Söhne der Erde 12 - Inferno Erde
mitgenommen hatte, die an seiner Seite war, statt tatenlos zu warten. Katalin hätte sie gern gehaßt, aber sie konnte nicht hassen.
Camelo hob die Brauen, weil er die Gruppe der Kinder und Halbwüchsigen entdeckt hatte, die neben ihm in der Nähe des Schotts kauerten.
Derek, zwölf Jahre alt, schnitt ein kriegerisches Gesicht wie stets. Er hatte seine Familie sehr früh verloren, schon in der Welt unter dem Mondstein, aber die verzweigten Nordmänner-Sippen waren auch eine Art von Familie gewesen, in der er unbeschwert hatte aufwachsen können. Er genoß das Abenteuer, genauso wie die rothaarigen, grünäugigen Tareth-Vettern oder die Gordal-Kinder, denen die Schrecken der Vergangenheit wenig hatten anhaben können. Neben Derek lehnte der blinde Robin an der Wand, ebenfalls zwölf Jahre alt. Er war Marsianer, aber ein Marsianer, dessen Familie zu den Ausgestoßenen gehört hatte und am Ende vernichtet worden war. Ihn hatte keine Sippe, kein fester Zusammenhalt geschützt, nur eine Horde von geisteskranken Strahlenopfern, die ihr Leben in der Wüste fristeten und deren Kinder mißgebildet zur Welt kamen. Und auch Dayel hatte in seinem Leben nie einen verläßlichen Schutz kennengelernt. Er war als Akolyth unter der Terror-Herrschaft der Priester aufgewachsen. Mit Bar Nergal und seinen Anhängern hatte er gebrochen. Aber trotz seiner sechzehn Jahre fand man ihn öfter unter den Kindern als unter Gleichaltrigen wie Jarlon von Mornag oder Jerle Gordal. Dayel begann erst allmählich, erwachsen zu werden.
»Ihr solltet schlafen«, sagte Camelo entschieden. Und um dem unvermeidlichen Protest vorzubeugen: »Falls etwas schiefgeht, könnte es leicht sein, daß wir morgen jede Hand brauchen.«
»Es wird nichts schief gehen«, sagte Robin leise.
Camelo runzelte die Stirn. Die blinden Augen schienen ihn anzuschauen. Er wußte, daß diese Augen manchmal mehr sahen, als sich erklären ließ.
»Wie meinst du das?« fragte er gedehnt.
Robin lächelte. Ein ernstes Lächeln, das nicht zu seinem Alter passen wollte.
»Sie kommen zurück«, flüsterte er. »Ich weiß, daß sie zurückkommen. Ich fühle es.«
Camelo spürte einen Schauer über seinen Rücken rinnen.
Deutlich erinnerte er sich, wie Robin damals den jungen Ayno beschworen hatte, nicht mit zum Raumhafen von Kadnos zu fahren, wo sie sich Ersatzteile für die Reparatur der »Terra« beschaffen wollten. Und Ayno war nicht zurückgekommen. Er lebte nicht mehr.
»Warum spielst du nicht etwas?« fragte Derek unvermittelt. »Du hast so lange nicht mehr gespielt, Camelo.«
»Ja!« fielen andere Stimmen ein. »Spiel etwas! Spiel das Schmiede-Lied! Bitte!«
Camelo zuckte die Achseln.
Er hatte wirklich lange nicht mehr gespielt. Vielleicht war dies nicht die richtige Stunde. Und die uralte Ballade, in der die Geschichte des legendären Schmieds von Schun erzählt wurde, paßte sicher nicht an Bord eines Raumschiffs. Aber ein Blick in die Runde zeigte ihm, daß nicht nur die Kinder zuhören würden, daß fast alle für eine Weile Furcht und Ungewißheit vergessen wollten.
Camelo lächelte, als er die Grasharfe vom Gürtel löste, ein paar Saiten anschlug und den dunklen, eigentümlich spröden Klängen nachlauschte.
V.
Brass war als Wache im Beiboot zurückgeblieben, weil er es notfalls starten konnte, wenn er angegriffen wurde.
Um Laras Schulter hing der kleine Strahlenmesser, außerdem hatte sie ein handtellergroßes Prüfgerät dabei, mit dem sich der Sauerstoffgehalt der Luft messen ließ. Hunon blieb stumm vor dem massiven Tor im Felsen stehen und betrachtete es aus zusammengekniffenen Augen. Kormak stemmte sich entschlossen gegen das schwere Vierkantholz des Riegels. Ein Knirschen erklang, und der Nordmann stolperte fast, weil es so leicht ging.
»Es wird benutzt«, sagte Charru gedehnt.»Der Riegel muß noch vor kurzer Zeit bewegt worden sein.«
Kormak nickte nur.
Er hatte sich ein paarmal prüfend umgesehen, jetzt richtete er seine Aufmerksamkeit ganz auf das, was vor ihm lag. Lara biß sich auf die Lippen. Ihre venusische Vernunft rebellierte. Sie begriff, daß sie das Rätsel lösen mußten, aber die Wissenschaftlerin in ihr hätte das Rätsel lieber auf andere Weise gelöst, nicht indem sie auf dem direktesten Wege darauf zuging.
Das Tor öffnete sich genauso leicht, wie der Riegel zurückgeglitten war.
Knirschend schwangen die beiden Flügel auseinander. Charru hielt den Atem an, während er das rostige Metall des mächtigen knaufartigen Griffs unter
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