Söhne der Erde 05 - Flucht in die Sonnenstadt
heftigen Stoß schleuderte er das Mädchen von sich. Katalin verlor das Gleichgewicht. Hart prallte ihr Hinterkopf gegen Metall, und die Umgebung verschwamm vor ihren Augen, während sie langsam an der Wand zusammensackte.
Sie spürte nicht, daß sich Helder Kerr erschrocken über sie beugte.
Später wußte sie nicht mehr, wie lange sie ohnmächtig gewesen war. Mühsam kämpfte sich ihr Bewußtsein zurück an die Oberfläche. Ihr Kopf schmerzte, Übelkeit wühlte in ihrem Magen. An ihrem nackten Arm und unter ihrem Körper spürte sie kalten Stahl - und da erwachte die Erinnerung wie von einem Blitzstrahl erhellt.
Die Waffen!
Kerr, der fliehen wollte!
Verzweifelt riß Katalin die Augen auf. Grelles Licht blendete sie, dann wurde ihr klar, daß dort, wo eben noch die Außenwand des Schiffs gewesen war, eine Lücke klaffte. Schwarz und drohend hob sich ein Schatten im hellen Viereck ab: das Beiboot. Die Rampe, auf der es gelegen hatte, war nach außen geschwenkt und in eine steile Schräglage gekippt worden. Und in der Sekunde, in der Katalin das alles erkannte, zerriß ein dumpfer, fauchender Knall die Stille.
Das ganze Schiff schien von dem Dröhnen und Jaulen zu erzittern.
Einen Herzschlag lang glaubte Katalin, das Fahrzeug dort draußen werde von einem Feuerstrahl getroffen. Dann begriff sie, daß es das Boot selbst war, das Feuer spuckte, daß der Marsianer den Antrieb gezündet hatte. Katalin sprang auf, warf sich herum. Das durchdringende Pfeifen und Schrillen zerriß ihr fast die Trommelfelle. Mit beiden Fäusten hämmerte sie gegen die Tür, aber als sie spürte, wie von außen der Riegel gelöst wurde, ahnte sie bereits, daß es zu spät war.
Atemlos taumelte sie in Charrus Arme.
»Die Waffen!« stieß sie hervor. »Kerr hat die Waffen zerstört und wird es den Marsianern sagen! Ihr müßt ihn aufhalten!«
VI.
Charru brauchte nur einen Atemzug, um zu erfassen, was Katalins Worte bedeuteten.
Kerr hatte die Energiewerfer lahmgelegt!
Sobald die Marsianer das erfuhren, konnten sie angreifen, ohne das geringste Risiko. Und sie würden angreifen. Helder Kerr durfte nicht durchkommen.
Mit zwei Sprüngen erreichte Charru die offene Luke, schwang sich auf die Startrampe des Beiboots und schnellte wie eine Katze auf eine Stützstrebe des Schiffs zu.
Der Stahl verbrannte seine Handflächen, als er daran herunterrutschte. Er kümmerte sich nicht darum. Über den Felsen konnte er das schwarze, zylinderförmige Beiboot sehen, das auf einem Feuerstrahl zu reiten schien und mit seinem nervenzerfetzenden Jaulen immer noch die Luft zittern ließ. Die Menschen standen wie versteinert und starrten der Erscheinung nach. Charru wußte, daß er dieses Höllenfahrzeug nicht mehr einholen konnte. Aber er hatte auch gesehen, daß es wild trudelte, als sei es außer Kontrolle geraten, und wenn es auch nur die winzigste Chance gab, mußte er sie nutzen.
Die Senke lag schon hinter ihm, ehe irgend jemand begriff, was er vorhatte.
Mit drei Sätzen erklomm er den Felsengrat, schwang sich über die Kante und rutschte in eine Staubwolke gehüllt auf den Grund der Mulde, in der die beiden restlichen Fahrzeuge standen. Hakon und der junge Jerle Gordal hielten Wache. Verblüfft rissen sie sich von dem Anblick des Raumbootes los, der auch sie in Bann geschlagen hatte. Charru schob Jerle so heftig beiseite, daß der fast das Gleichgewicht verlor, und rannte zu dem Raumhafen-Jet, der Helder Kerr gehörte.
»Halt!« dröhnte Kormaks Stimme hinter ihm. »Bist du von allen guten Geistern...«
Charru hörte nicht.
Mit der Handkante schlug er auf den Knopf, der die Kuppel hochschwingen ließ. Aber er war nicht der einzige, der schnell begriffen und ebenso schnell reagiert hatte. Kormak, Brass und die beiden Tarether erreichten die Mulde dicht hinter ihm. Gillon packte ihn an der Schulter, um ihn zurückzuhalten.
»Charru! Das ist Wahnsinn, das...«
Er fuhr herum.
Ein Blick in das verzerrte Gesicht mit den flackernden grünen Augen zeigte ihm, daß Gillon entschlossen war, ihn notfalls mit Gewalt zu hindern. Und er hatte keine Zeit zum Diskutieren, nicht eine Sekunde. Ein schnelles Lächeln glitt über seine Züge, dann holte er blitzartig aus und traf den anderen mit einem wohlgezielten Schwinger am Kinn.
Gillon kippte Erein in die Arme.
Die anderen lähmte sekundenlang Verblüffung. Charru schwang herum, glitt in den Jet und schloß die Kuppel, während er bereits mit fliegenden Fingern das Schaltfeld bediente.
Unmittelbar vor
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