Söhne der Erde 15 - Die Rache Des Mars
tat, nicht nur im technischen Sinne. Auf die entscheidenden Fragen durfte er natürlich keine Antwort bekommen. Die Fiktion von Bar Nergals Göttlichkeit und dem höheren Gesetz, dem dies alles diente, mußte aufrechterhalten bleiben. Wo es nicht anders ging, wurden Sinn und Zweck des Unternehmens einfach mit dem Tabu eines göttlichen Geheimnisses umgeben. Carrisser war kein Psychologe, und er spürte nicht, daß der Stachel von Cris Zweifeln schon viel zu rief saß, um sich mit solchen verschwommenen Erklärungen zu begnügen.
Ein paar Minuten später erreichte der Uranier sein Beiboot, das gut verborgen mitten in der Trümmerwüste stand.
Erleichtert glitt er in die geräumige, angenehm warme Kanzel und schloß die Einstiegsluke. Ein Blick zum Chronometer zeigte ihm, daß es Zeit wurde. Zuerst setzte er die routinemäßige Meldung an die Jagdstaffel ab: drei leichte, bewegliche Kreuzer der Deimos-Klasse, die inzwischen auf Luna gelandet waren und dort weitere Befehle erwarteten. Dann ließ sich Carrisser von seinem Stellvertreter eine abhörsichere Laserfunk-Verbindung zum Mars herstellen - eine Verbindung, die es ihm ermöglichte, direkt mit dem Präsidenten der Vereinigten Planeten zu sprechen.
Simon Jessardins Stimme klang überraschend klar aus dem Lautsprecher.
»Carrisser! Ich freue mich, von Ihnen zu hören. Wie geht es Ihnen?«
»Gut, mein Präsident.« Der Uranier lächelte geschmeichelt.
»Sie haben Fortschritte erzielt?«
»Ja, mein Präsident. Ich glaube sogar sagen zu können, daß ich unmittelbar vor dem Ziel stehe.«
In knappen Worten, hinter denen er seinen Stolz zu verbergen suchte, schilderte der Uranier die Lage.
Er wußte, daß alles, was er hier tat, ein Geheimnis zwischen ihm und dem Präsidenten bleiben würde. Offiziell wartete die »Deimos«-Staffel mit allen Besatzungsmitgliedern auf Luna. Die Männer würden später einer gezielten Teilamnesie-Behandlung unterzogen werden, damit sie sich an den entscheidenden Punkt nicht mehr erinnerten. Dieser entscheidende Punkt war die Rolle, die er, Marius Carrisser, spielte. Die augenblicklichen politischen Verhältnisse, speziell die Spannungen zwischen Mars und Venus, gestatteten keine offene Vernichtungsaktion, die Conal Nord als Schlag ins Gesicht empfunden hätte. Die Liquidierung der Barbaren mußte auf die Priester zurückfallen, ohne jede sichtbare Beteiligung von der Seite der Vereinigten Planeten. Der Schachzug, Bar Nergal mit seinen alten irdischen Waffen zum Sündenbock zu stempeln, war Carrissers Idee gewesen. Er wußte, daß er damit für den Präsidenten ein sehr schwieriges Problem löste und daß er voll rehabilitiert auf den Mars zurückkehren würde.
»Wie lange werden Sie noch brauchen?« wollte Jessardin wissen.
»Ein paar Tage im Höchstfall. Ich nehme an, daß anschließend auch die Priester liquidiert werden sollen?«
»Halten Sie das für nötig?«
»Eigentlich nicht. Es sei denn, in Anbetracht ihres Wissens um die wirklichen Vorgänge ...«
»Ich bezweifle, daß sie die Zusammenhänge durchschauen. Außerdem werden sie keine Gelegenheit haben, ihr Wissen weiterzugeben, und Unheil anrichten kann diese Handvoll Narren ja wohl auch nicht. Nein, ich halte es für besser, wenn die »Deimos«-Staffel auf der Erde überhaupt nicht mehr in Erscheinung tritt. Schließen Sie die Aktion mit einem Beobachtungsflug von Luna ab und melden Sie offiziell die Zerstörung der »Terra.« Ich werde Sie dann ebenso offiziell nach Kadnos zurückberufen. Melden Sie sich, wenn sich Probleme ergeben, Carrisser. Ich habe Vorsorge dafür getroffen, daß die Direktverbindung jederzeit durchkommt.«
»Danke, mein Präsident.«
Carrissers Augen funkelten, als er das Gespräch beendete.
Einen Moment blieb er in der Kanzel des Beibootes sitzen und gab sich ganz dem Triumph hin. Das Fiasko auf Luna war vergessen. Seine Position würde unantastbar sein. Natürlich konnte er keine Wunderdinge erwarten, da auch nach dem erfolgreichen Abschluß seiner Mission der Schein gewahrt bleiben mußte. Wahrscheinlich, überlegte er, würde Jessardin ihn zunächst mit einem militärischen Kommando auf Uranus betrauen. Das war kein schwindelerregender Karriere-Sprung, aber immerhin mehr, als er nach den Ereignissen auf Luna in seinen kühnsten Träumen hätte erhoffen können. Und er liebte seinen Heimatplaneten, er würde gern einige Zeit dort verbringen.
Mit einem zufriedenen Lächeln stand er auf, öffnete die Luke und sprang ins Freie.
Nach dem
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