Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
Magen. Lange würde sich sein Lächeln nicht halten, und worauf ein Alphawolf verfiel, der sich hintergangen fühlte, darüber wollte sie nicht nachdenken. Ohnehin war es zu spät, daran noch etwas zu ändern. Sie zupfte an ihrem hochgeschlagenen Mantelkragen und trat in Tizzios Rücken. Mit keiner Regung hatte er ihre Ankunft zur Kenntnis genommen.
„Tizzio.“
Er drehte sich um. Ein Fremder stand vor ihr. Das Oberhaupt der roten Wölfe hatte sein Haar geschoren und den Bart abrasiert. Die Stoppeln auf seinem Kopf gehörten zu einem Galeerensträfling. Ihr Mund wurde trocken. Ohne Bart war sein Gesicht schmal, und der Feuerschein vertiefte die Gramfalten und machte daraus einen zerklüfteten Abgrund. Anstatt ihr in die Augen zu sehen, ruhte sein Blick auf den Flecken aus Schnee und gelbem Gras am Boden.
„Tizzio, ich …“
„Ich brauche dein Mitleid nicht. Du hast gezaudert, dich geziert von Anfang an. Das ist das Ergebnis.“
Seine Vorwürfe schnitten ihr in die Seele. Ruben schloss zu ihr auf, eine warme Zusicherung in ihrem Rücken.
„Niemals wollte ich den Tod deiner Gefährtin.“
Abrupt kehrte er sich von ihr ab und den Flammen zu. Von Saphira war nichts geblieben. Das Feuer brannte bereits zu roter Glut herab.
„Er braucht Zeit“, raunte Ruben ihr zu.
Schon viel zu viel Zeit hatte sie vergeudet. Von nun an sollte es kein Zaudern mehr geben, obwohl es sie drängte, davonzugehen und nichts zu unternehmen. Sie schob ihre Unsicherheit beiseite. „Saphira ist nicht mehr bei dir, aber es ist noch nicht zu Ende.“
„Es ist vorbei. Alles!“
Tizzio sah nicht nur fremd aus, er klang auch fremd. Das Funkeln seiner braunen Augen war erloschen und damit der Wille, andere zu beherrschen. Nichts trieb ihn an, nichts berührte ihn. Tief holte sie Luft. Entweder sie sagte es jetzt oder nie.
„Nichts ist vorbei, solange die Larvae existieren. Der Fluch hat zu viele Unschuldige getroffen. Es muss beendet werden. Willst du auf Vergeltung verzichten? Ich kann es nicht. Wir beide haben Opfer gebracht, und ich will Rache für all diejenigen, die wir verloren haben.“
„Was?“, brach es aus Ruben hervor.
„Nichts wird mir Saphira zurückbringen. Lass mich zufrieden, Hexe!“
Ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, ging Tizzio auf seinen Palazzo zu, gefolgt von seinem Rudel. Die Männer und Frauen waren bedrückt und verstört. Das Verhalten ihres Leitwolfes hielt sie im Würgegriff der Angst um ihre Zukunft. Ruben ließ nicht zu, dass sie Tizzio folgte. Er trat ihr in den Weg.
„Nein, Aurora!“
„Du bist nach Rom gekommen, um einen Frieden zu verwirklichen, an den nie zuvor gedacht wurde. Ich kann Tizzio dazu bewegen. Lass mich mit ihm reden.“
„Nein! Dir geht es nicht um den Frieden, sondern um die Larvae. Ich erlaube dir nicht, dich einzumischen. Du kannst absolut nichts unternehmen.“
„Ich kann das Hexenfeuer anwenden.“
„Du weißt nicht, damit umzugehen. Hast du nicht gehört, was Selene darüber sagte?“
In diesem Moment barg seine Nähe keine Geborgenheit, sondern erdrückte sie. Er dräute vor ihr und wollte Gehorsam erzwingen. Mica schaltete sich ein, legte die Hand auf Rubens Schulter und löste ein dumpfes Knurren aus.
„Halte dich heraus, Vampir. Das ist eine Sache zwischen mir und ihr.“
Tatsächlich trat Mica zurück und versagte ihr die Schützenhilfe, die sie von ihm erwartet hatte. Sie musste sich allein durchsetzen, gegenüber einem Mann, der sich veränderte. Die Glut des Scheiterhaufens überzog seine Augen mit einem Hauch von Rot. Zorn verschmälerte seine Lippen und drückte die Kanten seines Kiefers hervor. Das war nicht der Liebhaber, der ihr jeden Wunsch erfüllte. Es war ein Geschöpf der Nacht, dunkel und unbezähmbar. Seine Langmut hatte sie darüber hinweggetäuscht, wer er war und wozu imstande. Er schlug ihre Hand beiseite, bevor sie ihn berühren konnte. Der Hieb brannte.
„Ruben, du hast die Larvae selbst gesehen und kennst die Konsequenzen des Fluchs. Vor Saphira gab es viele andere Opfer. Zwei Hexengilden wurden vollständig ausgelöscht, und von den Braglia bin einzig ich übrig. Viel zu lange habe ich gezögert, anstatt mich meiner Pflicht zu stellen.“
Seine Zähne knirschten. Sie behielt seine Fäuste im Blick. Ihm war alles zuzutrauen, sogar ein tätlicher Angriff. Im Nachhinein würde er es bereuen, aber dann wären ihre Knochen gebrochen oder die Schneidezähne ausgeschlagen. Diesmal ließ er ihre Berührung zu. Unter seinen
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