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Söhne der Erde 16 - Der Riß In Der Welt

Söhne der Erde 16 - Der Riß In Der Welt

Titel: Söhne der Erde 16 - Der Riß In Der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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überlassen können, wenn es ihnen darum gegangen wäre, uns zu töten. Nein, ich glaube, sie haben das Netz lediglich angebracht, um ihre Schlupfwinkel vor den Bestien zu schützen.«
    »Hmm.« Camelo sah sich um. »Klingt einleuchtend. Und wie geht es jetzt weiter?«
    »Geradeaus,« sagte Charru trocken.
    Es gab nur die eine Möglichkeit. Das Wasser, durch das sie wateten, reichte ihnen knapp bis zu den Knien, wurde seicht und dann wieder tiefer. Ein Stück mußten sich die beiden Männer durch völlige Finsternis tasten, einmal für ein paar Minuten schwimmen. In einem halb überfluteten Gang, durch den Licht schimmerte, stießen sie auf ein weiteres Netz, das offenbar die Haie am Eindringen hindern sollte. Ein paar Schwertschläge hätten genügt, um den Weg frei zu machen, aber Charru und Camelo verzichteten darauf. Statt dessen schlugen sie einen anderen, schmaleren Gang ein, und schließlich stießen sie auf eine weitere Grotte.
    Sonnenlicht fiel durch einen Schacht über ihren Köpfen.
    Ein mit dicken Knoten versehenes Seil baumelte herab. Charru zerrte prüfend daran und atmete auf.
    »Es trägt unser Gewicht. Fühlst du dich schon wieder kräftig genug?«
    Camelo nickte nur.
    Charru kletterte als erster, um den Freund notfalls von oben hochziehen zu können, falls ihn doch die Kräfte verließen. Aber Camelo schaffte die Kletterpartie ohne Schwierigkeiten.
    Ein wenig atemlos sah er sich auf der winzigen Lichtung im Dickicht um, wo überhängende Zweige das Loch im Boden fast völlig verbargen.
    »Sie müssen ungeheuer scheu sein,« sagte er kopfschüttelnd. »Warum nur? Was haben sie zu fürchten außer den Haien?«
    »Menschen vielleicht.« Charru hatte einen kaum sichtbaren Pfad entdeckt und setzte sich in Bewegung. »Für Yatturs Volk waren die Berichte über die Südinseln nur Legenden, aber irgendwann müssen Schiffe hier unten gewesen sein. Schiffe mit einfachen Menschen, die das Unbekannte fürchteten, die in den Aquarianern möglicherweise eine Gefahr sahen und sich entsprechend wehrten.«
    »Und jetzt, meinst du, haben die Aquarianer ihre Legenden, die sie dazu bringen, sich so gut wie möglich zu verbergen?«
    »Warum nicht? Die Erde ist kein Paradies. In einer feindlichen Umwelt neigen die Menschen dazu, an Traditionen festzuhalten.«
    »So wie wir es unter dem Mondstein getan haben,« murmelte Camelo. »Wie die Priester es noch heute tun. Wenn es so ist, wie du meinst, dann glaube ich nicht, daß wir eine Chance haben, uns mit den Wasserwesen zu verständigen.«
    Charru antwortete nicht, weil sie im gleichen Augenblick den Rand des Dickichts erreichten.
    Vor ihnen fiel der bewachsene Hang steil ab. Daß sie sich auf einem der Hügel befanden, überraschte sie nicht: die Höhlen ließen keine andere Erklärung zu. Wie ein blaugrüner Teppich breitete sich das Meer vor ihnen aus. Linkerhand die Lagune, unergründlich schimmernd. Davor das friedlich dümpelnde Schiff, rechts die felsige Landzunge - und die beiden Männer, deren Haltung wachsende Unruhe verriet.
    Von den Aquarianern war nichts zu sehen. Sicher hatten sie eine Menge Schlupfwinkel. Und bei einer realen oder vermeintlichen Gefahr pflegten sie sich vermutlich in ihr eigenes Element zurückzuziehen, das Wasser.
    Knapp zehn Minuten später stieß Charru gedämpft den Falkenschrei aus, damit Gerinth und Gillon beim Anblick ihrer vermißten Freunde nicht zu sehr erschraken.
    *
    Durch einen Wirbel von Dunkelheit und Schmerzen kämpfte sich Ches Bewußtsein zurück an die Oberfläche.
    Hände zerrten an seinem Körper, rüttelten ihn, ließen nicht zu, daß er wieder in die gnädige Empfindungslosigkeit der Ohnmacht sank. Die Erinnerung kehrte zurück. Bar Nergal ... Der verzweifelte und vergebliche Versuch, den Oberpriester zu töten. Fast wäre es ihm gelungen. Und jetzt ...
    Schlagartig wurde sich Che wieder der zerrenden Hände bewußt und riß die Augen auf.
    Düstere Mauern. Bunte Gebilde aus dem Schutt der versunkenen Welt, von Fackelschein angestrahlt, das gedämpfte, unruhige Fauchen der Katzenwesen, in dem dumpfe Furcht mitschwang. Che begriff, daß er sich nicht mehr im Unterschlupf der Priester befand, sondern in Charilan-Chis Thronsaal, wo Bar Nergal noch über der Königin auf dem Sitz der Götter residierte.
    Mühsam taumelte der Junge hoch.
    Ohne die Hände, die ihn stützten, wäre er sofort wieder zusammengebrochen. Bitterkeit überflutete ihn. Er hatte es nicht geschafft, war nicht schnell genug, nicht entschlossen genug

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