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So weit die Wolken ziehen

So weit die Wolken ziehen

Titel: So weit die Wolken ziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Fährmann
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neugierig an. »Was gibt es? Wenn’s vertraulich ist, dann können wir in mein Zimmer gehen.«
    »Nein, nein«, antwortete Anna. »Es ist nur, weil in unserem Beet noch so viel Salat steht. Wir werden wohl bald weggehen. Vielleicht sagen Sie am Sonntag in der Messe, dass alle, die Salat brauchen, sich hinter dem Schloss ein paar Köpfe schneiden können. Wär doch schade, wenn sie schießen würden.«
    »Ich werde es in der Kirche am Schwarzen Brett anschreiben«, sagte der Pfarrer. »Schade, dass ihr weiterziehen müsst.«
    »Ich habe noch eine Bitte«, sagte Anna. »Der Friedrich ist in der Gärtnerei verscharrt worden. Er muss, meine ich, richtig beerdigt werden. Er war ein guter Mensch.«
    »Ich weiß.« Der Pfarrer sah Anna ernst an. »Hat dich mehr verbunden mit ihm als nur der Salat, nicht wahr?«
    »Ja. Er hatte ja nur einen Arm. Ich war sein zweiter Arm, wenn man das sagen kann.«
    »Das kannst du, Anna. Ich verspreche dir, Friedrich Stellner wird ein würdiges Grab bekommen.«
    Anna holte ihre Geldbörse hervor. »Ich habe noch dreißig Mark, Herr Pfarrer. Kann ich dafür einen Kranz bestellen?«
    »Ich glaub schon, Anna. Sogar mit Schleife. Aber was soll aufgedruckt werden?«
    »Nicht Ewige Ruhe, Herr Pfarrer. Ich kenne den Friedrich. Das würde nicht passen.«
    »Wie wäre es, wenn du stattdessen Ewiges Leben wählen würdest. Und auf die zweite Schleife vielleicht Mehr als dein linker Arm. Was hältst du davon?«
    »Das wäre wunderbar«, sagte Anna und stand auf. »Ich nehme übrigens ein Säckchen von seinem wunderbaren Salatsamen mit nach Hause, Herr Pfarrer. Wir haben nämlich auch eine Gärtnerei.«
    »Mach das, Anna.«
    Er zeichnete ihr mit dem Daumen ein Kreuz auf die Stirn und sprach: »Der Herr segne dich, Anna Mohrmann. Er schenke dir eine glückliche Heimkehr.«
    Die Haushälterin brachte sie zur Haustür. »Der Pfarrer liebt es manchmal etwas zu dramatisch. Aber er meint es gut.«
    »Danke«, sagte Anna und ging langsam zum Schloss zurück.
    Inzwischen waren Schwester Nora und Dr. Scholten aus Untermühl zurück. Wieder rief er die Schülerinnen und Lehrerinnen zusammen.
    »Ich will in aller Kürze berichten, was wir bei der Fähre erreicht haben. Wir können bis Aschach gebracht werden. Aber die Fährleute haben gesagt, sie legen nur ab, wenn die Amerikaner nicht dagegen sind. Vor dem Fährhaus stand eine Militärwache. Wir haben verlangt, den Sergeanten zu sprechen, der das Kommando über die kleine Einheit hat. Einer der Soldaten sprach ganz gut Deutsch. Wir haben nicht verschwiegen, dass wir keine Erlaubnis bekommen würden, Theresienruh zu verlassen. Da hat der Sergeant eine sonderbare Geste gemacht. Er hat sich erst die Augen mit beiden Händen zugehalten, dann die Ohren und schließlich den Mund. Der Dolmetscher hat gesagt: Wir sehen nichts, wir hören nichts und wir reden nicht darüber. Wir werden uns also auf den Weg machen. Ich habe mir sagen lassen, dass ihr eure Taschen und Rucksäcke gepackt habt. Geht früh zu Bett. Um halb vier heute Nacht werdet ihr geweckt. Es gibt ein letztes Frühstück, dann geht es los.«
    Die Mädchen legten sich zwar in ihre Betten, aber kaum eines machte ein Auge zu.
    Unter der Anleitung von Frau Hennig machten die Lehrerinnen für jedes Mädchen ein Päckchen mit Essensvorräten fertig. »Wer weiß, wann wir wieder eine Mahlzeit bekommen«, sagte sie.
    »Hast du es schon gehört, Anna?«, fragte Irmgard. »Frau Lötsche ist auf der letzten Stufe der Treppe gestolpert und gestürzt. Jetzt hinkt sie wie eine lahme Hündin. Ruth wusste, dass im Krankenzimmer zwei Holzkrücken an der Wand hingen. Die hat sie geholt und der Lötsche angeboten. Aber die hat gedacht, Ruth wollte sie verspotten, und ist beleidigt in ihr Zimmer gehumpelt. Ich bin mal gespannt, wie die zur Fähre kommen will.«
    Frau Krase und Frau Brüggen gingen durch die beiden Schlafsäle. Sie versuchten, den Mädchen Mut zu machen, und wünschten allen eine gute Nacht. Bevor sie die Säle verließen, mahnte Frau Krase: »Ich kann mir vorstellen, dass einige von euch nicht einschlafen können. Aber ich bitte euch, schwatzt nicht herum. Das stört die, die schlafen wollen.«
    Die Mädchen hielten sich daran.
    Nur einmal stand Ruth auf, ging zu Anna, berührte sie und flüsterte: »Bist du wach, Anna?«
    »Jetzt schon.«
    »Der Mond scheint so hell. Immer wieder verschwindet er hinter schwarzen Wolken, die der Wind ganz schnell vorbeitreibt. Mir kommt alles so unheimlich vor. Ich glaube,

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