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Socrates - Der friedvolle Krieger

Titel: Socrates - Der friedvolle Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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sich unwillkürlich, aber dann atmete er tief aus und entspannte sich. Alle seine Sinne waren hellwach, als er mit den Augen die nähere Umgebung absuchte.
    Anscheinend waren sie allein: Er selbst, Sakoljew und ein junger Mann in dem Alter, in dem sein Sohn jetzt sein sollte.
    Sergej wandte sich Sakoljew zu und sagte kurz und knapp: »Ich bin gekommen, um meinen Sohn zu holen.«
    Sakoljew seufzte, als ob er das Unvermeidbare akzeptiert hatte. Er wusste, dass die Stunde der Abrechnung gekommen war. »Sergej Iwanow«, sagte er und zwang sich zu einem freudlosen Lächeln. »So treffen wir uns also wieder. Und du sagst, du willst deinen Sohn holen? Und das alles, ohne mich vorher zu begrüßen? Aber ich will dir deine fehlenden Manieren nicht vorhalten. Wie es aussieht, hast du Glück. Hier steht dein Sohn. Sein Name ist Konstantin. Du kannst ihn gerne haben.«
    Konstantin, der nicht fassen konnte, welche Wendung sein Leben plötzlich genommen hatte, wollte gerade etwas sagen, als Sakoljew ihm die Hand um den Hals legte.
    Sergej sah das Blitzen des Messers in dem Augenblick, als Sakoljew den Kopf des Jungen fasste, ihm die Klinge an den Hals legte und …
    Im selben Moment hatte Sergej die drei Meter Entfernung überwunden, schlug die Hand mit dem Messer nach unten gegen die Brust des Jungen und hielt sie dort fest. Er brach Sakoljews Arm und nahm ihm das Messer aus der kraftlos gewordenen Hand. Mit der anderen Hand griff er in das Haar seines Feindes und riss den Kopf so weit nach hinten, dass er ihm fast das Genick gebrochen hätte. Aber dann überlegte er es sich anders, stieß Konstantin weg und landete einen Ellenbogentreffer mitten in Sakoljews Gesicht, sodass dieser besinnungslos zu Boden sank.
    Genau in diesem Augenblick traf eine völlig verwirrte Paulina ein. Sie hatte gesehen - oder glaubte gesehen zu haben - wie Vater Dimitri ihrem Kontin die Kehle durchschneiden wollte, was der weißhaarige Mann aber glücklicherweise verhindert hatte.
    Sakoljew kam trotz der furchtbaren Schmerzen in seinem gebrochenen Arm schnell wieder zu sich, aber als er Paulina sah, machte er keine Anstalten aufzustehen. Vom Boden aus schrie er seiner Tochter mit aller Autorität, über die er noch verfügte, zu: »Töte ihn, Tochter! Töte das Monster!«
    »Nein!«, rief Konstantin. »Paulina, du darfst es nicht tun! Er ist mein Vater.«
    Was Konstantin sagte, ergab keinen Sinn. Nichts ergab mehr einen Sinn. Aber Paulinas Körper reagierte nach den Jahren des Trainings und gehorchte dem Willen des Mannes, der sie aufgezogen hatte. Ihr schmerzendes Bein war vergessen, als sie das weißhaarige Monster angriff, das ihre Mutter umgebracht hatte und sie in ihren Träumen verfolgte. Sie sprang hoch, um ihm mit einem Tritt gegen den Kopf den Garaus zu machen - und landete mit einem klatschenden Geräusch im Wasser. Als sie sich umdrehte, war der weißhaarige Mann nicht mehr dort, wo er eben noch gestanden hatte. Sie warf sich herum, sah ihn hinter sich stehen und versuchte, ihm die Beine wegzufegen, aber aus irgendeinem Grund gelang es ihr nicht; stattdessen fiel sie hin. Ohne zu zögern sprang sie wieder auf und deckte Sergej Iwanow mit einem wahren Trommelfeuer von Fausthieben ein, aber er wich jedem ihrer Schläge elegant aus.
    Irgendetwas stimmte nicht. All die Jahre des Trainings hatten sie auf so etwas nicht vorbereitet. Es ergab keinen Sinn, dass das Monster sie nicht einmal angegriffen hatte. Er war ihren Schlägen und Tritten einfach nur ausgewichen. War er wirklich ein Zauberer, der mit ihr Katz und Maus spielte?
    Wieder drang sie auf ihn ein und wieder wehrte der Mann ihre Angriffe mühelos ab, ohne sie seinerseits anzugreifen. Keuchend hielt sie einen Moment lang inne, um kurz durchzuatmen.
    In diesem Augenblick hörte der Regen auf, die dichte Wolkendecke teilte sich und der Himmel erstrahlte in einem neuen Licht. Und in den letzten Strahlen der untergehenden Sonne sah Sergej das Gesicht seines Angreifers zum ersten Mal in aller Deutlichkeit. Es war das Gesicht eines Mädchens, aber nichts das irgendeines Mädchens. Er sah in das Gesicht von Anja. Dann sah er, wie die Sonnenstrahlen vom Medaillon um ihren Hals reflektiert wurden.
    Seine Suche war zu Ende.
    In diesem Moment kreischte Sakoljew wie von Sinnen: »Töte ihn! Dies ist die Gelegenheit!« Aber seine Stimme hatte bereits viel von ihrer Autorität eingebüßt.
    Und auch Konstantin schrie wieder: »Hör auf, Paulina, bitte! Er ist doch mein Vater!«
    »Nein«, erwiderte

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