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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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verschwörerisch. »Sie hatten wohl schon die Ehre, wie? Sage und schreibe ein halbes Dutzend Nachrichten auf meiner Mailbox. Tom Foster schien sich sicher zu sein, dass ich die Lösung des Rätsels liefern könnte.«
    »Und er wurde enttäuscht, nehme ich an?«, fragte Babcock leichthin.
    »Auf der ganzen Linie. Nicht nur, dass ich bei der Frage nach der Identität des mysteriösen Kindes nicht behilflich sein konnte, ich habe ihm auch gesagt, er soll sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern und die Polizei ihre Arbeit machen lassen.«

    »Das muss ja gut angekommen sein.«
    »Wie eine Nachforderung vom Finanzamt. Gegen Ende unseres Telefonats war er äußerst aufgebracht, und wenn ich ehrlich bin, kann ich nicht sagen, dass es mir leid tut. Könnte mir vorstellen, dass er nicht so bald wieder anruft.«
    Als Privatmann hätte Babcock sich Piers Duttons Meinung über seinen Nachbarn vielleicht sogar angeschlossen; dennoch fand er Duttons Bemerkungen nicht nur unverschämt, sondern vermutete auch, dass sie darauf abzielten, sich bei Babcock anzubiedern und ihn auf seine Seite zu ziehen. Er fragte sich, ob der Mann etwas zu verbergen hatte, oder ob ihm das Manipulieren seiner Mitmenschen einfach nur zur zweiten Natur geworden war. So oder so konnte es nicht schaden, ihm den Eindruck zu vermitteln, mit seiner Strategie Erfolg gehabt zu haben.
    »Ich entnehme Ihren Äußerungen, dass Sie nichts dagegen hätten, mir ein paar Fragen zu beantworten«, sagte er mit einem liebenswürdigen Lächeln. »Damit wir auch tatsächlich unsere Arbeit machen können.«
    Dutton blickte umher, als überlege er, ob er Babcock einfach in der Halle stehen lassen könnte, und sagte schließlich: »Na, dann kommen Sie besser mal mit.« Er ging voraus ins Wohnzimmer zur Linken – oder vielmehr den »Salon«, wie man in diesem Hause vermutlich sagen musste.
    Sein erster Eindruck nach dem relativ nüchternen Flur war der einer geradezu irrwitzigen Opulenz. Die Farbgebung tendierte zu satten Burgunder- und Blaugrüntönen, und alles, was nicht vergoldet war, schien mit Samt überzogen. Aber nach einer Weile konnte er einen Ledersessel ausmachen, und er sah Wolldecken in maskulinen Tartanmustern à la Ralph Lauren, die hier und da über die Möbel drapiert waren. Vor dem Fenster stand ein riesiger Weihnachtsbaum, und ein intensiver Fichtenduft erfüllte den Raum.

    Ein halbes Dutzend Kerzen schimmerten auf dem schweren Mahagoni-Kaminsims und mischten ihr Licht mit dem warmen Schein des Holzfeuers. Überrascht registrierte Babcock diesen femininen Touch – er kannte nur sehr wenige Männer, die von sich aus eine Kerze angezündet hätten. Aber sonst deutete nichts auf die Anwesenheit einer Frau hin.
    Eines hatte Piers Dutton mit seinem Nachbarn Tom Foster gemeinsam, den er offenbar so wenig schätzte: Auch er bot seinem Gast weder einen Stuhl noch einen Drink an. Auf einem Beistelltisch stand eine offene Flasche Bordeaux, und ein halb volles Glas auf dem Kaminsims funkelte blutrot im Kerzenlicht. Dutton stellte sich mit dem Rücken zum Kamin, ließ das Glas jedoch stehen.
    Auf einem Polsterhocker vor dem Ledersessel stand ein aufgeklappter Laptop, doch der Bildschirm war von Babcocks neugierigen Blicken abgewandt.
    Als er ein kleiner Junge war, hatte seine Großtante Margaret ihn bei einem ihrer seltenen Besuche, entnervt von seiner unaufhörlichen Fragerei, einmal »Elefantenkind« genannt. Erst viele Jahre später hatte er das Märchen von Kipling gelesen und herausgefunden, was sie damit gemeint hatte. Die Jahre hatten ihn von dieser Krankheit nicht heilen können, aber jetzt hatte er immerhin eine Rechtfertigung für seine unersättliche Neugier. Er tat so, als sehe er sich im Zimmer um, und versuchte sich dabei unauffällig dem Sessel zu nähern, doch Dutton war mit einem Schritt beim Polsterhocker und klappte den Computer zu.
    »Sie nehmen Ihren Beruf wohl sehr ernst, dass Sie sogar an Weihnachten arbeiten«, meinte Babcock und streifte den Laptop mit einem flüchtigen Blick, während er mit demonstrativem Interesse eine Serie von Drucken mit Jagdmotiven an der Wand hinter Duttons Sessel studierte. »Ich hoffe, ich habe Sie nicht bei etwas furchtbar Wichtigem unterbrochen.«

    »Ich mache gerade noch eine Kundenpräsentation fertig – als Ausgleich, nachdem ich den ganzen Tag mit der Familie verbracht habe.« Dutton ging zurück zum Kamin und beäugte ihn spöttisch. »Und wie war das mit dem Esel, der den anderen Langohr

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