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So weit die Wolken ziehen

So weit die Wolken ziehen

Titel: So weit die Wolken ziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Fährmann
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tragen. Horst Ziegelski hatte die ganze Zeit große Angst. Er fürchtete, dass noch etwas nachkam. Er wollte unbedingt die Scheibe bezahlen. Wir wussten aber, dass er nur selten Taschengeld von zu Hause bekam, und haben zusammengeworfen.«
    »Hättest du denn unterschrieben?«, fragte Frau Zarski.
    »Ich hätte unterschrieben, Mutter. Ich will nicht wie Papa nur Gefreiter bleiben.«
    Ihre Hand zuckte, als ob sie ihm eine Ohrfeige geben wollte. Doch sie schlug ihre Hände vors Gesicht. Dann umarmte sie ihren Sohn, aber sie sagte nichts mehr.
    Nach einer Weile kehrten die Mädchen fröhlich ins Besucherzimmer zurück.
    »Frau Zitzelshauser hat für dich ein Fresspäckchen zurechtgemacht, Albert. Sie meint, junge Burschen müssten ordentlich was zwischen die Rippen bekommen, bis sie erwachsen sind«, sagte Irmgard.
    Albert bedankte sich, nahm ein Foto aus seiner Tasche und gab es Irmgard. »Kannst du der Mohrmann ja mal zeigen«, sagte er.
    Es wurde Zeit, Abschied zu nehmen. Viele Pferdefuhrwerke waren vorgefahren. Niemand musste zum Bahnhof laufen. Frau Zitzelshauser hatte den Leuten in Maria Quell und auch im Dorf versprochen, dass die Mädchen als Dankeschön für die Gastfreundschaft ihre lustigen Darbietungen wiederholen würden. Für die Frauen sollte Kuchen spendiert werden und für die Männer ein Obstler.
    Eine Woche später kamen so viele Gäste in den Quellenhof, dass es nicht genügend Stühle gab. Aus der Schwimmhalle mussten Bänke heraufgeholt werden. Ob die Gäste durch Kuchen und Schnaps angelockt worden waren oder ob es sich herumgesprochen hatte, was für ein gelungenes Programm die Mädchen ihnen bieten konnten, blieb ungewiss.
    Mitte März mussten die Skier abgegeben werden, obwohl immer noch hoch Schnee lag. Es hieß, dass die Bretter für die Wehrmacht gebraucht würden. Käthe Malik wollte mit den besten Skiläuferinnen einen letzten größeren Ausflug unternehmen. Einige Mädchen vom Quellenhof hatten große Fortschritte gemacht. Lydia Mohrmann wurde von vielen bewundert. Ihr hatte niemand solche Leistungen im Skifahren zugetraut. Bei jedem Wetter hatte sie die Bretter untergeschnallt und war, oft genug auch allein, auf die Piste gegangen. Schon bald war sie allen anderen überlegen. Pater Lukas hatte sie besonders gefördert. Anfang März hatte er zu Käthe Malik gesagt: »Der Mohrmann kann ich nichts mehr beibringen. Sie hat Talent, und was noch viel wichtiger ist, sie ist zäh und ausdauernd.«
    Pater Lukas wollte mitfahren. Käthe Malik war einverstanden, weil er sich in der Gegend gut auskannte.
    Sechs Stunden waren sie unterwegs. Als Maria Quell schon in Sicht war, kam ihnen Schwester Nora entgegen. Pater Lukas sagte: »Ihr habt euch gut gehalten. Nun seid ihr alle ins Kloster eingeladen. Pater Martin hat Krapfen gebacken und Kakao gekocht. Sie, Schwester Nora, sind uns auch willkommen.«
    »Mit Speck fängt man Mäuse«, sagte Frau Malik. Aber sie widersprach dem Pater nicht.
    Für den Weg zum Kloster schnallten sie ihre Skier nicht ab. An einer ungeschützten Stelle hatte der Wind den Schnee weggeblasen und die Eisdecke darunter freigelegt. Genau dort glitt ausgerechnet Lydia Mohrmann aus. Sie schrie auf. Beim Sturz hatte sie den Skistock fallen lassen und sich mit dem linken Arm abstützen wollen. Die Spitze eines Skis war abgeknickt. Pater Lukas, der neben ihr gelaufen war, beugte sich zu ihr hinunter. Er sah es als Erster. Lydias Unterarm war gebrochen. Die Elle hatte sich durch die Haut gebohrt. Erschrocken rief er nach Schwester Nora. Sie eilte herbei. »Ich brauche eine Schiene. Am besten von dem dort.« Sie zeigte auf den unbrauchbar gewordenen Ski. Pater Lukas gelang es, ein Stück abzubrechen, und gab es der Schwester.
    »Ihren Strick, den sie da um den Bauch geschlungen haben«, forderte die Schwester, »den brauche ich auch.« Als Pater Lukas einen Moment zu zögern schien, rief sie ihm zu: »Nun machen Sie schon!«
    Er knüpfte sein Zingulum los und gab es ihr.
    »Halten Sie mal den Arm«, bat sie ihn.
    Er sah kurz auf die Wunde, wurde blass und sagte: »Tut mir leid, Schwester. Ich kann kein Blut sehen. Mir wird schlecht.« Er wandte sich ab und ging auf das Kloster zu.
    Die Mädchen standen im Halbkreis und schauten halb neugierig, halb entsetzt auf Lydia und die Schwester.
    »Ich brauche Hilfe.« Schwester Nora sah von einem Mädchen zum anderen.
    Einige wendeten und fuhren weg, die anderen schienen wie gelähmt. »Los jetzt! Ihr werdet doch nicht alle Jammerlappen

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