Das ist ja schrecklich.«
»Ja, das war es. Mich hat nichts mehr gehalten, daher habe ich einfach meine Sachen gepackt und bin losgegangen.«
»Ich weiß, ich habe Sie das vorhin schon gefragt, aber warum Key West?«
»Es war der am weitesten entfernte Punkt auf der Karte.«
Sie ließ meine Worte einen Augenblick auf sich wirken. Dann sagte sie leise: »Das verstehe ich besser, als Sie vielleicht glauben.« Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Und bevor Sie losgegangen sind, was haben Sie da gemacht?«
»Ich hatte eine Werbeagentur.«
»Das ist die Firma, die Sie verloren haben?«
Ich nickte. »Ja.«
Auf einmal lächelte sie. »Haben Sie Ihre Haare schon so lang getragen, als Sie ein Geschäftsmann waren?«
»Nein, ob Sie’s glauben oder nicht, ich sah früher richtig anständig aus. Kurze Haare, ordentlich rasiert, Armani-Anzüge und Button-down-Hemden von Brooks Brothers, schwer gestärkt. Man lässt sich irgendwie gehen, wenn man auf der Straße ist.«
»Aber es passt. Ich finde, es sieht irgendwie verwegen aus.Sie sehen aus wie einer dieser Typen auf den Titelblättern der Kitschromane, die wir in unserem Laden verkaufen.«
»Sie meinen, ich sehe aus wie Fabio?«
Sie legte den Kopf auf die Seite und grinste breit. »Ein bisschen vielleicht. Sie sind kein Italiener. Und Sie sind nicht so knackig.«
»Ich bin nicht so knackig wie Fabio?«
»Verstehen Sie mich nicht falsch, Sie sind gut in Form, aber einfach nicht so …«
»Ich weiß. Fabio-knackig.«
Sie lächelte ironisch. »Entschuldigung.«
»Dann bin ich eben nicht Fabio«, sagte ich. »Aber ich kann zwei Dinge, die er nicht kann.«
Sie beugte sich vor. »Sagen Sie’s mir.«
»Erstens einmal kann ich Wörter benutzen, die aus mehr als einer Silbe bestehen. Und zweitens«, sagte ich, wobei ich eine theatralische Pause einlegte, »kann ich Geschirr spülen.«
Sie stöhnte auf. »Wow. Das ist ja heiß. Ich glaube, jetzt haben Sie Fabio doch übertroffen.«
»Das dachte ich mir schon«, sagte ich.
»Wirklich? Sie können Geschirr spülen?«
»Ja, das kann ich. Kommen Sie.« Ich stand auf. »Erledigen wir das.«
Sie stand auf. »Sie müssen mir wirklich nicht helfen.«
»Oh, das ist ja gut, einen Moment lang dachte ich schon, Sie würden mir eine Pistole an den Kopf halten und mich zwingen, das Geschirr zu spülen. Aber da Sie das nicht tun, werde ich einfach lesen oder so, während die erschöpfte, Vollzeit berufstätige Mutter zweier Kinder, die mir eben ein
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