So weit die Hoffnung trägt - Roman
unglaubliches Essen gekocht und mich über Nacht zu sich nach Hause eingeladen hat, hinter mir herputzt. Ja, dabei fühle ich mich richtig gut.«
Analise lachte. »Na schön, ich hab’s verstanden. Sie spülen, und ich trockne ab und stelle weg.«
Wir trugen unsere Teller zur Spüle, und dann, während sie warmes Wasser ins Spülbecken laufen ließ, räumte ich das restliche Geschirr vom Tisch ab.
»Was wollen Sie damit machen?«, fragte ich, während ich die halb volle Schüssel mit Nudeln in die Küche trug.
»Wir decken sie mit Klarsichtfolie ab und stellen sie in den Kühlschrank. Die Folie ist in der Schublade dort drüben, in der dritten von oben.«
Ich hockte mich vor die Schublade. »Wollen Sie zuerst noch einen Teller für Ihren Mann herrichten?«
Sie sah mich fragend an. »Was?«
»Ich dachte, vielleicht wollen Sie …« Als ich sie ansah, begriff ich es auf einmal. Ich stand auf, stellte die Schüssel beiseite. »Es gibt gar keinen Ehemann …«
Im ersten Moment gab sie keine Antwort. Dann sagte sie: »Natürlich habe ich einen Ehemann. In Ihrem Zimmer steht ein Bild von uns.«
»Das ist ein altes Bild.«
Sie sagte nichts.
»Was ist mit ihm passiert?«
Sie stand nur da und sah mich ängstlich an. Keiner von uns sagte etwas. Mehrere Minuten schienen zu verstreichen, dann schüttelte sie den Kopf. »Es tut mir leid. Ich …« Sie holte einmal tief Luft. »Ich konnte doch nicht irgendeinen fremden Mann einfach zu mir nach Hause einladen.«
»Das Bild in meinem Zimmer …«
»Wurde drei Wochen vor seinem Tod aufgenommen. Vor drei Jahren.«
»Wie ist er ums Leben gekommen?«
»Bei der Arbeit. Er hatte einen Unfall mit einem Mähdrescher. Eines Tages ging er zur Arbeit und kam nicht mehr nach Hause.«
Auf einmal ergab alles Sinn. Ihr Interesse an McKale. Unsere Diskussion darüber, einen geliebten Menschen lieber plötzlich oder im Laufe der Zeit zu verlieren. Das Verhalten ihres Sohns.
»Wie kommt Ihr Sohn damit klar?«
»Er ist sehr wütend. Manchmal glaube ich, dass er mir die Schuld gibt. Ich weiß, das ist nicht gerade logisch, aber er ist ein Kind.«
»Und wie verkraften Sie es?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nicht gut. Sie wissen ja, wie das ist. Ich kann verstehen, warum Sie weggehen wollten. Es ist schwer, in dieser kleinen Stadt hier zu leben.«
»Warum ziehen Sie nicht weg?«
»Ich wüsste nicht, wohin. Meine Freunde leben alle hier oder in Tabor, und meine Geschwister sitzen alle in demselben finanziellen Boot wie ich. Meine Eltern können uns nicht helfen. Sie haben vor ein paar Jahren ihre Farm verloren und leben jetzt von Sozialhilfe in Omaha. Das würde ich auch tun, wenn Matts Eltern nicht wären. Wir hatten keine Lebensversicherung. Matt sagte, das sei nur Geldverschwendung, da seine Eltern so viel Geld hätten, und wenn etwas passieren sollte, würden sie sich um uns kümmern.«
»Und das tun sie?«
»Ja. Aber es hat seinen Preis. Sie lassen mich nicht gehen.«
»Wie können sie Sie denn aufhalten?«
»Wie können sie das nicht? Wenn ich gehe, werden sie mich enterben.«
»Das haben sie Ihnen gesagt?«
»Ins Gesicht«, sagte sie.
»Könnten Sie Ihr Haus nicht verkaufen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nicht auf diesem Markt. Glauben Sie mir, es gibt nicht viele Leute, die nach Sidney ziehen wollen. Außerdem gehört das Haus meinen Schwiegereltern. Wir haben uns das Geld von ihnen geliehen.« Sie seufzte. »Ich sitze hier fest. Ich habe nichts gelernt, das heißt, ich müsste Vollzeit arbeiten, nur um in irgendeiner heruntergekommenen Wohnung zu überleben, während jemand anders meine Kinder großzieht.«
»Ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten, aber Sie könnten wieder heiraten.«
»Nicht in Sidney. Die Männer hier sind entweder verheiratet, doppelt so alt wie ich, oder es gibt einen eindeutigen Grund, weshalb sie nicht verheiratet sind. Ich würde nur ein Problem gegen ein anderes tauschen.«
»Das heißt, Sie sitzen fest.«
Sie nickte. »Meine Schwiegereltern wollen, dass ich festsitze. Eine Freundin hat mir erzählt, meine Schwiegermutter hätte zu ihrer Mutter gesagt, sie wolle nicht, dass ich wieder heirate. Sie denke, es wäre zu verwirrend für die Kinder, und sie habe Angst, ich könnte ihnen die Enkelkinder entziehen. Aber ich glaube, es steckt vielleicht noch mehr dahinter. Meine Schwiegereltern waren nach Matts Tod am Boden zerstört. Mein Schwiegervater, Hank, saß am Steuer dieses Mähdreschers, als Matt ums Leben kam. Ich glaube, er gibt
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