Söhne der Erde 09 - Die letzten Marsianer
durchstreiften.
Überall um die Stadt waren solche kleinen Patrouillen unterwegs. Wahrscheinlich suchten sie nach Höhleneingängen, denn in Jom Kirrands Augen konnte als Versteck, das seine Leute noch nicht entdeckt hatten, sicher nur eine Höhle in Frage kommen. Die beiden Männer in den schwarzen Uniformen und den roten Helmen wirkten unsicher. Einer von ihnen kletterte zwischen den Steinblöcken herum. Der andere wandte sich ab, machte ein paar Schritte geradeaus - genau auf den Zeitkanal zu.
»Charru!« flüsterte Lara erschrocken.
Er spannte die Muskeln.
Der Jet stand nur noch wenige Schritte vor ihm. Ktaramon hatte gesagt, er könnte den Zeitkanal sozusagen »umschalten«, könne den Abschnitt, den zufällig einer der Marsianer betrat, in die Vergangenheit zurückversetzen. Aber konnte er das auch jetzt? Und würde es etwas nützen, da sie selbst in unmittelbarer Nähe des Vollzugspolizisten waren?
Charru blieb abrupt stehen und hielt den Atem an.
Vor ihm erreichte der Marsianer den Tunnel, dessen leichtes Flimmern er von draußen nicht wahrnahm. Seine Augen wurden weit, als er die Schranke durchstieß. Er schwankte, von einem plötzlichen Schwindelgefühl befallen. Sein Blick zuckte nach links - und da sah er den Verwaltungsgleiter auf dem roten, steinigen Boden stehen.
Mit einem erstickten Laut fuhr der Mann herum.
Ungläubig, die Schultern verkrampft, die Hände leicht zitternd. Für ihn war das Fahrzeug aus dem Nichts aufgetaucht wie durch Zauberei. Reglos stand er da, versteinert vor Schrecken, und starrte den Gleiter an, als warte er darauf, daß er sich in der nächsten Sekunde als Halluzination entpuppen, sich wieder in Luft auflösen würde.
Charru handelte blitzartig.
Er hatte keine Wahl. Ganz gleich, was geschehen würde - auf keinen Fall durfte der Marsianer wieder aus dem Zeitkanal hinausstolpern und seine Leute alarmieren. Mit einem langen, lautlosen Schritt stand Charru hinter ihm, holte aus und schlug ihm die Faust in den Nacken.
Der Marsianer stöhnte gurgelnd.
Wie vom Blitz getroffen brach er zusammen und fiel mit dem Gesicht in den Staub. Charru biß sich auf die Lippen. Lara war neben ihn geglitten. Hinter ihnen verharrte Hunon wie gelähmt, unfähig, so schnell zu begreifen, was geschehen war.
»Und jetzt?« fragte Lara flüsternd. »Sollen wir ihn mitnehmen?«
»Sie würden ihn vermissen und das Unterste zuoberst kehren.«
»Sie können ihn doch nicht finden! Also wird ihnen nichts anderes übrigbleiben, als ihn abzuschreiben. Das haben sie sogar bei Helder getan - damals, als er in der Sonnenstadt plötzlich verschwunden war.«
»Sicher. Aber mir wäre es lieber, wenn die Marsianer erst gar nicht auf den Gedanken kämen, daß hier irgend etwas Geheimnisvolles vorgeht. Schau dir den zweiten Mann an! Er hat genau mitbekommen, daß etwas nicht stimmt.«
Lara wandte den Kopf.
Der zweite Vollzugspolizist stand immer noch zwischen den Felsentrümmern, wie vom Donner gerührt, und stierte auf die Stelle, wo er seinen Kollegen zuletzt gesehen hatte. Charru fuhr sich mit dem Handrücken über das Kinn.
»Wahrscheinlich hast du recht«, murmelte er. »Uns bleibt gar nichts anderes übrig, als ihn mitzunehmen. Wir können ihn nicht umbringen. Und wenn sie ihn lebendig finden, werden sie erfahren, daß er den Gleiter hier gesehen hat.«
Lara sah ihn an. Sie lächelte plötzlich. Die grünlichen Tupfer in ihren braunen Augen sprühten.
»Könnten die Unsichtbaren diesen Teil des Zeitkanals nicht einfach erlöschen lassen, sobald wir weg sind?« fragte sie. » So, daß der Mann hier gefunden wird?«
»Sicher, aber...«
»Dann weiß ich, was wir tun! Warte!«
Lara öffnete rasch ihre Tasche und wühlte darin herum.
Nach ein paar Sekunden brachte sie eine kleine braune Gasflasche zum Vorschein. Ein Verschwörerlächeln spielte um ihre Lippen, als sie den Verschluß aufschraubte und etwas von dem Inhalt über die Uniform des Vollzugspolizisten träufelte.
Ein schwerer, süßlicher Geruch mit einer stechenden Note breitete sich aus.
»Scardoval«, erläuterte sie. »Ein einfaches Schmerzmittel. Aber in Überdosierung löst es eine Art Rauschzustand aus, und bei Leuten, die sich Zugang dazu verschaffen können, hat es gelegentlich schon Fälle von Sucht gegeben. Du kannst dir denken, daß es streng verboten ist, das Zeug zu nehmen.«
»Du glaubst, wenn sie ihn so finden, werden sie denken, daß er eine Halluzination hatte?«
»Genau. Das gehört nämlich zur üblichen
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