Söhne der Erde 24 - Robot-Planet
haben wir immerhin eins geschafft: wir sind genau dort, wo wir sein wollten.«
*
Charru hatte das Gefühl, als sei eine Ewigkeit vergangen.
Ein paar von den Kyborgs waren mit den Robotern verschwunden, die Sean Sander wegschleppten. Die anderen - schwebende Kugeln, die lebendige Gehirne beherbergten -hatten durch den Sprachdecoder genauer erklärt, was geschehen sollte. Es wäre nicht nötig gewesen. Die Terraner kannten das Verfahren. Schon einmal, als die Herren der Zeit sie in die Vergangenheit der Erde versetzten, hatten sie miterlebt, wie verantwortungslose Wissenschaftler mit menschlichen Gedächtnismolekülen experimentierten.
Nicht Fragen zu stellen, sondern die Summe der Erinnerung direkt dem menschlichen Gehirn zu entnehmen - das war eine unfehlbare Methode, Lügen und Täuschungen auszuschließen.
Eine relativ einfache Methode, die auf der Erde schon vor der Großen Katastrophe entwickelt worden war. Man nehme ein Gehirn ... Und sie hatten Gehirne genommen. Was ist Wissen anderes als ein System von Informationen, die das Hirn mit Hilfe bestimmter Substanzen festhält, Informationen, die in den Denkstoff eingraviert werden wie Musik in die Rillen einer Schallplatte und die jederzeit wieder »abgespielt« werden können? Die Erinnerung eines Lebens - nichts weiter als Millionen Körnchen des Denkstoffes, Perlenketten, geknüpft aus Aminosäuren, aus denen die Gedächtnismoleküle bestehen. Jede Aminosäure ein Buchstabe des Alphabetes, aus dem das Gehirn seine Worte, seine Informationen formt. Wer die entsprechende Technik beherrschte, konnte diese Sprache entziffern, konnte Wissen und Erinnerung von einem Schädel in den anderen übertragen, konnte sich den Bewußtseinsinhalt eines Toten aneignen, weil die Molekülketten, die er benutzte, die Gabe besaßen, sich von selbst an die richtigen Hirnzellen und Leitwege zu legen.
Charru wußte, daß es möglich war - auch wenn die Kyborgs die Methode zu unglaublicher Perfektion entwickelt haben mußten.
Daß sie einen Menschen töteten, einen Mord begingen, schien sie nicht im mindesten zu stören. Sie behaupteten, Hüter des Lebens zu sein, aber sie achteten es nicht. Charru hatte sie verzweifelt beschworen, ihren Wahnsinnsplan aufzugeben, hatte mit Worten gekämpft, mit seiner ganzen Überzeugungskraft - vergeblich.
Jetzt zuckte er heftig zusammen, als sich die Tür am Ende des Raums öffnete.
Emsig surrten die Roboter herein. Drei der schwebenden Kugeln gesellten sich wieder zu den anderen. Charru biß sich auf die Unterlippe, bis er Blut schmeckte. Er konnte nichts tun. Die stählernen Greifarme hielten ihn immer noch fest. Und er wußte, daß jeder Widerstand so oder so sinnlos gewesen wäre, auch wenn alles in ihm danach drängte, sich mit bloßen Fäusten auf die Kyborgs zu stürzen.
Die Stimme aus dem Sprach-Decoder klang kühl und emotionslos.
»Wir spüren euren Haß. Wir sehen, ihr teilt nicht unsere Meinung, daß das schwache Leben geopfert werden darf.«
»Ist Sander tot?« fragte Charru erstickt.
»Er ist tot. Es tut uns leid, daß wir keine andere Wahl hatten. Du solltest uns nicht hassen, Fremder.«
»Wie sollte ich euch nicht hassen? Ihr habt einen Menschen umgebracht, als ob er ein lästiges Insekt sei. Der Mann war unser Freund.« Charru schluckte und beherrschte sich mühsam. »Ihr hättet ihn nicht zu töten brauchen. Es hätte andere Möglichkeiten gegeben, um euch zu überzeugen, daß wir ...«
»Wir mußten sichergehen. Zuviel steht auf dem Spiel, als daß wir hätten zögern dürfen. Jetzt ist es geschehen und läßt sich nicht mehr rückgängig machen. Ich warne dich, Fremder! Laß dich nicht hinreißen von deinem Haß. Wenn ihr unsere Feinde seid, können wir euch nicht schonen.«
Charru schloß die Augen und öffnete sie wieder.
Sekundenlang hatte er das Gefühl, vor Zorn und Verzweiflung ersticken zu müssen. Aber er spürte auch die Gefahr, spürte genau, daß die Situation auf Messers Schneide stand. Die Kyborgs würden nicht zögern, ihre Gefangenen umzubringen, wenn sie eine Bedrohung in ihnen sahen. Und nicht nur das Leben der drei Männer hier im Raum stand auf dem Spiel, sondern auch das von Mark Nord, der vermutlich bereits mit einem Suchtrupp unterwegs war, und vielleicht auch das der Menschen in der »Kadnos«.
»Wir sind nicht eure Feinde«, sagte Charru leise. »Wir werden nicht versuchen, uns zu rächen. Es wäre sinnlos. Und noch sinnloser wäre es, unsere Rache auf das wiedererwachende Leben zu lenken,
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