Söhne der Erde 26 - Neue Heimat Terra
Blick glitt zu der Schlafmulde hinüber, wo der kleine Erlend friedlich schlummerte. Niemand, nicht einmal ihr Vater oder David, hatte begriffen, warum sie so hartnäckig darauf bestand, das Kind mitzunehmen. Im Grunde hatte sie es sich selbst nicht erklären können, hatte einfach auf ihr Gefühl vertraut - und jetzt war sie froh darüber.
»Laß uns bleiben, David«, sagte sie leise. »Laß uns bleiben und versuchen, hier auf der Erde wenigstens einen Anfang zu machen.«
*
Fast eine volle Minute lang blieb es still in dem gewölbten, nur trübe beleuchteten Bunker, so still, daß die Atemzüge der Männer überlaut klangen.
Langsam, mit einer eigentümlich marionettenhaften Bewegung richtete Beryl von Schun sich auf. Kormak folgte seinem Beispiel, Erein von Tareth, Konan, Brass. Sie alle starrten fassungslos auf die beiden Gestalten, die da so plötzlich wie Geistererscheinungen in der offenen Tür standen.
Charru schluckte, spürte ein Würgen in der Kehle.
Genau wie Mark hatte er sich vor diesem Moment gefürchtet. Sein Blick zuckte hin und her, suchte nach den vertrauten Gesichtern. Sein Bruder Jarlon mit ungläubig aufgerissenen Augen ... Hasco, Gerret, Gian von Skait ... Gren Kjelland und sein Sohn Brent, Hardan, Hakon, Leif und die anderen Nordmänner ... Cris und Yattur waren da, die beiden neuen Freunde von der Erde. Jay Montini, der junge Mikael, die anderen Merkur-Siedler. Sie lebten. Selbst diejenigen lebten, denen damals vor der Deportation kaum jemand eine Chance eingeräumt hatte, ihre schweren Verletzungen zu überstehen.
Zum erstenmal empfand Charru fast so etwas wie Dankbarkeit gegen die Marsianer mit ihren seelenlosen, aber perfekten Kliniken.
Er atmete tief auf und lächelte. Ein Lächeln, das den Bann brach. Beryl machte eine Geste und zuckte dann zusammen, weil Jarlon heftig hochgesprungen war. Mit einem erstickten Laut lief er auf seinen Bruder zu und fiel ihm in die Arme.
»Charru! Ich wußte es! Ich wußte es ...«
Tränen standen in den Augen des Jungen.
Auch Beryl, Kormak und die anderen drängten heran. Minutenlang redeten alle durcheinander, so daß in dem Stimmengewirr kaum etwas zu verstehen war. Mark umarmte Jay Montini, schlug Mikael auf die Schulter und kämpfte vergeblich gegen die Erschütterung. Charrus Blick streifte nur flüchtig die Priester, die sich im Hintergrund hielten. Die Fragen, die von allen Seiten auf ihn einprasselten, lenkten ihn sofort wieder ab.
»Wo sind die anderen?«
»Wie geht es ihnen?«
»Was ist mit Gillon? - Shaara und ich haben einen Sohn, Charru! Gian und Sheri auch! Du brauchst nicht zu erschrecken - Dayel und die meisten halbwüchsigen Jungen sind drüben bei den Frauen untergebracht ...«
Es war Erein von Tareth, den die Erregung ein halbes Dutzend Fragen und Informationen gleichzeitig hervorsprudeln ließ.
Charru antwortete, so gut er in der Eile konnte, genau wie Mark, um den sich die Merkur-Siedler drängten. Schließlich verebbte das Stimmengewirr. Es war Beryl von Schun, der die entscheidende Frage stellte, an die bisher einfach niemand gedacht hatte.
»Himmel noch mal, Charru - wie kommt ihr überhaupt hier herein?«
Charru zögerte, preßte die Lippen zusammen.
»Sind keine marsianischen Gefangenen hier?« fragte er.
Beryl schüttelte den Kopf. »Jetzt nicht mehr. Man hat uns auf verschiedene Unterkünfte verteilt, nachdem unser Waffenversteck gefunden wurde, aber als die »Kadnos« auftauchte, legte man uns wieder zusammen. Wahrscheinlich, um uns besser unter Kontrolle zu halten.« Der drahtige blonde Tiefland-Krieger fuhr leicht zusammen. »Die Monitore draußen im Wachraum ...«
»Unwichtig. Die beiden Vollzugsmänner schlafen.«
»Und die Burschen auf den Wachtürmen?«
»Konnten uns nicht sehen, weil wir im Schutz eines Zeitfeldes gekommen sind. Wir haben Ktaramon wiedergetroffen. Sein Volk wird uns helfen.«
Charru berichtete in knappen Worten: von der Notlandung auf dem Robot-Planeten, wo sie Jiri Abako aus dem Kälteschlaf weckten und auf Spuren der Zeitlosen stießen, von Ktaramons zerstörter Heimatwelt, von der gespenstischen Reise in ein anderes Universum. Die anderen hörten gebannt zu. Jarlons saphirblaue Augen funkelten.
»Und jetzt?« fragte er tatendurstig.
Charru lächelte. »Es wird nicht leicht. und ich weiß nicht einmal, ob es überhaupt eine Chance gibt.«
»Aber die Herren der Zeit ...«
»Sie wenden keine Gewalt an, Jarlon. Sie werden uns nicht mit Waffen helfen und die Marsianer nicht
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