Socrates - Der friedvolle Krieger
Sergej dem Jungen, ohne seine Augen von dem Mädchen namens Paulina zu nehmen. »Ich wünschte, ich wäre dein Vater, aber ich habe keinen Sohn. Ich habe eine Tochter und sie steht vor mir.«
Paulina stand wie erstarrt da und wusste nicht mehr, was sie tun sollte. Sakoljew lag still am Boden und wartete auf seine Chance. Dann befahl er ihr zum letzten Mal, Sergej zu töten. Mit sich überschlagender Stimme kreischte er: »Bring deine Aufgabe zu Ende! Er hat deine Mutter getötet!«
Paulina umkreiste langsam den weißhaarigen Mann. Der stand ganz entspannt mit beinahe heiterem Gesicht da. Da sah sie, dass er weinte.
Völlig verwirrt zeigte Paulina auf Sakoljew und schluchzte: »Aber das ist doch mein Vater.«
»Nein!« Wieder meldete sich Konstantin zu Wort. Er strich sich über die blutende Brust und ging langsam auf Paulina zu. »Nein, Paulina. Es tut mir leid, aber ich weiß schon seit langem, dass der hier nicht dein Vater ist. Ich war damals ein kleiner Junge, aber ich kann mich noch an den Tag erinnern, als sie dich brachten.«
Da sprang Sakoljew mit einem Messer in der linken Hand auf. Es war der Wahnsinn, der seine Beine antrieb und der ihn vorwärts springen ließ.
Sergej blickte über Paulinas Schulter und sah Sakoljew auf sie zurasen. Es war unmöglich zu sagen, wen der Irre umbringen wollte. Sergej sprang blitzschnell vor und stieß Paulina zur Seite.
Als sie zu Boden fiel und sich abrollte, dachte sie im ersten Moment, er habe sie angegriffen. Aber das änderte sich, als sie Vater Dimitri mit dem Messer in der Hand auf Sergej Iwanow zulaufen sah.
Sergej sah in Zeitlupentempo, wie sich Sakoljew ihm näherte. Die Welt war still geworden, kein Geräusch drang zu ihm durch, während er ganz entspannt mit den Händen an der Seite dastand. Dies war der Augenblick, auf den er sich so lange vorbereitet hatte.
Im letzten Moment, als das Messer schon herabstieß, wich Sergej aus, drehte seinen Körper leicht und mit einer einzigen fließenden Bewegung seiner Arme warf er Sakoljew in den Bach direkt oberhalb des Wasserfalls.
Sakoljew landete auf dem Rücken, versuchte aufzustehen und rutschte aus. Das Wasser trug ihn davon und dem Wasserfall entgegen.
Im letzten Moment seines Lebens richtete er seine toten Augen auf Sergej. Sein Gesicht zeigte so etwas wie Erleichterung, als er über den Abgrund rutschte und in die Tiefe fiel.
Sergej beobachtete Paulina, die sich vorsichtig zum Abgrund vortastete und auf den verrenkten Körper von Dimitri Sakoljew blickte.
51
D ie letzten Strahlen der untergehenden Sonne fielen auf Paulinas verwirrtes Gesicht. Sie konnte nicht glauben, was sie in den letzten Minuten gesehen und erfahren hatte, auch konnte sie die volle Tragweite der Ereignisse noch nicht begreifen, aber sie hatte das Gefühl, als sei ein Fluch von ihr genommen worden und als sehe sie mit einem Mal eine völlig neue Welt.
Sergej setzte sich auf einen großen Felsen und Konstantin und Paulina auf einen anderen. Die beiden jungen Leute hielten sich an den Händen, während Sergej Paulina die Geschichte des Medaillons erzählte - woher es kam und wie es in ihren Besitz gelangt war. Er erzählte die Geschichte nicht in allen Einzelheiten, aber er erzählte genug, sodass sie sich ein ungefähres Bild machen konnte.
Sergej hatte gerade geendet, als sie aus der Siedlung Alarmrufe hörten.
»Korolew ist tot!«, schrie jemand.
»Der Ataman ist verschwunden!«, schrie ein anderer. »Wir werden angegriffen!«
Einige Minuten später tauchten Tomorow und fünf andere mit Säbeln, Messern und Pistolen bewaffnete Männer auf. Als sie die drei sahen, stürzten sie sofort auf Sergej zu.
Sergej stand ganz entspannt da. Er erwartete nichts, war aber zu allem bereit.
Als die grimmig dreinblickenden Männer näher kamen und einen Kreis um Sergej bildeten, stellte sich Paulina vor ihren Vater und rief: »Aufhören! Hört sofort auf!« Ihre Stimme vibrierte vor Autorität. Als sie den Arm hob, blieben die Männer stehen und warteten ab, was sie als Nächstes sagen würde.
»Es ist vorbei«, sagte sie. »Ataman Sakoljew ist tot, er ist den Wasserfall heruntergestürzt. Und glaubt mir, wenn ich euch sage, dass ihr nicht gegen diesen Mann kämpfen wollt. Aber wenn ihr es dennoch tut, bekommt ihr es auch mit mir zu tun.«
Die plötzlich führerlos gewordenen Männer grummelten und traten unruhig von einem Fuß auf den anderen. Es gefiel ihnen nicht, dass ihnen eine Frau Befehle gab - auch wenn Paulina diese Frau war. Der
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