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So weit die Wolken ziehen

So weit die Wolken ziehen

Titel: So weit die Wolken ziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Fährmann
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Pater Lukas und ich allein singen, dann wird es erst recht nichts mit einer festlichen Musik. Versuchen Sie es bitte doch mit dem kleinen Chor.«
    Dr. Scholten warb bei den Schülerinnen darum, die Sängerinnen aus der Oberklasse zu ersetzen, und es meldeten sich einige. Als auch Hilde und Gerda fragten, ob sie mitsingen dürften, freute er sich.
    »Wenn ihr eine gute Stimme habt, dann selbstverständlich.«
    »Aber wir sind evangelisch. Und ein Kreuzzeichen machen wir auch nicht.«
    »Ich nehme an, darüber wird man hinwegsehen.«
    »Wen hat er gemeint?«, fragte Hilde, als sie Dr. Scholtens Zimmer verlassen hatten. Gerda zog die Schultern hoch und antwortete: »Was weiß ich? Vielleicht den Pater? Oder Jesus?«
    »Er hat wahrscheinlich an Jesus gedacht. Denn der Pater ist bestimmt bei so etwas viel strenger.«
    Dr. Scholten legte so viele Übungsstunden für den Chor ein, dass der Direktor ihn unter vier Augen sprechen wollte.
    »Sie übertreiben es mit Ihrer Singerei, Herr Kollege. Es wird möglicherweise eine Maßregelung aus Wien geben. Das ist für mich unangenehm und für Sie nicht ungefährlich. Ich möchte Sie nicht verlieren, weil Sie strafversetzt werden.«
    »Wenn von Ihnen eine Stellungnahme verlangt wird, sagen Sie doch, Sie wissen von nichts.«
    »Damit würde ich mich in die Nesseln setzen. Der Direktor einer Schule, der nicht weiß, was in seinem Hause geschieht!«
    »Man wird es respektieren, dass Sie bei all Ihren schriftlichen Arbeiten, den Statistiken, den stets neuen Anfragen aus Wien und der Aktenführung für die Lehrkräfte und die Schülerinnen einen Teil der nebensächlichen Aufgaben Ihrem Stellvertreter übertragen haben. Ich übernehme die Verantwortung dafür, dass der gute Kontakt zu den Einheimischen nicht verloren geht. Und die Kirche und das Kloster gehören schließlich auch dazu.«
    »Frau Czech und Frau Lötsche …«
    »Keine Sorge. Frau Lötsche wird darüber hinwegsehen. Ich habe ihr versprochen, dass ich mich für den Rest des Jahres nicht mehr in ihr Chorsingen einmischen werde. Und was Frau Czech betrifft, die ist zu einer vierzehntägigen Fortbildung einberufen worden.«
    »Machen Sie, was Sie wollen. Für die Kirche war Ihnen ja nie etwas zu viel.«
    »Wegen der Orgel, Herr Kollege, nur wegen der Orgel und der Musik.«
    Der Gesang der Mädchen aus dem Quellenhof hatte großen Anklang im Festgottesdienst gefunden.
    Pater Martin hatte sich vor der Kirche bei den Mädchen bedankt und Dr. Scholten mit einigen Leuten aus dem Ort zu einem kleinen Frühstück ins Kloster eingeladen. Doch der Appetit war allen bald vergangen. Mehrere Bomberpulks flogen in großer Höhe auf Wien zu. »Unsere armen Mädchen aus der Oberklasse!«, rief Dr. Scholten. Im Quellenhof beschloss das Kollegium, es sollten zwei Personen nach Wien fahren, um nachzuforschen, was aus der Gruppe geworden war. Frau Krase und Schwester Nora erklärten sich bereit, das zu übernehmen. Dr. Scholten kam dafür nicht infrage; ihm war befohlen worden, sich bereitzuhalten, denn in den nächsten Tagen müsse er sich zur Verteidigung des Vaterlandes im Dorf melden.
    Der Direktor riet den beiden Frauen, wegen der Tieffliegerangriffe erst den Abendzug nach Wien zu nehmen.
    Es war schon fast dunkel, als Frau Krase und die Schwester auf dem Bahnsteig warteten. Sie standen mitten zwischen Soldaten und Hitlerjungen. Ein Junge drängte sich durch die Menge bis zu den beiden Frauen und fragte: »Sind Sie nicht von dem Mädchenlager in Maria Quell?«
    Als die Schwester nickte, sagte er: »Wir«, er zeigte auf eine Gruppe Jugendlicher, »wir sind auch aus Oberhausen. Unser Lager ist ja nicht weit von hier. Wir waren zusammen mit Ihren Mädchen im Tanzkurs.«
    »So jung und ihr wart schon im Tanzkurs?«, fragte Frau Krase.
    »Sicher. Wir sind doch schon fünfzehn. Die Älteren waren zur militärischen Ausbildung im Wehrertüchtigungslager. Panzerfäuste, Handgranaten und MG 42 und so was. Da mussten die Mädchen aus Maria Quell mit uns vorliebnehmen.«
    »Aber euch geht’s noch gut in eurem Lager?«
    »Ja. Aber unsere Klasse muss nach Wien. Nach dem Angriff dort sollen wir helfen, die Trümmer in den Straßen wegzuräumen.«
    Der Zug lief ein.
    Der Junge rief: »Bestellen Sie den Mädchen einen schönen Gruß.« Dann lief er zu seiner Gruppe zurück.
    »Kinder«, stieß Frau Krase erbittert hervor. »Jetzt auch schon die Kinder.«
    In der Stadt mussten sie umsteigen. Inzwischen war es dunkel geworden. Als der Zug endlich hielt und

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