Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Socrates - Der friedvolle Krieger

Titel: Socrates - Der friedvolle Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
Vom Netzwerk:
heruntergebrannt war, brauchte dringend neue Nahrung. Sergej sammelte ein paar Äste und legte sie auf das Feuer, das Sakoljew für sich beanspruchte. Dann sammelte er noch mehr Zweige und Äste und machte sich ein zweites Feuer.
    Im Feuerschein gelang es Sergej, sich unter einem anderen Felsüberhang einen provisorischen Unterstand aus Kiefernzweigen zu bauen. Kaum war er fertig, fing es an zu nieseln. Das Gute daran war, dass die tief hängenden Wolken wie eine Decke wirkten, die die schlimmste Kälte abhielt. Zitternd und bis auf seine Unterhosen nackt, deckte sich Sergej mit Kiefernzweigen zu und rutschte so lange hin und her, bis er eine einigermaßen bequeme Position gefunden hatte.
    Sakoljews zusammengekauerte Gestalt, die im Feuerschein nur schwach sichtbar war, zeigte an, dass er es ähnlich gemacht hatte. Eine Zeitlang lag Sergej noch wach und hörte dem Regen zu. Es war einfach zu kalt, um zu schlafen. Aber trotz der Kälte und trotz seines knurrenden Magens erfüllte ihn eine tiefe Befriedigung. Er hatte Fallen aufgestellt, Feuer gemacht und einen Unterstand gebaut. Für den Augenblick hatte er überlebt - und das nicht schlecht. Am Morgen würde er nachschauen, ob er etwas gefangen hatte und dann weitersehen.
    Schließlich wurde Sergej doch von der Erschöpfung übermannt und fiel in einen tiefen traumlosen Schlaf.
     
    Als er die Augen wieder aufschlug, sah er als Erstes seinen dampfenden Atem in der kalten Morgenluft. Er kroch aus seinem Bett aus Kiefernzweigen und hoffte einen Platz zu finden, auf den bereits die Sonne schien. Aber es war noch zu früh. Er ließ Sakoljew weiterschlafen und hüpfte vorsichtig auf seinen geschundenen Füßen zum Bach hinunter, wo er sich das eiskalte Wasser ins Gesicht, auf Brust und Schultern klatschte. Dann schüttelte er das Wasser von sich, klopfte seinen ganzen Körper kräftig ab und machte Kniebeugen, bis er sich etwas erwärmt hatte.
    Dann kehrte er ins Lager zurück, griff sich sein Messer und ging stromaufwärts. Trotz der Markierungen, der er auf Augenhöhe in der Nähe der Fallen hinterlassen hatte, konnte er die erste Schlinge nicht finden. Ihm fiel ein, was Alexej ihnen immer wieder eingebläut hatte: »Die Wildnis ist ein unbarmherziger Lehrer, sie erlaubt wenig Platz für Fehler.« Warum hab ich nur nicht besser aufgepasst? , schalt Sergej sich selbst. Er ging weiter und fand die zweite Falle. Sie war leer.
    Aber in einer Schlinge fand er ein erschöpftes Wiesel, das in der Luft baumelte. Vorsichtig näherte er sich dem Geschöpf, das sich nur noch schwach bewegte. Plötzlich wurde ihm klar, dass er das Tier würde töten müssen. Als er nach dem Wiesel griff, knurrte dieses plötzlich und schlug mit seinen Krallen nach Sergejs Hand. Dann versuchte es auch noch, ihn zu beißen.
    In diesem Moment überkam Sergej eine Welle primitiver Energie. Er packte das Wiesel am Genick und schnitt ihm die Kehle so heftig durch, dass der Kopf fast abgefallen wäre - und er sich beinahe selbst in die Hand geschnitten hätte. Das Tier zuckte noch ein paar Mal, als das Blut aus der Wunde spritzte. Dann war es still. Das Wiesel war tot.
    Keuchend, zitternd und mit klopfendem Herzen besaß Sergej immerhin noch die Geistesgegenwart, die Schlinge zu öffnen, statt sie zu zerschneiden. Schließlich würde er sie noch brauchen. Er hoffte nur, dass ihm das Töten in Zukunft leichter fallen würde. Aber dann dachte er: Sollte Töten jemals leicht fallen? Besaß er das Recht, ein anderes Wesen zu töten? Nein, aber er hatte die Macht dazu. Er tat einfach, was angesichts der Umstände getan werden musste. Er spürte keine Feindschaft gegenüber dem Tier, das er getötet hatte, um sich selbst am Leben zu erhalten. Instinktiv dankte er dem Wiesel für dessen Leben, das sein eigenes erhalten würde. Er würde nichts davon verschwenden.
    Indem Sergej das Wiesel tötete, hatte er seine Kindheit hinter sich gelassen. Ihm wurde klar, dass auch sein Leben jeden Augenblick enden konnte. Das hatte nichts mit Gerechtigkeit zu tun, es konnte purer Zufall sein. Aber indem er aufmerksam war, sein Wissen und seine Fähigkeiten einsetzte, konnte er seine Überlebenschancen erheblich verbessern. Das war die erste und wichtigste Lektion, die ihn die Wildnis lehrte. Als er sich auf leisen Sohlen der nächsten Falle näherte, fragte sich Sergej, welcher Art wohl die Fallen sein würden, die auf seinem Lebensweg auf ihn warteten.
    Die dritte Falle war ebenso leer wie die vierte und fünfte. In der

Weitere Kostenlose Bücher