Söhne der Erde 23 - Jenseits Von Tausend Sonnen
den Sitzmulden wiegten. Die weißen, unmenschlichen Gesichter verrieten nichts. Die Stimme aus dem Sprach-Decoder redete monoton weiter.
»Ihr werdet glückliche Diener sein. Was hindert euch, da ihr doch im All verirrt seid und den Rückweg in eure Heimat nicht findet? Ihr besitzt Verstand und Geschicklichkeit. Wir würden euch gestatten, den Hort des Wissens zu bewohnen, im Licht der strahlenden Weisheit zu leben und dem höchsten Weisen selbst zu dienen, dem Herrscher der Allwissenden. Seid ihr euch der Ehre nicht bewußt, die wir euch erweisen? Wollt ihr uns beleidigen?«
»Die sind wohl verrückt!« preßte Mark durch die Zähne.
Charru hatte die Fäuste geballt, spürte eine Regung von jäher, erbitterter Wut. Es kostete ihn Mühe, sich zu beherrschen.
»Nein«, sagte er hart. »Wir wollen euch nicht beleidigen. Aber wir werden nicht eure Diener sein. Und wenn wir können, werden wir auch verhindern, daß ihr die wehrlosen Rhinos versklavt.«
»Hindern? Ihr wollt uns hindern?«
Charrus Kiefermuskeln spielten. Im Augenblick dachte er nicht daran, wie wenig sie wirklich tun konnten - ein verlorener Haufen mit einem einzigen, schwach armierten Schiff.
»Wir werden es versuchen«, knirschte er. »Wir werden ...«
»Ihr könnt uns nicht hindern!« Die Stimme aus dem Sprach-Decoder klang gleichbleibend gefühllos, doch die Worte kamen schneller, verriet dennoch eine gewisse Erregung. »Niemand kann uns hindern, niemand sich in unseren Weg stellen. Schaut her!«
Mit einer schnellen, wedelnden Bewegung drehte einer der Fremden seinen verkümmerten Armstumpf nach vorn.
Charru runzelte die Stirn, weil er die Geste nicht verstand. Im nächsten Moment sah er die Öffnung am Ende des Armstumpfes rot aufglimmen. Etwas zischte, und von einer Sekunde zur anderen hatten die beiden Menschen das Gefühl, in einen flimmernden Nebelschleier gehüllt zu werden.
Eine Waffe, dachte Charru noch.
Hitze erfaßte ihn, schien durch die Haut in den Körper zu dringen und sein Gehirn zu versengen. Er hörte Mark Nord schreien, spürte seine Knie nachgeben, und dann wurde er plötzlich bewußtlos, daß er nicht einmal mehr den Aufprall auf dem federnden Boden spürte.
VII.
Das Erwachen war ein langsamer, schmerzhafter Prozeß.
Charru fühlte das leichte Vibrieren des Kunststoffs unter seinem Körper. Instinktiv riß er die Augen auf und hob seinen schmerzenden Arm, aber auf der Haut war weder eine Verbrennung noch eine sonstige Verletzung zu erkennen. Neben ihm stöhnte jemand. Mark Nord! Charru drehte den Kopf und stellte fest, daß auch der Venusier offenbar unverletzt war.
»Euch ist kein Schaden zugefügt worden«, plärrte die blecherne Stimme aus dem Sprach-Decoder. »Ihr könnt euch erheben. Der Strahl war lediglich auf Betäubung und schwache Schmerzerzeugung eingestellt.«
Schwache Schmerzerzeugung ist gut, dachte Charru sarkastisch.
Ihm war zumute, als habe er in siedendem Öl gebadet. Mühsam stand er auf, half Mark hoch, der noch halb bewußtlos war, und starrte die Enzyklopen an, die sich in ihren Sitzmulden wiegten.
»Ich hoffe, ihr verzeiht uns die Demonstration«, fuhr die Decoder-Stimme unbeeindruckt fort. »Sie diente lediglich als Warnung zu eurem eigenen Besten. Die Allwissenden handeln weise. Niemand darf es wagen, sich ihnen in den Weg zu stellen. Und niemand hat die Macht dazu - das werdet ihr sofort erkennen.«
Charru schwieg, weil er wußte, daß sie keine Chance hatten.
Nicht jetzt! Es war sinnlos, in dieser Situation offene Feindschaft zu zeigen, würde nur die Gefahr heraufbeschwören, daß die Fremden schneller und brutaler zuschlugen, als sie eigentlich planten. Noch glaubten sie offenbar nicht an ernsthaften Widerstand. Mark Nord, der sich immer noch nicht ganz von Schmerz und Bewußtlosigkeit erholt hatte, schüttelte den Kopf, um seine Gedanken zu klären. Genau wie Charru zuckte er leicht zusammen, als erneut der dreidimensionale Decoder-Schirm aktiviert wurde.
Diesmal zeigte das Bild die Heimatwelt der Enzyklopen aus größerer Entfernung.
Winzige silberne Punkte lösten sich von dem Hauptplaneten: nicht die kleinen Fähren, sondern große, glänzende Kugelschiffe, wie sie auch auf dem Planeten der Rhinos gelandet waren. Dutzende! Eine ganze Flotte! Lautlos und majestätisch schwebten sie durch die Schwärze des Alls, wuchsen ins Riesenhafte, bis eins der Schiffe den Schirm fast völlig ausfüllte.
Wie ein Strahlenkranz schob sich im nächsten Moment ein Ring kurzer Rohrmündungen aus
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