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Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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gewiss! Nur keine Scheu.« Madame Chrysantheme nickte heftig. »So, und ihr anderen an die Arbeit. Was immer es für euch zu tun gibt, hier findet es nicht statt. Hinaus mit euch!«
    Nach eingehender Betrachtung der Champagnerschale hantierte Florine umständlich mit ihren Röcken und dem Kristall. Da kauerte sie in einem Salon von bestechender Eleganz und zielte blind in ein Glas. Was für eine Situation, an die sich gleichwohl neue Hoffnung knüpfte. Nach endlosen Wochen voller Gram, Kummer und Gewissensbissen hatte sie einen Grund zu lächeln und verspürte sogar einen Lachreiz als es darum ging, das gefüllte Glas unter ihren Röcken hervorzuholen, ohne den neuen Teppich zu bekleckern. Die Verbiegungen, die sie dazu machen musste, brachten sie zum Kichern.
    »Fertig!«, rief sie und ordnete ihre Röcke.
    Madame Chrysantheme hatte auf diesen Ruf gewartet und trat ein. Bedächtig umfasste sie die Unterseite der Schale mit beiden Händen und roch daran, als gelte es, ein köstliches Bukett zu ergründen. Leicht schwenkte sie die Schale, hielt sie gegen das karge Licht, das der Nachmittag durch die Fenster sandte, und roch noch einmal daran. Schließlich tippte sie die Spitze ihres kleinen Fingers in die Flüssigkeit und leckte mit der Zunge darüber. Florine zog eine Grimasse und konnte gleichzeitig nicht den Blick vom Inhalt der Champagnerschale abwenden. Weshalb dauerte es nur so lange, bis Madame Chrysantheme zu einem Schluss kam? Ungeduldig wippte sie auf den Fußballen.
    »Könnt Ihr etwas … herausschmecken, Madame?«
    »Könnte sein. Gut möglich. Sicher bin ich nicht.« Madame Chrysantheme zückte ihren Kneifer und setzte ihn auf ihre Nase, als könnte dieses Vorgehen die Geschmacksnerven anregen. Sie wiederholte die Prozedur. »Hm. Wenn mich nicht alles täuscht …«, Ein drittes Mal kostete sie. »Deine Vermutung ist zutreffend, Florine. Ich muss dir gratulieren, du bist …«
    »Ich wusste es!«, stieß Florine aus und fiel Madame Chrysantheme um den Hals. Erleichterung, Freude und pures Glück erfüllten sie in schneller Folge. Ihr fehlten die Worte, um es zum Ausdruck zu bringen. »Oh, das ist so … wundervoll. Einfach grandios! Danke, Madame. Vielen, vielen Dank!«
    »Ja, nun, etwas dazu beigetragen habe ich eigentlich nicht.«
    »Ich kann nicht bleiben, Madame. Aber ich werde wiederkommen. Ja, das werde ich. Nicht zur Eröffnungsfeier, denn das geziemt sich wohl dann nicht mehr für … Ich muss gehen. Ich muss es ihm umgehend sagen! Auf Wiedersehen! Au Revoir!«
    Florine eilte zur Tür, schwenkte herum, kehrte im Laufschritt zurück, da sie ihren Umhang vergessen hatte, schoss Madame Chrysantheme ein letztes, strahlendes Lächeln zu und hastete zu ihrer Kutsche. Sie hatte nicht das Gefühl als berührten ihre Füße den Boden. Eher schwebte sie eine Handbreit darüber hinweg. Der Kutscher Gustave trieb das Gespann zu Höchstleistungen an, um auf schnellstem Wege nach Paris zurückzukehren.

     
    Im Becken des Springbrunnens trieben vergessene Herbstblätter und verliehen dem Wasser eine schmutzigbraune Farbe. Die Fontäne in seiner Mitte war abgestellt worden. Schmutz und altes Laub hatte sich in den Hofecken und sogar auf den Eingangsstufen gesammelt. Florine betrachtete den kupfernen Türklopfer, einen Wolfskopf mit klaffendem Maul, ohne ihn zu betätigen. Cassian de Garou hatte sein Haus und Paris verlassen.
    »Demoiselle, die Läden sind vorgezogen, ich glaub nich, dass jemand da is«, rief Gustave ihr hilfsbereit vom Kutschbock aus zu. Er hatte den Dreispitz gegen den Graupelschauer tief in die Stirn gezogen und seinen Kragen hochgeschlagen.
    »Warte hier auf mich, Gustave.«
    »Sauwetter«, brummelte er seine Art von Zustimmung.
    Sie umrundete das Haus auf der Suche nach einem Seiteneingang oder einem offenen Fenster. Versuchsweise nestelte sie an einem Fensterladen, doch ihre Finger waren selbst in den Handschuhen zu klamm und das Metall saß fest in seiner Verankerung. Viel zu lange hatte sie eine Aussprache hinausgezögert, verstört durch Cassians endgültige Abkehr und wie gelähmt von ihrer eigenen Furcht vor der Bestie. Er war davor zurückgescheut es ihr zu erklären, und so war sie unvorbereitet gewesen. Ein Wort von ihm, und ihr Schrecken wäre nicht so groß, geschweige denn so nachhaltig gewesen. Ihre Angst und das Bewusstsein, dass er ihr nicht vollständig vertraute, schließlich der unerwartet schnelle Bruch zwischen ihnen, hatte sie verunsichert und zaghaft werden lassen.

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