Socrates - Der friedvolle Krieger
Mann kam ihnen irgendwie bekannt vor.
Tomorow, der Kundschafter, hatte ein gutes Gedächtnis. Er war es, der den weißhaarigen Fremden zuerst erkannte. Er erinnerte sich daran, dass ihnen dieser Mann gefolgt war, nachdem sie ihn beinahe totgeschlagen und seine Frau und sein Kind getötet hatten. Die Erinnerung daran machte ihn krank.
»Kommt«, sagte er zu seinen Kumpanen. »Lasst uns gehen, das hier geht uns nichts an.«
Die Männer schlichen wie geprügelte Hunde zurück ins Lager und begannen, ihre Siebensachen zusammenzusuchen und ihre Pferde zu satteln. Das Lager stank plötzlich nach Tod und niemand wollte auch nur einen Tag länger an diesem verfluchten Ort bleiben.
Sergej besah sich die Wunde an Konstantins Brust. »Sie ist nicht tief und wird gut verheilen«, sagte er.
»Lieber eine Wunde in der Brust als … Danke, dass du mein Leben gerettet hast. Ich wünschte mir, du wärest mein Vater.«
Sergej schaute seine Tochter an und als er sah, wie fest sie die Hand des jungen Mannes hielt, lächelte er und sagte: »Vielleicht finden wir ja einen Weg, dir diesen Wunsch zu erfüllen.«
Nun begann Paulina, die ganze Tragweite der Ereignisse zu begreifen: Erst hatte sie Korolew getötet, dann wäre Konstantin ihr beinahe genommen worden und dann war der Mann, den sie Vater genannt hatte, gestorben. Sie fing an zu keuchen und in ihrer Brust stieg eine große Welle der Trauer und Erleichterung auf. Konstantin hielt sie fest, während sie sich an seiner Schulter ausweinte.
Einige Zeit später, nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, sah sie den Mann an, der behauptete, ihr Vater zu sein. »Ich wurde mein Leben lang dazu erzogen, dich zu hassen. Wie kann ich jetzt glauben, dass du wirklich mein Vater bist? Woher weiß ich, dass du die Wahrheit sagst?«
Sergej wusste nicht, wie er es ihr beweisen könnte, deshalb sagte er: »Du hast einen anstrengenden Tag hinter dir, Paulina. Wir alle hatten einen anstrengenden Tag. Lasst uns von hier fortgehen und irgendwo im Wald unser Lager aufschlagen. Am Morgen sehen wir die Dinge vielleicht klarer.«
Dann ging Sergej den Pfad hinunter, um Paestka zu holen. Dabei kam er auch an Sakoljews Leiche vorbei. Er zog sie aus dem Wasser und legte sie ins Gebüsch. Einen Augenblick lang sah er Bilder aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit an der Kadettenanstalt, er sah, wie sie gemeinsam das Überlebenstraining absolviert hatten und wie sie sich bemüht hatten, den Anforderungen der Instruktoren gerecht zu werden. Sergej schüttelte den Kopf, um die Bilder zu vertreiben, nahm den Spaten aus der Satteltasche und grub ein Grab für Dimitri Sakoljew.
Es lagen keine Steine herum, die er auf das Grab hätte legen können, und es fielen ihm auch keine Worte ein, die er hätte sagen können, aber als er auf das frische Grab sah, musste er sich eingestehen, dass sein ärgster Feind immerhin seine Tochter aufgezogen, beschützt und ausgebildet hatte. Auf seine wahnsinnige Art war er ihr tatsächlich ein Vater gewesen. Dafür dankte er ihm nun.
Er traf sich mit Paulina und Konstantin am Pferch. Gemeinsam ritten die drei los. Irgendjemand hatte die Scheune in Brand gesteckt. Paulina sah sich das Feuer an und sagte mit matter Stimme zu Konstantin: »Bevor ich zum Wasserfall kam, hat Korolew versucht mich zu …« Sie konnte das Wort nicht sagen. »Wir haben miteinander gekämpft und ich habe ihn getötet.«
Sergej drehte sich zu ihr um und fragte erstaunt: »Hast du gerade gesagt, dass du den einarmigen Riesen Korolew getötet hast?«
Sie nickte und biss sich auf die Lippen. »Kennst du ihn?«
Sergej zögerte, aber er wusste, dass sie ein Recht darauf hatte, die Wahrheit zu erfahren. »Es war Korolew, der deine Mutter umgebracht hat.«
Paulina wandte den Kopf ab, damit Sergej ihre Tränen nicht sah. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie ihre Mission doch noch erfüllt hatte: Sie hatte das Monster getötet, das ihre Mutter ermordet hatte. Ihr jahrelanges Training war also nicht umsonst gewesen.
In dieser Nacht lag Sergej noch lange wach und überlegte, auf welche Weise er Paulinas Vertrauen gewinnen könnte.
Am nächsten Morgen war er bereits auf und hielt das Feuer in Gang, als erst Konstantin und dann Paulina aufwachten. Niemand sagte etwas, aber Sergej wusste, was Paulina beschäftigte. Sie wollte Gewissheit haben. Gleich nach dem Aufwachen war ihm ein Gedanke gekommen, wie er ihr beweisen könnte, dass er tatsächlich ihr Vater war.
Sergej gab den beiden Beeren, die er in der
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