Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle
gedehnt. »Es sei denn, daß sie über einen Energieschirm verfügen, den sie natürlich aktivieren werden, sobald das Beiboot sie über Funk erreicht. Aber die »Solaris« ist atmosphäretauglich. Wir können notfalls die optische Ortung benutzen.«
Charru nickte. Schweiß prickelte in seinem Nacken.
»Und die Fähre?« fragte Beryl knapp.
»Soll landen und sofort den neuen Start vorbereiten. Wir können uns nicht darauf verlassen, daß uns das marsianische Schiff wirklich nicht angreift.«
Beryl informierte Gerinth und gleich darauf die drei Männer an Bord der »Freier Merkur«.
Die Verbindung brach ab. Lange blieb es still, während das kleine Patrouillenschiff durch die Dunkelheit raste.
Dane Farr nagte an der Unterlippe. Schließlich warf er Charru einen Blick zu.
»Hat Ihr Freund tatsächlich von einem Mann namens Coradi gesprochen?« fragte der hagere Militärexperte.
»Ja ...«
»John Coradi? Venusier, der eher wie ein Typ von Mars oder Uranus aussieht? Schlank, blaß, dunkelhaarig; etwa drei- oder vierundvierzig Jahre alt?«
»Ja. Warum?«
Dane Farr biß die Zähne zusammen.
»Coradi gehörte vor zwanzig Jahren zu den Merkur-Siedlern«, sagte er. »Zu denen, die aufgaben, als der Rat die Gruppe zurückrief. Das war sein gutes Recht. Aber es war nicht sein Recht, sich zum Schein auf die Seite derer zu schlagen, die bleiben wollten, und ihre Pläne und Vorbereitungen an das Kommando der Kriegsflotte zu verraten.«
*
In dem Lagerhaus am Rand des ehemaligen Raumhafens von New York fanden die Menschen keinen Schlaf.
Bar Nergal stand an der Tür, spähte durch den Spalt nach draußen und lauschte. Die Ratten waren unruhig gewesen, unruhiger als sonst. Jetzt herrschte Stille. Nirgends das Glimmen roter Augen in der Dunkelheit. Nirgends die leisen, huschenden Schritte der Katzenfrauen, die sich noch lautloser zu bewegen vermochten als die mutierten Bestien.
Bar Nergal dachte an die Toten.
Er fragte sich, wo sie blieben, auf welche Weise sie bestattet wurden. Es waren viele, auch ohne diejenigen, die der neuen Waffe zum Opfer gefallen waren. Sie starben an Erschöpfung, an Schwäche, an der Hitze, die sie nicht ertragen konnten. Sie starben wie die Fliegen, und es würde nicht mehr lange dauern, bis das Volk der toten Stadt nicht mehr existierte.
Seine Untertanen ...
Wut erfüllte ihn bei dem Gedanken. Wut und dumpfe, nagende Furcht, von Cirans Warnung wie ein Stachel in seinen Geist gesenkt. Was, wenn der Junge recht hatte? Wenn die Erde wirklich starb und er, Bar Nergal, nie mehr über eine Welt herrschen würde?
»Erhabener?« flüsterte eine Stimme hinter ihm.
Er wandte sich um. Shamalas düsteres Gesicht hob sich im Halbdunkel ab. Die Augen des Priesters flackerten.
»Zai-Caroc sagt, daß sich auf der Rückseite des Gebäudes etwas regt, Erhabener. Die Akolythen und Tempeltal-Leute haben Angst.«
»Und du auch«, dachte Bar Nergal verächtlich.
Seine hohe, hagere Gestalt straffte sich. »Beliar ist an seinem Platz?« fragte er.
»Er ist bereit, Erhabener.«
»Gut! Gib Zai-Caroc ein Lasergewehr und nimm das zweite! Seid wachsam!«
Shamala neigte schweigend den Kopf.
Der Oberpriester wandte sich ab und starrte wieder hinaus auf das weite Betonfeld, das im Mondlicht fahlgrau schimmerte. Die plumpen, gepanzerten Fahrzeuge mit ihren mörderischen Rohren wirkten wie schlafende Ungeheuer. Beliars Gestalt ließ sich nicht erkennen. Aber er war da und wartete, jede Minute bereit, von neuem Tod und Verderben über die Stadt zu bringen.
Bar Nergal hatte den Haß in den Augen der Königin gesehen.
Er traute ihr nicht mehr, traute niemandem außer seinen wenigen Anhängern, die von der Fessel der Angst an ihn gebunden wurden. Sollten sie kommen! Eine Frau, ein paar Kinder und eine Horde primitiver Halbmenschen! Die Lippen des Oberpriesters verzerrten sich böse.
»Erhabener!« schrie Zai-Caroc erschrocken im Hintergrund der Halle.
Bar Nergal hörte die Explosion wilder, fauchender Laute im gleichen Augenblick.
Sie kamen von allen Seiten. Mutierte Ratten: ein graues Heer, mordgierige Bestien mit gebleckten Zähnen und tödlichen Klauen. Katzenfrauen, die Steine und Knüppel schwangen, ihre Tiere antrieben, schrill kreischten, um sich Mut zu machen. Aber sie hatten keine anderen, keine wirksamen Waffen. Und sie konnten nicht in das Lagerhaus eindringen außer durch die Türen.
»Feuer!« peitschte Bar Nergals Stimme. »Shamala, zu mir!«
Wie ein Schatten erschien der Priester neben ihm.
Auf
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