Söhne der Erde 12 - Inferno Erde
der Hand spürte. Absolute Schwärze, das war sein erster Eindruck. Schwärze, in die jetzt als breite Bahn das gedämpfte rötliche Licht der Dämmerung fiel. Ein gewölbter Höhlengang führte tief in den Berg hinein und verlor sich nach wenigen Metern in völliger Finsternis.
Charru nahm die Lampe vom Gürtel: eine weiße Kugel mit einem Handgriff, die von einer Energiezelle gespeist wurde. Ihre fahle Helligkeit erinnerte an die Leuchtwände in den Häusern des Mars. Charru machte ein paar Schritte, blieb stehen und wandte sich um.
»Hunon bewacht das Tor«, sagte er knapp. »Wir bleiben dicht zusammen. Ich glaube nicht, daß mit der Luft irgend etwas nicht in Ordnung ist.«
Auch die anderen hatten den kühlen Hauch gespürt, der ihnen entgegenwehte.
Er verstärkte sich, als sie weitergingen. Lichtreflexe ließen die grauen Felswände schimmern. Nach wenigen Minuten war das Tor nur noch ein heller Umriß hinter ihnen.
Der Gang endete an einer Treppe, die abwärts führte.
Charru zögerte nur kurz, bevor er den Fuß auf die oberste Stufe setzte. Nach dem Tor war diese von Menschenhand aus dem Fels gehauene Treppe keine Überraschung mehr. Laras Blick wanderte in Abständen zu den Skalen der Kontrollgeräte. Am Fuß der Treppe, in einer unregelmäßig geformten Grotte, blieb sie abrupt stehen.
»Licht«, sagte sie leise. »Da drüben.«
Zwei Gänge zweigten von der Höhle ab. In einem von ihnen schimmerte tatsächlich Licht: ein unruhiges Flackern. Charru ließ die Lampe in die Linke wechseln, um die Schwerthand freizuhaben. Er ging langsam, mit allen Sinnen lauschend. Er wußte, daß er die Anwesenheit von Menschen gespürt hätte, wußte, daß niemand in der Nähe war.
Nach einem Dutzend Schritten öffnete sich wieder eine Grotte vor ihnen.
Kleiner diesmal, erhellt von den Flammen einer Fackel, die in einem Felsspalt steckte. Charru musterte die geflochtene Matte, die auf dem Boden lag, den ebenfalls geflochtenen Korb, in dem ein paar leuchtende, fremdartige Früchte und ein Stück getrocknetes Fleisch lagen. Eine Wohnhöhle zweifellos. Die Behausung der Menschen, die sie gesehen hatten? Charru versuchte, sich die schlanken goldenen Gestalten vorzustellen, die schlangenhaften Bewegungen. Sie paßten nicht hierher. Er war fast sicher, daß sie in den Wäldern lebten, beinahe mit den Wäldern. Und blitzhaft fiel ihm ein, was er vorhin gesehen hatte, ohne es bewußt zu registrieren: daß sich das Tor im Felsen nur von außen öffnen ließ.
Er wandte sich um, da es hier nicht weiterging.
Mit wenigen Schritten erreichten sie wieder die größere Höhle und schlugen den zweiten Gang ein. Er stieß auf einen dritten, der sich weiter verzweigte. Kormak hatte sein schweres Jagdmesser gezogen und ritzte Zeichen in die Wände. Mehrfach sahen sie Licht schimmern, an anderen Abzweigungen verrieten Geruch und ein Hauch von Wärme, daß die Gänge ebenfalls zu Wohnhöhlen führten. Es war ein Labyrinth, ein ganzes System von Grotten und Tunneln, das den Berg durchzog, und es schien einer beachtlich großen Menschengruppe als Wohnstatt zu dienen.
»Es muß einen Hauptgang geben«, sagte Charru gedehnt. »Niemand könnte sich ohne Orientierungssystem hier zurechtfinden.«
Sie fanden ihn.
Einen breiten, gewölbten Tunnel, dessen Wände an einigen Stellen mit Werkzeugen bearbeitet worden waren. Charru ging voran, schlug die Richtung tiefer in den Berg ein. Nach einer Weile mischte sich das Lampenlicht mit rotem Widerschein, der den Gang erfüllte.
Die Wärme verriet, daß irgendwo ein Feuer brannte.
Vorsichtig glitten die drei Menschen weiter. Der Tunnel mündete in eine Grotte, deren Ausmaße sich nur erahnen ließen, und der Widerschein des Feuers kam von unten.
Ein weitgeschwungener Felsvorsprung schob sich in die unterirdische Halle hinein.
Oder nein, kein Felsvorsprung. Der obere Absatz einer breiten, grob zugehauenen Treppe. Sie führte abwärts. Und jetzt waren auch die Menschen zu sehen, die hier lebten.
Fünfzig? Hundert?
Dicht an dicht kauerten sie um das Feuer, das in der Mitte der Höhle loderte. Irgendwo in der Decke mußte es einen Rauchabzug geben, denn die Luft war klar und flimmerte über der Glut. Auf erhitzten Steinen rings um das Feuer wurden flache gelbliche Fladen gebacken. Die Menschen kauerten stumm da, in dünne Felle gehüllt, das verfilzte, farblose Haar fiel ihnen bis auf die Schulter. Ihre Haut war vollkommen weiß, die Augen glitzerten wie grüne Juwelen. Aber es war auf den ersten
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