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Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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waren von Regalen gesäumt, die bis zur Decke reichten. Auf ihnen drängten sich noch mehr Bücher, als sei Micas Bibliothek noch nicht genug. Ledereinbände in allen Farben, die meisten ohne Titel, die auf den Inhalt schließen ließen, teils ordentlich einsortiert, teils stapelten sie sich am Boden. Ein großer Globus stand auf einem Tisch, eine Weltkarte hing an der Wand, und ein seltsames Gebilde, an dem sich unterschiedlich große Kugeln drehten, hing von der Decke im Zentrum des Raumes.
    Sie trat zurück in den Gang und durch den nächsten Torbogen, der ein ganzes Stück weiter vorne auf der anderen Seite lag. Der Raum besaß die Größe eines Ballsaals, und außer Teppichen besaß er keine Einrichtung. An den langen Wänden hingen Bilder. Florine ging an der Galerie entlang. Jedes Gemälde zeigte ein und dieselbe Frau, in immer neuen Posen. Sitzend und stehend, im Profil und der Frontalen, einige waren kleine Portraits, andere wiederum Ganzkörpergemälde. Hier blickte sie aus einem Ölgemälde, dort war sie in Kohlestrichen skizziert. So unterschiedlich die Bilder waren, das Lächeln der Frau blieb stets zurückhaltend, ihr Blick etwas scheu, als wüsste sie nicht, wodurch sie in die Gunst gelangt war, überhaupt gemalt zu werden. Ein wenig hatte sie etwas von einem Geist an sich, der sich vor dem Auge des Betrachters in Luft auflösen wollte. Wer war sie? Sie musste Mica sehr viel bedeuten, wenn er einen ganzen Raum mit ihren Bildern füllte.
    Lediglich ein Bild am Ende des Raumes zeigte eine andere Person. Überlebensgroß beherrschte es die hintere Wand. Der Körper der Frau war in ihr eigenes Haar gehüllt, in Kupfer und Gold fiel es über ihre Brüste und lief über ihrem Schoß zusammen. Mit Pfeil und Bogen zielte sie in den Raum, direkt auf Florine, die vor das große Gemälde trat. Dem Maler war es gelungen, der nackten Haut einen wunderbar hellen Schmelz zu verleihen. Was allerdings die Augen betraf, musste es mit dem Künstler durchgegangen sein. Von unnatürlich intensivem Grün fixierten sie Florine. Spott und Belustigung an der Oberfläche und eine unterschwellige Warnung in den Tiefen des Grüns. Die Augen und die Pfeilspitze folgten ihr, ob sie nun vor, links oder rechts von dem Bild stand. Die Frau war eine Göttin der Jagd, und sie ließ niemanden entkommen, schien die Botschaft des Bildes zu sein. Florine trat näher und las die Inschrift am rechten unteren Bildrand. Selene. War das die Malerin oder der Name der Frau auf dem Bild? Wer immer der Maler war, auf den anderen Bildnissen hatte er keine Signatur hinterlassen.
    Nachdem Florine die private Galerie abgegangen war, nahm sie den nächsten Torbogen in Angriff. Was dort auf sie wartete, ließ ihren Mund offen stehen. Der Baderaum war riesig, ausgekleidet mit grünem Stein. Ein Becken war in den Boden eingelassen, darin klares Wasser, in das man über flache Stufen gelangte. Aus einem Löwenmaul sprudelte in dezenter Lautstärke noch mehr Wasser hinzu. Ruheliegen römischer Machart in vanillefarben und lindgrün, Stangen über denen weiche Tücher lagen, ein kleiner Tisch mit Flakons unterschiedlicher Öle, die die Frage aufwarfen, ob Mica sich tatsächlich einölen ließ und wenn ja, von wem. Sie trat an den Beckenrand, streifte einen Schuh ab und tauchte ihre Fußspitze in das Wasser. Kalt. Hastig zog sie die Zehen zurück, trocknete sie an einem Handtuch und zog ihren Schuh wieder an.
    Sie hatte einiges entdeckt, ohne Mica und die beiden Damen gefunden zu haben. Es blieb noch ein Torbogen, und dieser war zur Hälfte von einem Samtvorhang bedeckt. Sie wollte hindurch treten, als ein Rascheln von Stoff sie davon abhielt. An der Samtdraperie vorbei lugte sie in den Raum. Das Bett, das ihn beherrschte, war riesig und die Szenerie darin nichts, was sie nicht schon gesehen hatte. Bei Madame Chrysantheme gab es viele Freier, die ihr Vergnügen verdoppelten, gar verdreifachten, indem sie sich während des Aktes mit einer Frau von ein oder zwei anderen streicheln ließen. Allerdings waren sie dabei selten so geräuschlos wie das Dreiergestirn aus Mica und den beiden Damen. Diese hatten außer ihrem Schmuck alle Kleidungsstücke abgelegt. Die Steine an ihren Halsketten, Armbändern, Ringen und den Spangen in ihren Haaren warfen das Kerzenlicht zurück. Eine von ihnen ruhte auf Händen und Knien. Einen Arm unter sie geschlungen, hatte Mica ihren Kopf zur Seite gedreht, so dass Florine direkt in ihr Gesicht sehen konnte. Dezent war es gepudert, die

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